Ein unsittliches Angebot (German Edition)
darauf bestanden, denjenigen Frauen, die Hemmungen haben würden, derartige Bewegungsabläufe mit einem Mann zu üben, als Beispiel zu dienen. Wieder und wieder hatte er sie am Handgelenk oder am Ellbogen ergriffen, wieder und wieder hatte er die Arme um sie geschlungen, behutsam, zuerst wegen ihrer verlorenen Vertrautheit, und dann wegen des Kindes, winzig und ungeformt, das irgendwo in den Tiefen seiner Umarmung schlummerte.
Sie war ihm jedes Mal entschlüpft, mitsamt Kind, dank seiner eigenen Anleitung. Das tat sie auch jetzt, ließ sich wie ein Senklot fallen und durchbrach seine Umklammerung zur Freude des Gesindes. Über ihrer düsteren Kleidung glühten ihre Wangen vor Verausgabung und Begeisterung. Ihre Augen leuchteten wie geöltes Mahagoni. »Wenn Sie jetzt bitte aufstehen würden, und wenn die Herren sich zu uns gesellen würden, werden Sie sehen, wie schnell Sie das meistern werden.« Sie nickte ihm zu – ihrem Partner bei dieser Mission –, und sie begaben sich einzeln unter die Dienstboten.
Falls er jemals eine Stunde seines Lebens nutzbringender eingesetzt hatte, konnte er sich nicht daran erinnern. Sicher, er hatte in Sachen Milchwirtschaft einiges erreicht, und vielleicht war er auch Mr Barrow von Nutzen gewesen, aber nur mit Mühe und Not. Diesen Frauen mit etwas, das ihm so leichtfiel, zu Diensten zu sein, war eine unbezahlbare Freude.
Er machte die Runde durch den Raum, zeigte dem Küchenmädchen, wo es seine Füße hinsetzen musste, erklärte der Wäscherin, wie fatal ein Zögern sein konnte. Zwischendurch konnte er sehen, wie Mrs Russell herumging, die Frauen ermutigte und den Zögerlicheren gut zuredete, es ebenfalls zu versuchen. Sie stellte sich mit einem Diener zusammen als Beispiel zur Verfügung, um zu demonstrieren, wie man sich unter einem Arm hindurchdrehte und so dem Griff am Handgelenk entkam.
Irgendwann kreuzten sich ihre Wege. Etwas abseits blieben sie beide stehen, holten Luft und überlegten, wo sie als Nächstes gebraucht wurden. »Ich glaube, bisher läuft es ganz gut«, sagte sie verstohlen. Die Schleife ihrer Haube hatte sich gelöst und ihr Haaransatz rahmte ganz uncharakteristisch ihr Gesicht ein. »Was denken Sie?«
Das war neu. Sie ersuchte ihn ernsthaft um seine Meinung. Er nickte, die Arme verschränkt, den Blick auf die nächste Magd und den nächsten Knecht geheftet. »Sie lernen schnell, die Frauen von Seton Park.«
»Und willig. Ich zähle nur drei Mädchen, die ich nicht davon überzeugen konnte, es zu versuchen.«
»Die kriegen Sie im Laufe des Nachmittags auch noch rum.«
»Glauben Sie wirklich?« Er sah, wie gern sie es glauben wollte.
»Kein Zweifel.« Er drehte den Kopf ganz leicht in ihre Richtung. »Sie sind die geborene Anführerin, Mrs Russell. Ich habe es mir schon lange gedacht.« Mit einer schnellen Verbeugung entschuldigte er sich und machte sich wieder nützlich.
Drei Tage später stand er in einem von Seton Parks ungenutzten Salons am Fenster und beobachtete einen Vierspänner, der in die Einfahrt bog. »Keine Kosten gescheut bei den Pferden, was?«, murmelte er. Hinter seiner rechten Schulter reckte sich Mr Perry, einer der Stallmeister, um einen Blick zu erhaschen. »Hat er ein eigenes Vermögen?«
»Ich habe gehört, dass er Geld geheiratet hat.« Eines der älteren Hausmädchen, eine Miss Morehouse, stand am nächsten Fenster.
»Soso, verheiratet ist er? Mieser Hund. Ob seine Frau davon weiß?«
»Sehen Sie sich Mrs Russell an!« Miss Sheridan, zu seiner Linken, stellte sich auf Zehenspitzen. »Sieht sie nicht aus wie eine Königin, die einen Feind empfängt?«
»Um ihn im Schlaf enthaupten zu lassen, hoffe ich.« Er verspürte den vertrauten kleinen Schmerz – nur noch halb so schlimm, inzwischen –, während er die schmale, schwarze Gestalt aufrecht und entschlossen über die Einfahrt schreiten sah. Es war ein kühler Morgen, und sie trug einen Schal um die Schultern, den sie jetzt wie einen Königsmantel fester um sich zog.
»Da kommt das Treppchen«, sagte Perry, und alle drückten sich die Nasen an der Scheibe platt, um den ersten Blick auf Mr James Russell zu erhaschen.
Aus dieser Höhe sah er recht unscheinbar aus, von mittlerer Größe und unauffällig gekleidet. »Ist das alles?« Miss Sheridans Stimme schrillte eine Oktave höher als gewöhnlich. »Ich hatte ein grobschlächtiges Ungetüm erwartet.«
»Sie werden ihn verdreschen, falls er sich an Sie heranmachen sollte.« Ein Jammer, dass er es nicht selbst tun
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