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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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Vielleicht vor der Ungewissheit. Der Möglichkeit, dass sein Verstand in der Schlacht dauerhaften Schaden davongetragen hatte. Und stets, auch wenn er sich nicht mehr an jede Einzelheit der Schlacht und der Zeit danach erinnern konnte, lauerte im Hintergrund auch ein unbestimmtes Gefühl der Schuld.
    Er wusste nun, dass das Gemetzel ihn schockiert und angewidert hatte. Jedes Mal, wenn er zu Boden gestürzt war, hatte er tief in sich den Wunsch verspürt, dort liegen zu bleiben und die Toten zu beweinen - sowohl die eigenen Kameraden als auch gänzlich Unbekannte. Junge Männer, fast noch Jungen, waren um ihn herum gestorben, und viele von ihnen hatten dabei furchtbare Qualen ausgestanden. Doch völlig besinnungslos hatte er weitergekämpft, denn Nachdenken zog nur Trauer und Verzweiflung nach sich.
    Nun war ihm auch bewusst, wie entsetzlich er sich vor den chirurgischen Instrumenten des Wundarztes gefürchtet hatte -er, der immer geglaubt hatte, Angst sei nur etwas für Frauen und Schwächlinge.
    Mr. Oldridges Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
    „Vielleicht erkannte ich Ihr Problem deshalb so gut, weil es dem meinen nicht ganz unähnlich war“, bemerkte er. „Ich habe mich nach dem Tod meiner Frau keineswegs freiwillig aus der Welt zurückgezogen. Es kam einfach so über mich, wie eine Krankheit oder eine schlechte Gewohnheit, und es gelang mir nicht mehr, mich davon zu befreien. Und so fragte ich mich, ob Ihre schmerzliche Erfahrung in der Schlacht von Waterloo nicht vielleicht einen ähnlichen Bann auf Sie ausübte. Ich habe mich in die Botanik zurückgezogen ...“, er lächelte, „... und Sie haben sich der Geheimwissenschaft tadelloser Garderobe verschrieben.“
    „Du liebe Güte“, rief Mirabel nun aus und schaute Alistair fassungslos an. Dann sprang sie vom Sofa auf, durchquerte raschen Schrittes den Raum, wobei sie Alistair so aufmerksam betrachtete, als habe sie ihn nie zuvor gesehen. „Ich war bislang in Gedanken zu sehr mit anderen Dingen befasst, als dass es mir aufgefallen wäre. Aber nun, wo es mir aufgefallen ist, fehlen mir schier die Worte! Mein Lieber, du bist ja ganz Sie hob die Hände in die Höhe und schien tatsächlich sprachlos zu sein. „Deine Halsbinde! Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll.“
    Alistair blickte auf besagtes Tuch hinunter und blinzelte verwirrt. Er hatte es sich wahrlich wahllos um den Hals gelegt und zu einem nachlässigen Knoten gebunden. Wie hatte Crewe ihn nur in dieser ungehörigen Aufmachung aus dem Zimmer gehen lassen können?
    Er blickte zu Mr. Oldridge hinüber, der lächelte. Auch Alistair musste schmunzeln. „Sollte Ihre Theorie stimmen, so scheint mir, dass ich auf dem Wege der Besserung bin, Sir“, meinte er.
    „Es erleichtert mich sehr, das zu hören“, erwiderte Mirabels Vater. „Und es gar mit eigenen Augen zu sehen.“ Er ging an eines der Bücherregale und zog einen umfänglichen Band hervor. „Da Sie nun so erfreuliche Anzeichen der Vernunft erkennen lassen, erwarte ich Sie gleich zu einer Unterredung unter vier Augen in meinem Studierzimmer. Ich glaube nämlich, dass Sie mir von einem ganz besonderen Ansinnen hinsichtlich meiner Tochter zu berichten haben.“
    London
    Nachdem er am Samstagabend ein weiteres Expressschreiben aus Oldridge Hall erhalten hatte und kurz darauf zudem von einem zutiefst bekümmerten Jackson persönlich unterrichtet worden war, wusste Lord Gordmor auf das Betrüblichste genau darüber Bescheid, was sich während der letzten zwei Tage zugetragen hatte.
    Er schickte Jackson sofort nach Northumberland, damit dieser sich dort ein Bild vom Zustand der Verheerung verschaffe und den angerichteten Schaden bestmöglichst behebe. Unterdessen richtete Seine Lordschaft sich in ruhiger Gefasstheit darauf ein, seine öffentliche Schmach und mögliche Verstümmelung zu erwarten.
    Er musste lange warten.
    Die Nachricht von Carsington traf erst zehn Tage später ein. Darin wurde Seine Lordschaft aufgefordert, Zeit und Ort ihres Zusammentreffens zu bestimmen.
    Lady Wallantree stattete ihrem Bruder gerade einen Besuch ab, als die Mitteilung bei ihm eintraf, und wie immer hatte sie keinerlei Skrupel, das Schreiben sogleich an sich zu reißen.
    „Er fordert dich zu einem Duell heraus?“, schrie sie entsetzt auf. „Aber darauf darfst du dich nicht einlassen, Douglas! Er ist nicht ganz bei Sinnen. Und er war schon immer der bessere Schütze von euch zweien, und besser in der Fechtkunst ist er allemal. Ich wage zu bezweifeln,

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