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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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entschlüsseln. Ich hingegen habe gerade alle Zeit der Welt, ihm zuzuhören und über die Zusammenhänge seiner einzelnen Bemerkungen nachzugrübeln. Es ist wahrlich faszinierend.“
    Ihre Miene wurde wachsam, und ihre blauen Augen richteten sich mit so eindringlichem Blick auf ihn, dass er wünschte, es möge Ausdruck ihrer leidenschaftlichen Verliebtheit sein.
    Aber er wusste es besser. Er musste etwas Falsches gesagt haben. Wenngleich er keineswegs wusste, was, so zweifelte er doch nicht daran, gleich die Konsequenzen zu spüren zu bekommen.
    „Faszinierend“, stellte sie ruhig fest. „Natürlich würden Sie das sagen. Sie sind ja auch ein hervorragender Zuhörer. Sie lassen seine botanischen Ergüsse ebenso über sich ergehen, wie Sie sich das Gerede der anderen Gentlemen über Hunde, Wilderer und Maulwurffänger angehört haben.“
    Etwas Unheilvolles stürzte sich aus der Dunkelheit ihrer Gedanken auf ihn, doch Alistair wollte beim besten Willen nicht einfallen, was es sein könne.
    „Maulwurffänger?“, fragte er leichthin, während er sich dafür zu wappnen versuchte, sogleich in Stücke gerissen zu werden.
    „Den ganzen Tag habe ich mir der Damen Heilrezepte für allerlei Leiden von Warzen bis hin zur Schwindsucht angehört“, fing sie an. „Es war langweilig und verdrießlich. Aber dank dieser Übung denken meine Nachbarn nun wieder besser von mir.“
    Alistair begann zu verstehen. „Miss Oldridge, es ist nicht so ...“
    „Bei Ihrem ersten Besuch haben Sie mir erzählt, weshalb Sie zuerst nur mit Papa Kontakt aufgenommen haben“, fuhr sie fort. „Da er hier in der Gegend den größten Grundbesitz hat, gingen Sie davon aus, dass seine Meinung hinsichtlich des Kanals von Einfluss auf seine Nachbarn wäre. Man sollte meinen, dass Sie mittlerweile bemerkt haben dürften, dass mein Vater keinerlei Notiz von praktischen Belangen nimmt, wie beispielsweise der Aussicht auf Kohlenkähne oder Ausflugsboote voller betrunkener Adeliger, die mitten durch seine Wiesen schippern.“
    „Miss Oldridge ...“
    „Sie verschwenden Ihre Zeit damit, sich meinen Vater gewogen zu machen“, ließ sie ihn wissen. „Erstens ist er ohnehin schon ganz vernarrt in Sie, und zweitens hat er nicht das geringste Interesse an Ihrem Kanal.“ Sie reckte unmerklich ihr Kinn. „An Ihrer Stelle würde ich mich weiterhin darauf konzentrieren, seine Tochter zu betören, denn sie ist, wie Ihnen jeder hier bestätigen wird, Ihre gefährlichste - und entschlossenste - Gegnerin.“
    „Miss ...“
    Aber sie wusste genau, wie man einen gelungenen Abgang inszenierte, und rauschte aus dem Zimmer, bevor Alistair auch nur eine weitere Silbe hervorbringen konnte.
    Er lauschte ihren sich eilig entfernenden Schritten.
    Aus einer anderen Ecke des Zimmers ließ sich ein mitleidiges Hüsteln vernehmen.
    Am späten Nachmittag des folgenden Tages saß Mirabel im Studierzimmer ihres Vaters und erledigte dessen Korrespondenz.
    Sie hatte die perfekte Methode gefunden, mit der sich Mr. Carsington ganz weit in den Hinterkopf verbannen ließ, anstatt all ihr Denken in Beschlag zu nehmen: Eigentumsrecht. Mirabel focht gerade einen verzweifelten Kampf aus mit dem juristischen Kauderwelsch, in dem ein Brief des Anwalts ihres Vaters abgefasst war, als sie ein dumpfes Gepolter aus der Eingangshalle vernahm.
    Wahrscheinlich hat einer der Dienstboten etwas fallen lassen, dachte sich Mirabel. Gäbe es ein ernstliches Problem, würde sie früher oder später schon davon erfahren.
    Sie wandte sich wieder dem Schreiben des Anwalts zu.
    „Ich muss mit Ihnen reden“, brummelte auf einmal eine Stimme in unmittelbarer Nähe - und hätte sie vor Schreck schier auffahren lassen.
    Aber Gefasstheit war ihr mittlerweile zur zweiten Natur geworden. Mirabel blieb ruhig sitzen und ließ nur den Federhalter fallen, mit dem sie sich Notizen gemacht hatte. Doch Herausgabeklagen, Nötigung, Unterlassung und allerlei Verfügungen waren flugs aus ihren Gedanken verschwunden.
    Mr. Carsington stand auf einen Gehstock gestützt in der Tür. Er war in voller Garderobe. Das makellos weiße Linnen seiner Halsbinde war steif gestärkt. Sein eleganter brauner Gehrock schmiegte sich um die breiten Schultern, als sei er eine zweite - und sehr kostspielige - Haut. Mirabel war in Männermoden nicht ausreichend bewandert, als dass sie mit Bestimmtheit hätte sagen können, ob seine Beinkleider nun Pantalons, Reithosen oder einfach nur Hosen waren, aber gewiss war, dass sie wie angegossen

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