Ein unsittliches Angebot (German Edition)
du verschwendest deine Zeit. Du wirst mich hier nicht wegholen, es sei denn, du schlägst Alarm und trommelst den ganzen Haushalt in deinem Schlafzimmer zusammen. Alles in allem bezweifle ich, dass du das möchtest.«
Sie legte sich wieder hin. Wenn sie den Atem anhielt, konnte sie seinen hören. Ein anderes Geräusch machte er nicht.
»Es tut mir leid«, sagte er nach einer Minute oder zweien.
»Das braucht es nicht. Du versuchst, mir einen Gefallen zu tun, und ich bin unfreundlich.« Zum hundertachzigsten Mal.
»Nicht das.« Er sprach so leise, dass sie seine Worte kaum noch vernehmen konnte. »Ich habe Dinge gesagt, die ich wünschte, nicht gesagt zu haben.«
Ein seltsamer Gedanke kam ihr: ob Ich liebe dich dazugehörte? »Vergiss es. Du hast mir so viel mehr Freude als Leid bereitet. Irgendwie musste es ja enden, oder nicht? Warum also nicht in Wut? Ich schätze, es macht keinen großen Unterschied.«
»Mrs Russell.« Sein leises Lachen trug durch den Raum. »Sind Sie betrunken?«
»Was?« Sie stützte sich auf einen Ellbogen. »Hat dir noch nie jemand vergeben?«
»Unzählige Male.« Sie hörte, dass er ihr das Gesicht zugewandt hatte. »Nur von dir hätte ich es niemals erwartet.«
Das hatte sie zweifellos verdient. Sie legte sich wieder hin.
»Alles in allem bist du ein hervorragender Mann.« Sie unterdrückte ein Gähnen. »Es war sehr gut von dir, die Männer das Treppenhaus bewachen zu lassen.«
»Das war ich gar nicht.« Er sprach jetzt in eine andere Richtung und klang so, als müsse er ebenfalls gähnen. »Das war ihre eigene Idee.«
Der Sessel knarrte, als er tiefer hineinsank. »Du hast mehr Verbündete, als du weißt. Wenn du ihnen doch nur vertrauen würdest! Aber schlaf jetzt. Ich wecke dich schon, wenn es nötig ist.«
Er ging kurz nach Tagesanbruch. Schlief vier oder fünf Stunden, bevor er zum Arbeiten zu Granville ging. Und wenn die Nacht ganz Sussex in ihrer dunklen Umarmung hielt, saß er wieder in seinem Sessel hinter ihrer Zimmertür.
»Er hat Söhne.« Ohne sie zu sehen, konnte er nicht sicher sein, ob sie mit ihm oder mit sich selbst sprach. Als er zu seiner zweiten Nachtwache erschienen war, hatte er eine brennende Kerze vorgefunden, doch die hatte er längst gelöscht. Ihr Rauch hing noch schwach in der Luft.
»Ich habe sie gesehen. Ich war im Haus und habe mit einigen Dienstboten aus dem Fenster zugesehen, als sie angekommen sind.« Gedankenverloren tastete er nach seiner Uhr, obwohl er das Zifferblatt natürlich nicht würde lesen können. Es musste gegen ein Uhr sein.
»Ich wusste nicht, dass es Söhne gibt.« Ihre Worte schwebten in den Raum hinaus, gedämpft wie der verweilende Geruch der Kerze, die sie für ihn hatte brennen lassen.
»Hättest du irgendetwas anders gemacht, wenn du es gewusst hättest?«
»Ich wüsste nicht, was.«
»Aber du bedauerst es.« In den Pausen hörte sie das leise Pfeifen des Winds im Kamin.
»Jetzt kann ich meinen Plan nicht mehr ändern. Alle verlassen sich auf mich.« Ihre Stimme hatte einen verzweifelten Klang, so als läge sie schon seit einer ganzen Weile im Zwist mit sich selbst.
»Allerdings. Aber du kannst entschlossen sein und es dennoch bedauern. Du kannst deinen Plan weiterverfolgen, obwohl es dir leidtut, was er diese Jungen kosten wird.«
»Das tut es.« Ihre Hand tat irgendetwas mit dem Laken; das Leinen flüsterte in der Dunkelheit. »Danke.«
»Wofür?« Er drehte sich in ihre Richtung, obwohl er sie nicht sehen konnte.
»Du findest Worte für Dinge, die ich nicht aussprechen kann.«
Das konnte man nicht leugnen. Ich liebe dich zum Beispiel.
Er tilgte den unwürdigen Gedanken. »Was ist mit der Frau? Konntest du dir ein Bild von ihr machen?«
»Kaum. Ich bin sicher, dass sie unglücklich ist. Sie sagt nicht viel und isst umso mehr.«
»Ja, das sieht man ihr an.«
»Das ist unhöflich.« Gnadenlose Zuchtmeisterin, sogar im Liegen.
»So war es nicht gemeint.« Er streckte die Beine aus und legte einen gestiefelten Fuß über den anderen. »Ich habe mich mehr als einmal mit Damen von ähnlicher Statur vergnügt. Es war äußerst anregend.« Das würde er vielleicht in Kürze wieder.
Er würde nach London zurückgehen. Sich seine nächste Geliebte suchen. Und die Witwe würde, ob sie es nun wollte oder nicht, nur eine von vielen Frauen aus seiner Vergangenheit sein. Die erste Frau, die er je geliebt hatte, nicht die einzige. Diese Wahrheit rollte durch den Raum wie eine Murmel auf einem baufälligen
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