Ein unverschämt attraktiver Milliadär
zur Arbeit kommen würde. In diesem Moment war ihr klar geworden, dass es nicht klug wäre, etwas von Dylan zu sagen. Noch nicht.
Bridget würde das nie verstehen. Sie war nicht verheiratet und hatte keine Kinder. Wie hätte Victoria eingestehen können, dass Dylan sie brauchte? Oder dass sie den Kleinen mehr als alles andere auf der Welt brauchte? Bridget hätte geglaubt, sie habe den Verstand verloren. Schließlich sagte sie zu, gleich nach dem Begräbnis wieder im Büro zu sein.
Vor einem Monat hatte Suzy Dylan in einen Tageshort gegeben. Bisher war er immer nur halbe Tage dort gewesen, da Suzy eine Teilzeitstelle als Lehrerin gefunden hatte. Wenn Dylan weiterhin in diesen Hort ging, würde sie nichts großartig umorganisieren müssen – und seinen Tagesablauf weitestgehend beibehalten. Morgen würde sie die Leiterin der Kinderkrippe informieren, dass Dylan bald wieder kommen würde.
Morgen – wenn sie ihre Trauer in den Griff bekommen hatte.
Mit Sicherheit war ihr nicht danach, in weniger als einer Stunde Connor zu sehen. Dazu war sie zu aufgewühlt und zu traurig. „Ich bringe gerade Dylan zu Bett und will gleich ein Bad nehmen. Können wir uns vielleicht morgen unterhalten?“
„Ich dachte, Sie hätten vielleicht gern eine Kopie von Michaels und Suzys Testament.“
„Michaels und Suzys Testament?“ Liebe Güte, an ein Testament hatte sie nicht einmal gedacht. Sie sah auf Dylan hinunter, der nur noch am Sauger der Flasche nuckelte. Victoria wurde von Emotionen überwältigt. Der Kleine hatte sie mehr oder weniger den ganzen Tag über auf Trapp gehalten. Er war quengelig gewesen, fast als wüsste er …
Connor meldete sich wieder zu Wort. Sie zwang sich zur Konzentration.
„Ja, ein gemeinsames Testament. Ich habe das Original gerade zu meinem Anwalt gebracht, damit er anfangen kann, den Nachlass aufzulösen.“
„Das hätte ich machen können. Der Nachlass dürfte unkompliziert sein.“
„Sie haben genug zu tun. Zudem bin ich der Testamentsvollstrecker.“
Victoria war gekränkt. Ehe Suzy geheiratet hatte, war sie deren Testamentsvollstreckerin gewesen.
Dylan wurde unruhig.
Sie wiegte ihn sanft in den Armen. „Ich wusste nicht, dass Suzy und Michael ein gemeinsames Testament hatten.“
Während der Schwangerschaft hatte sie Suzy mehrmals gedrängt, ihr Testament auf den neuesten Stand zu bringen, doch nach Dylans Geburt hatte Victoria in der Hektik ihres Arbeitsalltags nicht mehr daran gedacht. Damals hatte sie gerade zusätzlich zu ihrem schon erdrückenden Arbeitspensum zwei neue Großkunden übernommen.
„Mein Anwalt hat es für die beiden vor ungefähr einem Jahr aktualisiert. Der Nachlass ist keine große Sache.“
„Sie arbeiteten beide an staatlichen Schulen. Sie hatten Ausgaben … und Schulden.“ Sie hatte versprochen, niemals preiszugeben, welchen Anteil sie an Dylans Zeugung hatte. Es war sicher nicht an ihr zu enthüllen, welche enormen Kosten die künstliche Befruchtung verursacht hatte – sie hatte trotz Suzys und Michaels Protest einen Großteil der Kosten übernommen.
„Kein Wunder, denn sie hatten ja auch eine Hypothek. Aber die hat Michael mit einer Lebensversicherung abgedeckt.“
Victoria wusste, dass Connor Michael sehr bei der Renovierung des Mason-Hauses geholfen hatte. Er hatte sogar Zuschüsse aus einem Fonds zur Erhaltung historischer Gebäude beschafft.
Sie bekam ein schlechtes Gewissen. Connor hatte sich ganz klar um Michaels Geldangelegenheiten gekümmert, während sie, eine Wirtschaftsprüferin, versäumt hatte, für Dylans und Suzys Interessen einzutreten. Sie hatte es Suzys neuem Ehemann überlassen, sich um alles zu kümmern. Würde seine Lebensversicherung denn auch die durch die künstliche Befruchtung entstandenen Schulden decken?
Sie streichelte Dylans Köpfchen. Sie würde alles in ihrer Macht Stehende tun, damit es ihm an nichts fehlte.
Durch ihre Eizellen, die sie Michael und Suzy gespendet hatte, war Dylan ein Teil von ihr.
„Sind Sie noch da?“ Connors ungeduldige Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
„Ja. Ich habe nur nachgedacht.“ Das Baby war soeben eingeschlafen. „Sobald der Nachlass geregelt ist, kann ich den Erlös für Dylan anlegen.“
Es entstand eisiges Schweigen.
Dann erklärte Connor: „Ich habe mich immer um Michaels geschäftliche Angelegenheiten gekümmert.“
Und sie hatte immer Suzy geholfen. Bevor ihr Arbeitspensum so angestiegen war. Victoria fühlte sich unbehaglich.
Jetzt war nicht der rechte Zeitpunkt
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