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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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Oldridge war nun einmal - anders als die meisten anderen Frauen - diejenige, die in ihrer Familie die Verantwortung trug und das Sagen hatte.
    Sie war es, von der sein Kanal abhing.
    Er sollte jede Gelegenheit bestmöglich nutzen.
    Und so rief er seine Gedanken wieder zur Ordnung. „Niemand wird unbefangen mit mir reden“, meinte er. „Das haben Sie selbst gerade gesagt. Es ist für mich aber wichtig zu erfahren, worin genau die Einwände gegen den Kanal bestehen.“ „Weshalb sollte das noch von Bedeutung sein?“, erwiderte sie. „Nun, wo Sie hier sind, werden die Einwände dahinschmelzen wie der Schnee in der Sonne.“
    „Aber ich möchte nicht, dass es auf diese Weise geschieht!“ Sie betrachtete ihn skeptisch. „Dann hätten Sie nicht kommen dürfen.“
    Alistair wandte sich ab, sah mit leerem Blick zum Fenster hinaus und zählte langsam bis zehn. „Miss Oldridge, ich muss Ihnen gestehen, dass Sie mich dazu bringen, mir das Haar ausraufen zu wollen.“
    „Ich fragte mich bereits, was es wohl sein würde“, meinte sie.
    Alistair fuhr herum. „Was was sein würde?“ „Schlechtwetter. Mir war auf einmal, als würde eine Schlechtwetterfront durch den Raum ziehen. Aber das waren nur Sie! Ihre persönliche Ausstrahlung ist überaus bemerkenswert, Mr. Carsington. Und weshalb bringe ich Sie dazu, sich das Haar ausraufen zu wollen?“
    Alistair sah sie voller Verzweiflung an. Der lockere Haarknoten hing nur noch einen Fingerbreit von ihrem Ohr entfernt.
    Er straffte die Schultern, ging zielstrebig zum Tisch hinüber, griff sich eine Handvoll Haarnadeln und kam auf sie zu. „Sie haben fast alle Ihre Haarnadeln verloren“, sagte er.
    „Oh, vielen Dank.“ Sie streckte die Hand aus.
    Er beachtete ihre ausgestreckte Hand indes nicht, griff nach dem Zopf, drehte ihn geschickt zu einem Knoten auf und steckte ihn dort fest, wo er hingehörte.
    Sie stand völlig reglos und hielt ihre blauen Augen starr auf seine Halsbinde gerichtet.
    Ihr zerzaustes Haar fühlte sich seidig weich an. Ihm juckte es in den Fingern, es noch mehr zu zerzausen.
    Rasch beendete er seine Arbeit und trat einen Schritt zurück. „Das ist doch gleich schon viel besser“, stellte er fest.
    Einen Moment lang sagte sie gar nichts. Ihr Blick wanderte von seinem Gesicht hinab zu seinen Händen und dann wieder hinauf zu seinem Gesicht. Davon abgesehen regte sie sich noch immer nicht, stand nur da und betrachtete Alistair mit demselben Ausdruck gebannter Aufmerksamkeit, den seine Cousine auf ägyptische Hieroglyphen verwendete.
    „Ich fand es ... irritierend“, stieß er hervor. „Ihr Haar. Wie es so herunterfiel.“
    Ihre Miene veränderte sich keinen Deut.
    „So kann ich nicht ... denken“, fügte er noch wenig überzeugend hinzu.
    Das war natürlich keine Entschuldigung. Ein Gentleman nahm sich nie derlei Freiheiten heraus, es sei denn bei einer nahen Verwandten - oder aber seiner Mätresse. Er konnte noch immer kaum glauben, dass er das getan hatte. Doch er wusste auch nicht, was er anderes hätte tun sollen.
    Er strengte seinen Verstand an - oder was ihm davon noch geblieben war -, um eine angemessene Entschuldigung zu formulieren.
    Doch dann sprach sie, noch bevor er die passenden Worte gefunden hatte.
    „Das hat Sie also so sehr beunruhigt“, bemerkte sie. „Nun, es hätte mich nicht überraschen sollen. Ein Mann, der inmitten eines Eisregens in die Nacht hinausreitet, weil er keine Kleidung zum Wechseln bei sich hat, lebt nach modischen Maßstäben, die so hoch angesetzt sind, dass sie sich Normalsterblichen wie mir entziehen.“ Sie wandte sich ab und begann, die Landkarten zusammenzufalten.
    Rasch suchte Alistair seine sieben Sinne wieder zusammen.
    „Auch ich habe meine Prinzipien, Miss Oldridge“, verkündete er. „Selbst wenn Sie sich das vielleicht kaum vorstellen können. Es ist mir ein Anliegen, die Landbesitzer von Lord Gordmors Kanal zu überzeugen. Ich möchte ihre Bedenken gern ausräumen oder, falls sich dies als unmöglich erweisen sollte, zumindest zu einem annehmbaren Kompromiss finden.“
    „Dann sollten Sie nach London zurückkehren und Ihr Anliegen einem Ihrer Geschäftspartner übertragen“, erwiderte sie. „Entweder geben Sie sich einer bedauerlichen Illusion hin oder sind hoffnungslos idealistisch, wenn Sie ernstlich glauben, dass die Leute hier auf gleicher Augenhöhe mit Ihnen verhandeln würden. Meine Nachbarn, einschließlich meines Vaters, haben es ihren Verwaltern überlassen, mit Lord Gordmors

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