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Ein unverschaemt charmanter Getleman

Titel: Ein unverschaemt charmanter Getleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loretta Chase
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schwang.
    „Gütiger Himmel!“ Mit laut pochendem Herzen packte er sie und zog sie in das Zimmer hinein.
    Ihm war danach, sie wegen ihrer Torheit kräftig zu schütteln, aber sie machte sich von ihm los und trat zurück, bis sie außer Reichweite war.
    „Sie hätten sich dabei umbringen können“, brummelte er. „Nur dann, wenn Sie mich hätten fallen lassen.“ Ihre Stimme zitterte. „Wie konnten Sie so ungestüm nach mir greifen? Ich wusste ganz genau, was ich tue.“
    „Wussten Sie das wirklich?“
    „Ich bin eben eine Frau vom Lande.“ Sie rückte ihren Hut zurecht. „Anders als Ihre Londoner Damen.“
    „Ja, sehr offensichtlich anders“, befand er. „Sie sind anders als alle anderen. Sie sind ... Sie sind ..."
    Als sie ihn mit ihren blauen Augen fragend ansah, stürmten Erinnerungen auf ihn ein: jeder Blick, jede Berührung ... der samtweiche Klang ihrer Stimme, ihr Lächeln, das so unendlich viele Spielarten kannte ... ihr sanftes Nachgeben, als sie sich an ihn schmiegte. Und nun stand er hier - er, mit seinem viel gerühmten Taktgefühl und seiner vollendeten Ausdruckskraft, dem Worte immer so leicht über die Lippen gekommen waren - und brachte keinen einzigen Gedanken zustande, geschweige denn, dass er Worte gefunden hätte, ihn auszudrücken.
    Er machte eine hilflose Geste und sagte ein wenig töricht und völlig unzulänglich: „Sie stellen einfach alles auf den Kopf und kehren es von innen nach außen.“
    Sie stürzte sich auf ihn, schlang ihre Arme um seine Taille und drückte dabei ihren fürchterlichen Hut an seine Brust.
    Er rang nach Atem, schloss dann die Arme um sie und zog sie an sich.
    „Sie hätten nicht kommen sollen“, brummelte er leise in ihren Hut. „Aber ich bin so froh, dass Sie hier sind.“
    „Ich hätte Ihnen fernbleiben sollen, doch ich konnte es nicht“, gestand sie kaum hörbar, das Gesicht an seinen Gehrock geschmiegt. „Den ersten Vorwand, der mir einfallen wollte, habe ich genutzt.“
    „Ich habe Sie so sehr vermisst“, sagte er.
    „Gut. Mir war ohne Sie ganz und gar elend zumute.“ Sie lehnte sich ein wenig zurück, um ihn ansehen zu können. „Seit Sie fort sind, wünsche ich mir beständig, Sie hätten beendet, was Sie begonnen haben. Ich wünschte, Sie hätten all meine Knöpfe geöffnet und all meine Bänder gelöst und sich nicht mehr um die Folgen geschert.“
    „Sie wissen nicht, was Sie da sagen“, beschied er. Er hingegen wusste es sehr wohl und hätte es jetzt lieber nicht gewusst. Er war nicht aus Stein gemacht.
    „Ich sage Ihnen die Wahrheit“, fuhr sie fort. „Warum sollte ich etwas vortäuschen? Immer finde ich Ausflüchte, erfinde für Sie und auch für mich Gründe, um nicht ..." Ihre Stimme bebte. „Ich weiß nicht einmal, was ich schützen will. Meine Eitelkeit vielleicht. Oder meinen Stolz.“
    „Ihre Ehre“, schlug er vor.
    „Muss ich die schützen?“, fragte sie. „Soll ich besser gehen? Warum haben Sie mich nicht fortgeschickt, noch bevor ich etwas sagen konnte?“ Ihre Unterlippe zitterte, als sie sich von ihm losmachte. „Elender Mann!“
    „Meine Liebe ...“ Oh, nun war er verloren. Er wünschte, sie würde ihm einfach einen Dolch durch das Herz bohren und es gut sein lassen.
    „Ihre Liebe“, ahmte sie ihn nach. „Ihre Liebe!“ Sie lachte kurz auf und wischte sich die Augen. „Schauen Sie mich nicht so an ... so ... Schauen Sie nicht so. Ich werde nicht weinen. Ich verabscheue Frauen, die mit Tränen versuchen zu kriegen, was sie wollen. Es ist nur kurz über mich gekommen ... meine Verzweiflung.“
    „Ich würde alles dafür geben, dass es anders wäre, als es ist“, versicherte er ihr.
    Es folgte eine lange, angespannte Stille. Dann meinte sie: „Wollen Sie damit sagen, dass Sie wünschten, ich wäre keine wohlerzogene junge Dame? Wäre ich keine unverheiratete Dame - was dann?“ Sie zog ihre Handschuhe aus und ließ sie zu Boden fallen. Dann begann sie, das Hutband aufzuschnüren. „Was dann?“, wiederholte sie. „Was wäre, wenn ich letztlich gar keine Dame wäre?“
    Alistair blickte zunächst auf die Handschuhe, dann auf ihre bloßen Hände, die das Hutband lösten. „Sie können nicht allen Ernstes." Er verstummte ungläubig, derweil er in Gedanken mit einer schier unmöglichen Möglichkeit rang.
    Sie nahm ihren Hut ab und warf ihn auf einen Stuhl.
    „Nein“, sagte er entschieden.
    Sie fing an, ihre Pelisse aufzuknöpfen. „Ich bin einunddreißig Jahre alt“, stellte sie fest. „Ich möchte

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