Ein unverbindliches Ja
damit meinen, ich könne problemlos meine zwei erwachsenen Söhne und meinen geschiedenen Exmann zurücklassen, ja, davon mache ich das nicht abhängig. Aber hier alles aufgeben?«
»Die Praxisräume können Sie vorerst behalten, und Menschen durch die Lebenslabyrinthe begleiten, das geht auch in England, denn da sprechen wir alle dieselbe Sprache.«
Maria nickt zustimmend.
Dann bricht es aus mir heraus: »Ich bin auch gerade dabei, mich in neue Gewässer zu wagen. Mein neuer Kurs gefällt mir!«
Bingo.
Maria lässt mich reden. Zurückgelehnt lauscht sie meinen Erzählungen und kommentiert diese von Zeit zu Zeit mit »Aha?«
Als Maria fragt, ob mir so etwas schon häufiger passiert sei, schaue ich betrübt. »Nein, eigentlich nicht.«
»Wissen Sie, man darf das Ziel nie aus den Augen verlieren. Egal was auf den Nebenschauplätzen um uns herum so passiert. Nur so kann unsere Umwelt uns als den Menschen wahrnehmen, der wir sind. Das macht unseren Charakter aus. Sicher, jeder darf mal Fehler machen, aber das Wiedergutmachen bestärkt unsere Mitmenschen darin, dass sie sich nicht getäuscht haben, und der Mensch vergisst schnell.«
Ich fühle mich gut. Ich werde weiter mit voller Kraft voraus fahren und zugleich die restlichen Tage meines Urlaubes nutzen, um die ausstehenden Berichte fürs Krankenhaus endlich fertigzustellen. Keiner soll an meiner Kompetenz zweifeln. Ich werde Herrn Keller um einen weiteren Patienten bitten, als Zeichen meiner unbändigen Arbeitslust.
Ich bedanke mich bei Maria für die Sitzung und rufe ihr beim Abschied zu: »Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung – das gilt auch für England.«
Dann mache ich mich hoch motiviert auf den Heimweg. Ich werde arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten. Es werden Berichte entstehen, die die Welt noch nie gesehen hat.
Trotz meiner Schaffenslust, die ich die nächsten Tage auslebe, fällt mir sehr wohl auf, dass Hendrik nichts von sich hören lässt. Ich tröste mich mit seinen drei Worten, die mittlerweile neben meiner Tastatur und nicht mehr auf dem Nachttisch liegen. Ich interpretiere sie als Beginn oder besser noch als Fortsetzung einer wunderbaren Liebe. Der Zettel ist doch nicht als Abschiedsbrief zu verstehen. Oder doch? Erst von null auf hundert und dann wie vom Erdboden verschluckt. Hm. Schon eigenartig.
Zwei Wochen später und immer noch kein Lebenszeichen von Hendrik. Unglaublich. Jens macht ebenfalls Pause. Ich hatte ja insgeheim gehofft, über ihn zu erfahren, wo sich mein Traummann versteckt hält.
Es beginnt zu schneien, im November, eigentlich ungewöhnlich, aber schön. Der Briefschlitz klappt. Vielleicht ist Hendrik verreist, ich eile in den Flur. Eine Postkarte aus England. Die kann nur von ihm sein. Gespannt drehe ich die Karte um.
Liebe Mareike, Grüße aus England. Ich habe auf mein Herz und Ihren Rat gehört. Maria.
Ach, wie schön. Ich atme einmal tief durch und werde jetzt auch auf mein Herz hören, Schluss mit der nervenzehrenden Warterei. Ich muss wissen, was passiert ist, und greife zum Telefon.
Sein Handy hat er ausgeschaltet und ans Festnetz geht er auch nicht. Als sich der Anrufbeantworter einschaltet, lege ich eingeschüchtert auf. Er hätte an meiner Stimme gemerkt, wie angesäuert ich von seiner blöden Zuckerbrot-und-Peitsche-Taktik bin. Dann eben nicht! Ich werde ihm eine SMS schicken, eine liebe Nachricht, so als wäre nichts gewesen. Damit rechnet er bestimmt nicht, ja, das ist gut. So mach ich es.
Hallo Ausreißer, es schneit. Hole dich morgen um elf Uhr zum Schneemannbauen ab!
KAPITEL 13:
WINTERSCHLAF IM KÜHLSCHRANK
Nächster Morgen, Sonntag, der Blick aus dem Fenster zeigt eine märchenhaft verschneite Landschaft, bestimmt zwanzig Zentimeter Neuschnee. Für Berlin zwar eher untypisch, aber trotzdem schön. Es ist mein erster Winter ohne Mama! Kopf hoch, Mareike.
Das perfekte Wetter, um den angekündigten Schneemann zu bauen. Schnell springe ich unter die kalte Dusche, das beste Mittel gegen Migräne. Ich fühle mich, als hätte ich einen Schlag mit dem Hammer auf den Kopf bekommen. Es war gestern wohl doch zu viel des Guten. Nach der eiskalten Dusche schnappe ich mir meine wärmsten Klamotten, einschließlich Fellhandschuhen und einer alten Wollmütze.
Schröder wartet schon ungeduldig jaulend an der Tür, die Leine im Maul. Unser Spaziergang führt zu Hendriks Wohnung. Wanderung trifft die Sache wohl eher. Denn mit dem Auto ginge es wesentlich schneller. Aber egal, uns hetzt ja
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