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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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der Dienstboten -, konnte sie sich ebenso in die Lösung eines Problems vertiefen wie er.
    Während die Zeit unbemerkt verstrich, entledigte sich Mirabel nacheinander erst ihres Hutes und dann auch ihres Umhangs. Über zwei Stunden später beugte sie sich noch immer über die Karten und suchte nach einem Ausweg aus ihrer diffizilen Situation.
    Etwa um dieselbe Zeit stand Mr. Wilkerson draußen im Hof und plauderte angeregt mit dem Postkutscher. Folglich bemerkte er nicht, dass Mr. Carsington derweil nach unten gekommen war und sich auf dem Weg in den Privatsalon befand, den er sich zu seinem Hauptquartier erkoren hatte. Da Mr. Wilkerson nicht zugegen war, um seinen Gast davon in Kenntnis zu setzen, dass er Besuch habe, und Alistair auf seinem Weg in den Salon auch keinem der Dienstboten begegnete, wusste er natürlich nicht, wer sich gar nicht weit von ihm in dem kleinen Speiseraum aufhielt.
    Da die Tür offen stand, sah Alistair im Vorbeigehen flüchtig in das Zimmer und entdeckte direkt in seinem Blickfeld ein kleines, rundliches, eindeutig weibliches Hinterteil.
    Es war in grünen Stoff gehüllt, dessen gute Qualität dem Auge des Kenners nicht verborgen blieb, wenngleich dasselbe Auge vor allem damit beschäftigt war, die darunter verborgene Form zu beurteilen und abzuschätzen, wie viele Stoffschichten sich wohl zwischen Kleid und Haut befanden.
    All diese Wahrnehmungen bedurften nur eines kurzen Augenblicks. Aber sie musste dennoch bemerkt haben, wie seine Schritte vor dem Zimmer verstummten. Oder vielleicht hatte sie ihn auch tief Luft holen gehört, als er versuchte, seine Gedanken aus den Gefilden zurückzuholen, in die sie entfleucht waren, und sich in Erinnerung rief, dass er nun lieber weitergehen sollte - denn: Er konnte es sich nicht leisten, von einer Frau abgelenkt zu werden, wie vollkommen ihre Kehrseite auch sein mochte.
    Doch was immer der Grund gewesen war, sie hatte ihn bemerkt und hob nun einen Kopf voll zerzausten kupferroten Haars, warf ihm über die Schulter einen Blick aus ihren tiefblauen Augen zu ... und lächelte.
    Sie war es.
    „Miss Oldridge“, sagte er, und seine Stimme fiel in so tiefe Lagen hinab, dass die beiden Worte nur noch wie ein knurrendes „grrrr“ klangen.
    „Mr. Carsington.“ Sie richtete sich auf und wandte sich zu ihm um. „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie zu so früher Stunde schon frisch und munter seien.“
    Meinte sie das sarkastisch? „Es ist beinahe zwei Uhr mittags“, bemerkte er.
    Sie riss erschrocken die Augen auf. „Gütiger Himmel! Bin ich all die Zeit hier gewesen?“
    „Das kann ich Ihnen leider nicht sagen“, erwiderte er trocken.
    Sie runzelte die Stirn und sah auf die Karten vor sich hinab. „Ich hatte keineswegs vor, so lange zu bleiben. Oder besser gesagt, ich wollte später noch einmal kommen - wenn Sie wach wären.“
    „Ich bin wach.“
    „Ja ...“, sie ließ ihren Blick über ihn schweifen, „... und Sie sehen sehr adrett und elegant aus.“
    Alistair wünschte, er könne dasselbe von ihr sagen. Zwar hatte jemand den löblichen Versuch unternommen, ihr Haar mittels eines Zopfs zu bändigen, der oben am Kopf zu einem Knoten aufgesteckt war - aber die Hälfte der Haarnadeln lag schon längst wieder über Tisch und Boden verstreut, und der Knoten war in bedenkliche Schieflage gerutscht. Es juckte Alistair förmlich in den Fingern, sogleich eigenhändig Ordnung zu schaffen. Er musste seine Hände zu Fäusten ballen und sich zwingen, die Augen von ihrem Haar abzuwenden.
    Mit finsterer Miene betrachtete er ihr offensichtlich teures Kleid. Dieses Grün war noch unvorteilhafter als der Grünton, den sie getragen hatte, als er sie zum ersten Mal sah. Und der Schnitt ... oh, es hatte gar keinen Schnitt! Es war so schmeichelhaft wie ein Mehlsack.
    Er wandte den Blick abermals ab und entdeckte die Landkarten.
    „Ich brauche eine neue Karte“, bemerkte sie rasch. „Wir hatten eine sehr gute von Longledge Hill, aber mein Vater hat sie letzten November im Derwent River versenkt.“
    „Ich verstehe.“ Nur zu gut konnte er sich das vorstellen. „Was ich allerdings nicht verstehe, ist, warum Sie und Ihr Vater überhaupt eine Karte brauchen. Mir wurde gesagt, dass Ihre Familie eine der ältesten dieser Gegend ist. Man sollte meinen, dass Sie mit Ihrer Umgebung wohlvertraut sind.“
    „Mit unserem Anwesen und den Ländereien schon, aber Longledge Hill hat seinen Namen wegen seiner Ausdehnung in der Länge bekommen, und die ist beträchtlich“,

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