Ein unsittliches Angebot (German Edition)
saphir-silber-gestreifte Leinenüberwürfe auf Sesseln und Sofa. Bei besserem Licht wären seine Augen hier vermutlich sehr gut zur Geltung gekommen.
»Das hier ist viel opulenter als Ihre Räume«, sagte er, als er den Raum durchquert hatte und sich in einen riesigen Sessel ihr gegenüber fallen ließ. Hier sah er wohlproportioniert aus. Nicht so übergroß und fehl am Platz wie auf ihren Sitzmöbeln mit den spindeldürren Beinen.
»Mir gefallen meine Räume. Und für viele, viele Leute wären sie der Inbegriff der Opulenz.«
»Zweifellos.« Er stützte die Ellbogen auf die Sessellehnen, legte die Fingerkuppen zusammen und starrte darauf. Wenn ihm etwas durch den Kopf ging, so machte er keine Anstalten, sie daran teilhaben zu lassen.
Sie setzte sich auf. »Wie ich sehe, haben Sie heute Stulpenstiefel an.«
»In der Tat. Und Hosen.« Das Thema ließ ihn sofort aufleben; er streckte ein Bein vor sich aus und drehte den Stiefel hin und her. »Was sie an Eleganz zu wünschen übrig lassen, machen sie durch eine gewisse Männlichkeit wett, finden Sie nicht?«
»Dazu kann ich nichts sagen. Ich hoffe, Sie haben sie nicht meinetwegen angezogen.«
»Nein, Liebes.« Er schwang den Fuß wieder auf den Boden und streckte sich. »Ich hatte heute Vormittag auf meinen Ländereien zu tun, deswegen habe ich sie angezogen.«
Das war ein vielversprechender Themenwechsel. »Sie haben auf dem Land gearbeitet, meinen Sie?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe mit meinem Verwalter eine Runde über den Besitz gemacht, nur um einen Überblick zu bekommen.« Er blickte an ihr vorbei, vielleicht zu dem hellen Spalt zwischen den Vorhängen. »Wir bauen offenbar Weizen an«, fügte er nach einem Augenblick hinzu. Eine Hand befingerte rastlos die Sessellehne.
»Einige meiner Pächter auch. Und natürlich halten sie Schafe.«
»Sie haben also Pachtbauern? Keine Tagelöhner?« Eine nachdenkliche Falte erschien auf seiner Stirn und verlieh seinem Gesicht einen völlig neuen Ausdruck. »Ich habe auf meinem Land nur Letztere vorgefunden. Und keiner von ihnen besitzt Schafe.«
Erwartete er eine Antwort? Schwer zu sagen. »Ich vermute, Sie haben nicht viel Platz für Bauernhöfe, neben Ihrem eigenen. Ihr Besitz ist nicht besonders groß, wenn ich mich recht erinnere.«
»Nein, bis jetzt nicht.« Die Stirnfalte wandte sich ihr zu, so als schätze er sie neu ein. »Kennen Sie sich zufälligerweise gut mit Einhegungen aus?«
»Ich fürchte, nein.« Sie lehnte sich vor. »Aber ich könnte Mr Russells Bibliothek durchgehen. Vielleicht hatte er Bücher zu diesem Thema oder sogar Aufzeichnungen über Einhegungen hier.«
»Nein danke. Bücher habe ich selbst.« Seine Aufmerksamkeit ließ von ihr ab und ging wieder auf die Armlehne über, wo seine Finger immer noch unruhig die Silberstreifen zwischen dem Blau entlangfuhren. Was beschäftigte ihn? Sie hätte erwartet, dass er inzwischen auf den Grund seines Besuchs angespielt hätte. Die ersten beiden Male war er jedenfalls begierig genug gewesen.
Abrupt legte er die Hand flach auf die Armlehne, und seine Finger ließen von ihrem unruhigen Gezappel ab. »Ich habe herausgefunden, dass einige meiner Leute teilweise von der Unterstützung der Gemeinde abhängig sind«, sagte er und blickte auf, ohne sie jedoch direkt anzusehen. »Gibt es das bei Ihnen auch?«
War er etwa … beschämt? Der Gedanke rief eine sonderbare, unbeholfene Zärtlichkeit in ihr hervor. Vielleicht bekümmerten ihn die Umstände, in denen die Leute auf seinem Land lebten.
»Ich habe nie davon gehört, dass jemand Unterstützung bekäme.« Sie achtete darauf, schonende Worte zu wählen. »Aber es gibt bestimmt solche Familien in der Gemeinde. Wenn Sie möchten, könnte ich mal den Pfarrer fragen …«
Er brachte sie mit erhobener Hand zum Schweigen und schüttelte den Kopf, den Blick wieder auf die Armlehne geheftet. »Schon gut. Es gefällt mir nicht recht, wissen Sie. Die anderen Grundherrn in der Gemeinde um Almosen für diese Menschen zu bitten, für die ich eigentlich selbst die Verantwortung tragen sollte.«
»Und die Pächter.« Die Worte waren heraus, bevor sie ihre Wirkung bedacht hatte. »Die Pächter zahlen auch in die Armensammlung ein.«
»Das wird ja immer besser!« Er stieß ein schroffes, freudloses Lachen aus. »Da sehen Sie, wie ahnungslos ich bin! Aber wenigstens habe ich eine vage Vorstellung davon, wofür ein Gentleman stehen sollte und wofür nicht, und ich finde es einfach schäbig, wie die Dinge
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