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Ein unverbindliches Ja

Ein unverbindliches Ja

Titel: Ein unverbindliches Ja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Reuter
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Stimmung wird wieder besser, als der Alkohol seine Wirkung zeigt. Nach und nach entspanne ich mich und kann mit Jens herzhaft über die Schilderung seines letzten Unfalls auf einem Wasserski lachen.
    Zweimal glaube ich, Jens’ Fuß an meinem Unterschenkel zu spüren, doch ich schiebe das meinem benebelten Geisteszustand zu. Erst als ich seine Hand zwischen meinen Schenkeln fühle, schaue ich hilfesuchend zu Hendrik. Dieser hat die Geste offensichtlich nicht mitbekommen, denn er zeigt nicht die geringsten Anzeichen von Unmut. Oder sitzt mein Lover mir gegenüber am Tisch und geht über die Anmache seines Freundes hinweg? Das kann doch eigentlich nicht sein. Hmmmm.
    So verrückt es klingt, ich bin hin- und hergerissen zwischen Gewähren-Lassen und Empörung-Zeigen, denn wann soll ich ›Stopp‹ sagen? Und vor allem wie?
    So dass es Hendrik nicht mitbekommt. Ich werde ganz unauffällig vorgehen. Als meine rechte Hand unter dem Tisch verschwindet, um Jens Finger von meinem Bein zu befördern, kommt es nur zu einer ganz kurzen Berührung, denn Jens nimmt genau in diesem Moment freiwillig die Hand von meinem Oberschenkel.
    Verzückt lächelt er mich dabei an. »Meine Güte, ist das heiß heute!«
    Die beiden Herren beschließen zu zahlen, es ist schon spät geworden.
    Da Hendrik am nächsten Morgen sehr früh einen auswärtigen Termin wahrnehmen will, bringt er mich zum Krankenhaus zurück, wo noch immer mein Auto steht.
    »Jens ist ganz begeistert von dir! Das war kaum zu übersehen.« Als ich unsicher zögere, ergänzt er: »Nicht dass du denkst, er könnte mich adäquat ersetzen!«
    Das ist also seine Art, mich höflich in die Schranken zu weisen. Was glaubt er denn? Spielt er auf seinen auswärtigen Termin an? Er nimmt doch nicht allen Ernstes an, ich könnte mich während seiner Abwesenheit mit Jens treffen.
    Verwirrt sinke ich in Hendriks Arme und gebe ihm einen innigen Kuss, meine Art, ihm zu zeigen, dass …
    Dann springe ich schnell aus dem Auto und winke zum Abschied. Zufrieden blickend fährt Hendrik an mir vorbei und zwinkert ein letztes Mal.
    Als ich zu Hause in meinem Bett liege, kann ich nicht glauben, was ich an diesem Abend erlebt habe. Mit zwei Männern zu dinieren und dabei eine gute Figur abzugeben, ist mir noch nie schwergefallen, das bringt der Job mit sich, doch in diesem Fall wurde mir das Ruder völlig aus der Hand genommen. Ich überlege, wie es so weit hat kommen können. Vom Alkohol alleine kann man doch nicht so entgleisen? Und dennoch, die Erinnerung an die letzten Stunden löst erneut Herzrasen bei mir aus. Eine prickelnde Hitze steigt in mir auf.
    Bei der Verabschiedung hat Hendrik sehr wohl gesehen, dass Jens mir einen Kuss direkt auf den Mund verpasst hat. Er hat zwar etwas verwundert geschaut, aber in seiner gewohnt lässigen Art hat er es kommentarlos hingenommen. Schon eigenartig. Einen Reim darauf machen kann ich mir nicht, aber deswegen brauche ich auch kein schlechtes Gewissen zu haben. Oder?
    Es dauert noch eine ganze Weile, bevor ich einschlafe. Zu aufregend die Eindrücke, die mir wiederholt durch den Kopf schießen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Und ich kann es nicht ändern: Die Vorstellung, die nun in mir schlummert, hat was.

KAPITEL 9:
SCHMIDS KATZE
    Als am nächsten Morgen der Wecker klingelt, bin ich bereits hellwach. Ausgerechnet heute soll die zweite Hypnosesitzung mit einem Patienten stattfinden, der seit einem schrecklichen Verkehrsunfall mit Todesfolge stark unter Angstgefühlen leidet. Das Grauenvolle hat sich in einem Waldstück bei Brieselang ereignet. Es ist der Polizei bisher noch nicht gelungen, den Unfallhergang vollends zu rekonstruieren. Es gibt keine Zeugen und wieder einmal war Alkohol mit im Spiel.
    Ich fühle mich elend, habe kaum ein Auge zugetan und weiß, dass mir für den anstehenden Termin die nötige Ruhe fehlt. Wie dumm, ausgerechnet bei dem Patienten, der mir in den letzten Monaten am meisten am Herzen gelegen hat, bin ich nicht zu hundert Prozent bei der Sache. Ich schäme mich und nehme mir fest vor, mich bald einer Supervision zu unterziehen, diese ist sowieso seit langer Zeit überfällig.
    Nach der Dusche bringe ich wie immer nur einen tiefschwarzen Kaffee herunter und fahre anschließend ins Krankenhaus.
    Auf meinem Schreibtisch finde ich eine Nachricht der Krankenhausleitung mit der Bitte, mich am Nachmittag zu einem Gespräch dort einzufinden. Na toll. Das hat mir noch gefehlt.
    Ich blicke auf mein Handy. Keine Nachricht von Hendrik

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