Ein unverschaemt charmanter Getleman
den Park abermals umzugestalten. Leider war sie gestorben, noch bevor sie ihr Werk vollenden konnte. Doch Mirabel war mit ihren Plänen in allen Einzelheiten vertraut, denn ihre Mutter hatte ihre Ideen und ihre Begeisterung von dem Zeit-punkt an mit ihrer Tochter geteilt, da diese alt genug gewesen war, ihr Anliegen zu verstehen.
„Sie hat den Ausblick, wie wir ihn heute sehen, erst geschaffen“, sagte ihre Tochter nachdrücklich. „Einst stand noch ein Sommerhaus auf der Anhöhe, gleich hier bei der Brücke. Meine Mutter hat es umsetzen lassen, sodass es nun dort hinter den Bäumen verborgen steht und man ganz unerwartet darauf stößt, wenn man dem gewundenen Pfad am Fluss folgt.“
Sie zeigte in eine andere Richtung, wo sie selbst getreu den Entwürfen ihrer Mutter landschaftliche Veränderungen hatte vornehmen lassen. So anschaulich beschrieb sie, was zuvor dort gewesen war, dass Alistair eine genaue Vorstellung bekam, sowohl von dem Ausmaß der Umgestaltung als auch von deren dezenter Kunstfertigkeit.
Nachdem sie ihn einmal ganz den das Mausoleum umgebenden Säulengang entlanggeführt und ihm alles über die Anlage der Ausblicke und die korrespondierenden Blickachsen erzählt hatte, verstummte sie.
Etwas in ihrem Schweigen und in ihrem Ausdruck ließ ihn sich fragen, ob sie vielleicht bereute, ihm so viel enthüllt zu haben.
Er betrachtete sie, doch sie wandte ihm nur ihr Profil zu. Daher beugte er sich ein wenig vor und versuchte, ihre Miene genauer auszumachen.
Doch sie schien sich seiner Anwesenheit kaum mehr bewusst zu sein. Und obgleich ihr Blick in die Ferne gerichtet war, bezweifelte Alistair, dass sie überhaupt irgendetwas wahrnahm. In ihren Augen lag jener abwesende Ausdruck, den er so oft bei ihrem Vater hatte beobachten können. Sie blickte auf genau die gleiche Weise in die Ferne, wie Mr. Oldridge an jenem Abend, da Alistair ihn für das Kanalvorhaben hatte gewinnen wollen, den Kronleuchter betrachtet hatte.
Dann, ganz langsam und fast unmerklich, zog ihr Mundwinkel sich ein klein wenig in die Höhe.
Alistair blickte rasch wieder geradeaus. „Ich würde wahrlich alles geben“, meinte er, „um zu ergründen, was gerade in Ihrem allem Anschein nach sehr geschäftigen Verstand vor sich geht.“
„Ich habe Möglichkeiten erwogen, wie ich Sie loswerden könnte, doch mein Verstand hat mir seinen Dienst versagt“, teilte sie ihm mit. „Oder aber mein Herz. Oder was immer es sein mag. Sobald ich einen klaren Gedanken zu fassen versuche, sehe ich Sie vor mir - nackt.“
Alistair glaubte nicht recht gehört zu haben und wandte seinen Kopf so unvermittelt zu ihr um, dass es in Anbetracht der ruckartigen Bewegung wohl an ein Wunder grenzte, dass er ihm nicht geradewegs vom Hals flog. „Sie sehen was?“
„Sie“, erwiderte sie ruhig. „Nackt.“
Alistair schluckte. Eine Zeit lang hatte er sich durchaus wacker gehalten und den Gedanken an eine entblößte Mirabel erfolgreich verdrängt. Auch heute hatte er sie lediglich in seinen Armen gehalten, und das gar nicht mal so lange. Bei Weitem nicht lang genug, wie er nun fand.
Er hatte sie weder geküsst noch versucht, sie auch nur eines einzigen Handschuhs zu entkleiden, wenngleich er alles zu geben bereit wäre, um ihren Mund erneut zu schmecken und ihre Hände wieder auf seiner Haut zu spüren. Sie brauchte nur sanft sein Gesicht zu berühren, und die Welt veränderte sich augenblicklich ... kam wieder in Ordnung.
Nein, es war ihm erfreulich gut gelungen, sein Verlangen zu bezwingen und der Versuchung zu widerstehen, sodass er sich schon frohlockend eingebildet hatte, nun doch endlich erwachsen zu werden. Diesmal würde er nicht mehr so dumm und töricht sein wie all die Male zuvor.
Aber kaum hatte sie die verhängnisvollen Worte ausgesprochen, sah er sie auch schon vor sich, wie sie auf dem Bett stand, ihre Röcke bis zu den Schenkeln hochgerafft, sodass sie enthüllten, was ... oh nein, das kleine auf dem Kopf stehende Herz nahe ihrer Kniekehle ... und dann lag sie inmitten der Kissen auf dem Bett... die wohlgeformten Brüste mit den zarten, rosigen Knospen ... die federleichten, weichen Locken zwischen ihren Schenkeln.
Er erinnerte sich an den Duft und den Geschmack ihrer Haut. Er erinnerte sich an ihr Vertrauen, ihre Zärtlichkeit und ihre Leidenschaft.
Alistair straffte die Schultern und reckte sein Kinn. „Wenn wir erst einmal verheiratet sind, kannst du mich nackt sehen, sooft du magst“, meinte er. „Doch bis es so weit ist,
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