Ein unverschaemt charmanter Getleman
unsere Männer es sind.“
„Außerdem haben Lord Hargate und seine älteren Söhne hier viel Gutes getan.“
„Gegen jeden würden unsere Männer ihre Stimme erheben, aber nicht gegen ihn, Miss.“
Mirabel war immer bewusst gewesen, dass der hiesige Landadel einer Auseinandersetzung mit einem Hargate aus dem Wege gehen und sich stattdessen mit dem materiellen Gewinn trösten würde, den der Kanal ihnen einbrachte. Sie hätte jedoch nicht erwartet, dass gut situierte Kaufleute und Bauern sich auf einmal verhalten würden wie mittelalterliche Leibeigene.
Wenn niemand es wagte, offen seine Bedenken auszusprechen, konnte sie keine erfolgreiche Opposition bilden - ihr gegnerisches Gesuch an das Parlament würde kurzerhand abgelehnt werden.
Bedrückter Stimmung verließ sie das Treffen und stieg in ihren Zweispänner.
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein geplanter Kanalbau zum Scheitern verurteilt wäre. Mirabel wusste genau, was sie zu tun hatte. Sie hatte genügend Geld, um eine Auseinandersetzung vom Zaun zu brechen, die den parlamentarischen Ausschuss bis in alle Ewigkeit mit Anwälten, Zeugen und Petitionen beschäftigt halten würde.
Doch sie allein würde gar nichts ausrichten können. Sie war eine Frau und durfte nicht einmal wählen. Im Parlament würden ihre Einwände kein Gehör finden. Niemand würde glauben, dass sie die Interessen anderer vertrat, wenn niemand von diesen anderen auch nur den geringsten Einspruch gegen den Kanal erhob.
Sie hatte selber Schuld, schalt sie sich, denn sie hätte sich längst eine bessere Strategie für den Gegenangriff zurechtlegen sollen. Wenn sie ihre Aufmerksamkeit weniger Mr. Carsingtons männlicher Schönheit und mehr seinem Kanal gewidmet hätte, wenn sie ihre Gedanken auf das anstehende Geschäft gerichtet hätte, anstatt stets nach Vorwänden zu suchen, die es ihr erlaubten, sich ihm an den Hals zu werfen, dann hätte sie seine herausragende Stellung längst schwächen können.
Stattdessen kam er seinem Ziel auf wundersam rasche Weise näher, ohne auch nur etwas dazutun zu müssen. Alle, von Sir Roger bis hinab zu den einfachen Bauern, erlagen sie schlichtweg dem berühmten Helden von Waterloo.
Und wie sollte sie es ihnen verargen, wenn sie selbst ihm doch auch erlegen war - ihren Widerstand gegen den Kanal hatte sie zwar nicht aufgegeben, aber alles andere: ihren Verstand und ihre Moral, ihre Vernunft und ihren Stolz.
Ganz zu schweigen davon, dass sie sich in genau die Situation gebracht hatte, die sie mit aller Entschlossenheit hatte vermeiden wollen.
Abermals würde sie sich, wie es bereits vor elf Jahren mit Mr. Poynton geschehen war, wegen eines Mannes zutiefst unglücklich machen.
Warum konnte sie nicht, wenigstens ein einziges Mal nur, von einem Mann bezaubert sein, dessen Pläne und Ambitionen nicht in unvereinbarem Widerstreit zu den ihren standen?
Sie seufzte tief und versuchte, Trost und Ruhe in der sie umgebenden Natur zu finden.
Es war früher Nachmittag, und es war kalt, wenngleich nicht bitterlich kalt. Am Himmel türmten sich schwere, graue Wolken, die ruhelos über sie hinwegzogen.
Sie fuhr über eine der schmalen, tief zerfurchten und eng gewundenen Landstraßen, die so sehr Mr. Carsingtons Unmut erregt hatten. Im Frühling würden am Wegesrand üppig die Wildblumen blühen und das zarte Grün der Bäume die Straße in einen idyllischen Laubengang verwandeln. Derzeit bot die Strecke jedoch nur alle Schattierungen düsterer Grüntöne und tristen Brauns und mochte manchem Betrachter wohl als öde und melancholisch erscheinen.
Ihr hingegen erschien es keineswegs so.
Sie konnte hören, wie der Wind das karge Grün leise und geheimnisvoll flüstern ließ, und sah, wie er das Laub des vergangenen Herbstes aufwirbelte und verstreute, als ob der Hofstaat der Feenkönigin den Weg seiner Herrin mit Blütenblättern säumen wollte.
Das gleichmäßige Getrappel der Pferdehufe, das Seufzen des Windes, das Gezwitscher eines der Witterung zuversichtlich trotzenden Vogels, das muntere Fiepen eines Eichhörnchens - all diese einfachen Freuden des ländlichen Lebens zu sehen und zu hören half Mirabel, ihr aufgewühltes Herz zu beruhigen.
Und kaum hatte sich dieser Anflug widernatürlichen Trübsinns verzogen, kehrte auch schon der ihr eigene Optimismus zurück. Nur wenige Fälle waren wirklich hoffnungslos, sagte sie sich. Leuten, denen es an Mut und Fantasie mangelte, mochten die Dinge oft hoffnungslos erscheinen. Zu diesen Leuten zählte sie
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