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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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durfte.
    »Aber hallo!« Sie trommelte mit der Faust auf eine rautenförmige Fensterscheibe. »Wenn Mrs Russell mal nicht schneller ist.«
    Die Witwe sah aus, als sei sie dazu durchaus fähig. Sie ging ihm nicht entgegen, sondern blieb königlich und abweisend in der Einfahrt stehen. Ich weiß, was du bist , sagte alles an ihr, sogar aus dieser Entfernung.
    »Da kommt die Frau«, meldete sich Miss Morehouse. Eine beleibte, kostspielig gekleidete Gestalt stieg aus der Kutsche. Dann eine unscheinbare dünne. Eine Gouvernante vermutlich, denn es folgten zwei Jungen, vielleicht zehn und acht Jahre alt.
    Er sah Mrs Russell zusammenzucken. Besorgnis schlich seinen Rücken hinauf. »Sie hat nicht gewusst, dass er Kinder hat.« Er fuhr zu Miss Sheridan herum.
    »Sie hat nicht gewusst, dass er Söhne hat«, sagte sie im gleichen Moment.
    Er hatte Söhne. Wieso war sie nie auf diesen Gedanken gekommen? Sie schlug die Augen nieder, tat so, als müsse sie ihren Schal zurechtzupfen, und zwang sich dann, wieder hinzusehen.
    Sie hatten helle Augen, beide. Der Jüngere war blass wie seine Mutter, der Ältere – der, den sie um sein rechtmäßiges Erbe bringen würde – dunkelhaarig und rotgesichtig wie sein Vater. Aufrecht wie kleine Soldaten standen sie neben ihrer Gouvernante, die zweifellos viel Zeit darauf verwandt hatte, ihnen diese Haltung anzuerziehen. Vermutlich war sie überzeugt von der Verwendung von Brettern, so wie Miss York.
    Nein. Solch teilnahmsvolle Grübeleien waren ihrer Entschlossenheit abträglich. Dass sie diese Kinder enterben musste, war bedauerlich, aber nicht zu ändern. Die Sünden der Väter, und so weiter.
    Der Vater selbst war eine überraschend unscheinbare Erscheinung. Er war kleiner, als es sein Bruder gewesen war, sein Gesicht wurde von einem unterschwelligen Grinsen bestimmt und seine Haltung war voller Andeutungen. Seine boshafte Silhouette würde nicht, wie sie es sich ausgemalt hatte, furchteinflößend im Türrahmen eines armen Dienstmädchens lauern und das ganze Licht aus dem Korridor schlucken. Wenn überhaupt, würde er wie ein Wiesel hineingeschlichen kommen und die Tür ganz leise hinter sich schließen, und das Einschnappen des Riegels würde mehr Bedrohung ausdrücken als seine Person selbst.
    Wäre das schlimmer? Von einem so unbedeutenden Mann Gewalt angetan zu bekommen? Ihr Magen grummelte leicht, als er näher trat. Es war schlimm genug gewesen in der Hochzeitsnacht, zu der sie eingewilligt hatte. Den Schmerz, die Überraschung, dieses entsetzliche Gefühl der Entblößtheit erhöht um das machtlose Grauen, das Mrs Weaver verspürt haben musste, konnte sie sich beinahe gar nicht vorstellen.
    »Mrs Russell.« Auch seine Stimme enthielt kein Anzeichen von Niedertracht. Es war leicht, sie auszublenden und sich während der offensichtlich geheuchelten Nettigkeiten, die er von sich gab, auf seine Frau zu konzentrieren.
    Mrs James Russell war mollig und vielleicht einmal hübsch gewesen. Sie trug ein blaues Wollkleid, das üppig mit Borten verziert war, und stand zwischen der Kutsche und ihrem Mann. Mit verschränkten Armen betrachtete sie das Haus. Als wenn sie Marthas Blicke gespürt hätte, schlug sie plötzlich die Augen nieder und schien die Pflastersteine zu betrachten.
    Die Geste ging Martha zu Herzen. Wie sie dastand, abseits sowohl von ihrem Mann, der sie nicht geholt hatte, um sie vorzustellen, als auch von den Kindern, die bei ihrer Gouvernante ausharrten und offenbar auf Anweisungen warteten. Welch entsetzliche Einsamkeit inmitten ihrer Familie!
    Himmel, kein Mitleid mehr! »Ich sehe mir sehr gern an, was Richard so alles verbessert hat«, sagte Mr James Russell gerade. Wie sich herausstellte, gehörte er zu den Männern, die die Hälfte ihrer Bemerkungen an ihren Busen richteten. Sie musste sich möglichst oft mit ihm unterhalten, damit seine Vulgarität sie an ihren Zweck erinnern und ihre Entschlossenheit stärken konnte.
    »In der letzten Zeit hat er sich mehr um die Pächterkaten als um Haus und Garten gekümmert. Ich bin überzeugt, Sie werden von dem Ergebnis ebenso begeistert sein wie ich. Aber Sie müssen alle erschöpft von der Reise sein.« Sie schob sich an ihm vorbei und sprach seine Frau an. »Kommen Sie doch bitte herein und trinken Sie mit uns Tee, während ich ein paar weitere Zimmer herrichten lasse. Sie alle hier zu haben, ist ja so eine wundervolle Überraschung.«
    Als sie sich am Abend zurückzog, war sie sehr müde. Selbst eine freundlich gesinnte

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