Ein unverbindliches Ja
vergewissert sich entsetzt: »Meinen Viersitzer?«
»Ja, das wäre eine Idee. Schließlich brauche ich eine Herausforderung.«
»Gut, dann werde ich ihn vor deinem nächsten Besuch festschrauben.«
»War das der Grund deines Rückzuges?«
»Ja«, lügt er mir ins Gesicht. Den wahren Grund behält er für sich. Dann drückt er mir hastig einen Kuss auf die Wange, streichelt Schröder flüchtig über den Kopf und geht doch tatsächlich hoch in seine Wohnung, ohne sich auch nur noch einmal umzuschauen.
Schröder, der Schneemann und ich stehen da wie bestellt und nicht abgeholt. Blöde Suse! Diese olle Plauderbacke! Ihr allein habe ich nun Hendriks schnelles Verschwinden zu verdanken. Die wird nachher was erleben.
Was aber wohl der wahre Grund sein mag??
Traurig machen Schröder und ich uns auf den Heimweg. Vor uns läuft ein türkischer Mann mit seiner Frau. Er mag Ende fünfzig sein, trägt einen Anzug und läuft konstant zwei Meter vor ihr. Die Frau ist megafett. Sie ist etwas jünger. Mit Kopftuch und im bunten Mustermix bekleidet schleppt die arme Frau ihre Einkaufstüten. Es kommt mir vor wie ein Déjà-vu. Ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen steigen, denn damals lief anstelle von Schröder meine Mama neben mir. Ich weiß es noch ganz genau, dabei liegt dieser Moment schon so viele Jahre zurück:
Ich war sieben oder acht. Als Mama damals das vor uns laufende türkische Paar sah, geriet sie in Rage, lief immer schneller und sagte wütend: »Mareike, wieso läuft dieser aufgeblasene Gockel so weit vor seiner Frau und lässt sie noch dazu die schweren Tüten schleppen??? Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist. Seine Hände sind leer. Einfach unfassbar!!!«
Immer, wenn Mama so wütend war, flog Geschirr, jedenfalls zu Hause. War sie im Auto derart aufgebracht, weil sie wieder mit Papa stritt, sprang sie meist während der Fahrt aus dem Wagen. Doch was tat sie nun, hier auf offener Straße? Ich war gespannt. Sie beschleunigte weiter ihren Schritt, ihr Fluchen wurde lauter und lauter. Keifend stürzte sie sich auf die arme Frau, riss ihr die Einkaufstaschen aus den Händen und eilte zu dem ›türkischen Pascha‹. Ehe er sichs versah, hatte er in jeder Hand eine schwere Einkaufstüte. Ich sah ein dickes Fragezeichen in seinem Gesicht. Dann packte meine Mama ihn laut schimpfend an den Schultern und zerrte ihn direkt neben seine Frau. Völlig verdutzt ließ er sich auch dies gefallen.
Mit erhobenem Finger schrie sie: »Und dass Sie ja nebeneinander laufen!«
Es konnte jedoch von Laufen keine Rede mehr sein, die beiden blieben wie erstarrt stehen. Sie wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Danach wandelte sich Mamas Laune schlagartig. Sie glich auf einmal dem Sonnenschein gleich nach einem gewaltigen Gewitter. Zufrieden nahm Mama mich an die Hand und ging mit mir nach Hause.
Ach, Mama!
Das gleiche – uns auf den Heimweg machen – werden Schröder und ich jetzt auch tun. Den Schneemann lassen wir stehen, er ist für meinen Gefrierschrank zu groß. Außerdem macht sich Suse nichts aus unterkühlten Hausfreunden.
KAPITEL 14:
FISCH OHNE FAHRRAD
Daheim starre ich mein Telefon an. Das Auseinandergehen vorhin war so unbefriedigend. Ich habe da mal so etwas von Gedankenübertragung gehört. Die Suse sagt, das klappt immer, man muss nur fest daran glauben. Meine Gedanken drehen sich so sehr um Hendrik, dass ich fast sicher bin, von ihm zu hören.
»Bitte! Klingle endlich!«
Mein Betteln und Flehen wird tatsächlich erhört, der ersehnte Anruf erfolgt um die Mittagszeit.
»Hallo, Fischlein, alles klar? Ihr seid zwar dafür bekannt flink zu sein und euch leise im Gewässer treiben zu lassen, aber du warst vorhin so schnell verschwunden. Hast du Angst vor meiner Angel?«
Schöne Vorstellung, von ihm gefischt zu werden. Aber er verdreht schon wieder die Fakten, das macht er nur zu gerne.
Ich lasse es so stehen. »Ich wollte dich nicht den ganzen Tag lang aufhalten. Du sagtest doch, du hättest heute eine Menge zu tun und abends steht bei mir ein Familienfest an, bei dem ich nicht fehlen darf, mein Vater richtet um neunzehn Uhr ein Grillfest aus. Eine versteckte Nachfeier seines 69. Geburtstags.«
Sicher kommt Hendrik nun auf schmutzigen Sex zu sprechen, die Vorlage hat er ja. Ich bin bereit.
»Wann soll ich dich abholen?«
Ups, das geht jetzt aber etwas schnell.
»Nein, nein, so war das nicht gemeint. Ich wollte nur klarstellen, dass ich ein braves Mädchen bin!«
»Na klar, und ich bin der Kaiser von
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