Ein unverschaemt charmanter Getleman
Sicht vernebeln und vor unerfreulichen Anblicken bewahren werden.“ Sie lächelte triumphierend in die Runde.
„Stampfen und Hämmern?“, fragte Lady Talbot. „Rauch? Sir Roger erwähnte mir gegenüber nichts von garstigen, lärmenden Maschinen.“
Alistair bemühte sich redlich, ihre Bedenken zu entkräften, und stellte sich derweil vor, wie er über den Tisch springen, Miss Oldridge packen und aus dem Fenster werfen würde.
Jedes große Bauvorhaben gehe nun einmal mit gewissen Beeinträchtigungen einher, versuchte er, seine Gastgeberin zu beschwichtigen. Die moderne Vorgehensweise bringe zwar Lärm und Rauchentwicklung mit sich - was in der Tat ein Nachteil sei -, aber dafür trage sie auch dazu bei, den Arbeitsprozess erheblich zu verkürzen. So sei es möglich, dass die Kanalgräber sich nicht mehr für lange Zeit hier niederlassen müssten - viele Monate, vielleicht sogar Jahre! -, sondern bereits nach wenigen Wochen wieder ihres Weges zögen.
Lady Talbot lauschte seinen Worten höflich, schenkte ihm ein recht leidvolles Lächeln und bedeutete den anderen Damen, sich nun vom Tische zurückzuziehen. Sie begaben sich in den Salon hinüber und überließen die Männer ihrem Portwein. Und während die Herren tranken, würden Lady Talbots Bedenken sich wie ein ansteckendes Fieber unter den Damen verbreiten, dachte Alistair grimmig.
Miss Oldridge war sehr geschickt zu Werke gegangen, diese ausgebuffte Kreatur. Er hatte keineswegs mit ihrem Angriff gerechnet und folglich ihre Strategie auch erst unverzeihlich spät durchschaut.
Nun ja, kein Wunder.
Wie hätte er sich denn auch auf irgendetwas konzentrieren sollen, wenn sie ihm stundenlang in unmittelbarer Sichtweite saß - gekleidet wie eine Vogelscheuche? Wer wollte erwarten, dass er einen solchen Anblick unbeschadet zu ertragen vermochte? Nein, das vermochte er einfach nicht, und so hatte er damit begonnen, sie in Gedanken ordentlich anzukleiden -oder sie vielmehr zunächst einmal zu ent kleiden, womit der Menschheit wahrlich ein Dienst erwiesen wäre, ganz abgesehen von den Einsparungen, die es mit sich brachte. Der Stoff des grausigen grauen Seidenkleides hätte mühelos zwei Frauen bekleiden können.
Und während er so im Geiste vollauf damit beschäftigt war, Miss Oldridge umzukleiden, hatte der Feind sich von hinten angeschlichen und hätte ihn fast zu Fall gebracht.
Da hatte er dann gesessen und sich anhören müssen, wie Miss Oldridges Worte wie ein schleichendes Gift in die Vorstellungen seiner Gastgeberin drangen, und er war kaum fähig gewesen, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn ein wirksames Gegengift zu verabreichen.
Während der Portwein am Tisch herumgereicht wurde, versuchte Alistair, sich damit zu trösten, dass die Damen vorerst das Feld geräumt hatten und er sein Anliegen jetzt in aller Ruhe unter Männern verhandeln konnte. Männer bedienten sich zumindest einer allgemein verständlichen Sprache. Und sie spielten nach einfacheren Regeln, wenngleich es dabei oft ein wenig rauer zuging. Doch Alistair war zuversichtlich. Er würde einfach nur ein geschickter Spieler sein müssen.
Die Männer verweilten schon bald eine Stunde im Speisezimmer, was Mirabel als kein gutes Zeichen wertete. Sir Roger hielt sich nur selten längere Zeit über seinem Portwein auf, und wenn nun ihr Vater als einziger der männlichen Gäste in den Salon geschlendert kam, konnte dies allein daran liegen, dass Mr. Carsington all die anderen in seinen Bann gezogen hatte.
Als die Herren sich schließlich zu den Damen gesellten, war Papa bereits wieder entschwunden. Er hatte sich aus dem Salon in den Wintergarten der Talbots zurückgezogen.
Bislang waren die jungen Mädchen über den Raum verstreut gewesen, hatten zu zweit oder zu dritt beisammengesessen, miteinander geplaudert oder sich Bilderalben angesehen. Sobald Mr. Carsington den Salon betrat, verstummten alle Plaudereien, die Bücher wurden zugeklappt, und einer Flotte aus pastellfarbenem Musselin gleich, segelten die holden Jungfern ihm, wie von einer kräftigen Strömung getragen, entgegen.
Mirabel überlegte, ob ihr die maritime Metapher vielleicht deshalb in den Sinn kam, weil sie soeben Captain Hughes entdeckt hatte, der sich seinen Weg durch die Menge der Mädchen bahnte.
Er durchquerte den Salon und kam zum Fenster hinüber, wo Mirabel stand. Vom Kaminfeuer aus gesehen, war es der entlegenste und somit kälteste Teil des Raums. Sie hatte sich mit Bedacht dorthin zurückgezogen, weil
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