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Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Ein unsittliches Angebot (German Edition)

Titel: Ein unsittliches Angebot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Grant
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Absurdität ihrer Mesalliance.
    »Ernst nicht gerade.« In der Pause versuchte sie sich vorzustellen, wie er nach den passenden Worten suchte – ihre Haube, nach dem Vorbild von Scheuklappen konstruiert, hinderte sie daran, es aus erster Hand zu sehen. »Aber unverblümt. Bitte verzeihen Sie mir meine Direktheit: Warum vergnügen Sie sich nicht mit mir? Im Bett, meine ich.« Sie hörte am Klang seiner Stimme, dass er sich beim Fragen zu ihr umgedreht hatte. »Anfangs dachte ich, es sei eine persönliche Abneigung, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie mich wirklich noch immer nicht leiden können.«
    Diskretion musste bei den verheirateten Frauen Londons eine andere Bedeutung haben, wenn er dort dafür bekannt war. Sie sah sich um.
    »Es ist niemand in der Nähe. Ich habe schon nachgesehen. Und ich achte darauf, ob jemand kommt. Aber natürlich liegt es ganz bei Ihnen, ob Sie mir überhaupt antworten wollen.« Seine Stimme beruhigte sie auf fünf verschiedene Weisen gleichzeitig. Er hatte nachgesehen. Es war niemand in der Nähe. Kein Thema war unaussprechlich, wenn sie darüber sprechen wollten. Und wenn sie vor seiner Frage zurückschreckte, würde er die Angelegenheit auf sich beruhen lassen.
    Sie holte Luft und visierte den Horizont an, dort, wo der grüne Pflanzenwuchs aufhörte und der blaue Himmel anfing. Sie würde mit dem Teil der Wahrheit beginnen, der ihn am wenigsten kränken würde, so unangenehm es sein würde, darüber zu sprechen. Sie drehte die Haube ein paar Grad in seine Richtung und sprach leise. »Dieser spezielle Akt ruft in mir nicht die gehörigen Empfindungen hervor, so scheint es mir. Nicht so wie bei Ihnen. Oder bei anderen Männern. Oder bei anderen Frauen vermutlich«, fügte sie hinzu, bevor er aus seiner eigenen Erfahrung sprechen konnte.
    » Un gehörige Empfindungen wären doch wohl eher relevant, oder nicht?« Ja, sie hatte gewusst, dass er das nicht würde lassen können. »Aber Sie haben eine Vorstellung davon, wie es sich anfühlen sollte?«
    »Ja.« Jetzt wusste er von ihren geheimen Gewohnheiten. Immer noch besser, als wenn er sie für ahnungslos und bemitleidenswert halten würde. »Ich denke, es ist vielleicht eine angeborene Unregelmäßigkeit.«
    In der darauf folgenden Pause führten ihre Halbstiefel und seine Langschäfter ihr eigenes, rhythmisches Gespräch, wenn sie auf die festgetretene Erde trafen. Was für eine schlechte, alte Straße es war! Purer Schlamm, und wenn es anfing zu regnen manchmal völlig unpassierbar. Jemand sollte sich mal darum kümmern, sie zu pflastern, so wie die größeren Straßen. »Verzeihen Sie mir«, sagte er, »ich bin etwas schwer von Begriff. Sprechen Sie von Anatomie?«
    »Anatomie, genau.« Sie wäre krebsrot geworden, wenn sie das im Haus gesagt hätte. Hier draußen unter freiem Himmel war es ungefähr so bedeutungsschwer wie ein einzelnes Blatt an einem einzelnen Baum in der großen weiten Landschaft.
    »Ich bitte nochmals um Verzeihung. Sie meinen, weil der Punkt, der Ihnen hauptsächlich Vergnügen bereitet, sich nicht im Inneren befindet?«
    Bei manchen Themen war er alles andere als begriffsstutzig. »Haben Sie das schon öfter erlebt?« Ihre Haube drehte sich noch ein paar Grad in seine Richtung.
    »Es ist recht häufig. Überhaupt nicht ungewöhnlich.« Er sprach mit einer Autorität, die keine Zweifel zuließ. »Die meisten Damen benötigen ein wenig Aufmerksamkeit an jener Stelle, um zum richtigen Höhepunkt zu gelangen. Manche mehr als andere.«
    Unglaublich. Viel konnte man nicht halten vom Plan der menschlichen Fortpflanzung. Männer, deren Organe wie Strümpfe an einer Wäscheleine herumbaumelten. Frauen, deren Freuden abseits des Hauptereignisses versteckt lagen. Man könnte leicht zu der Überzeugung gelangen, dass es nicht so gedacht war, dass Männer und Frauen –
    »Es gibt Dinge, die ich tun könnte.« Er drehte sich zu ihr um, sie hörte es am Klang seiner Stimme. Die Worte klangen tief und eindringlich, hoffnungsschwer, aber auch vorsichtig, denn er kannte sie gut genug, um sich vorstellen zu können, wie ihre Antwort ausfallen würde.
    »Ich weiß.« In letzter Zeit hatte sie sich nur allzu oft vorgestellt, was er tun könnte. »Aber mein Gewissen würde Einwände erheben.«
    Irgendwo zwitscherte ein Vogel. Drei hohe Triller und ein tiefer, wie ein Kontrapunkt zum unermüdlichen Rhythmus ihrer Füße. Mr Mirkwood räusperte sich leise. »Ich möchte nicht widersprechen, aber ich fürchte, ich verstehe

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