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Ein unversoehnliches Herz

Titel: Ein unversoehnliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Bravinger
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ihm das Gespräch aufgezwungen hatte. Poul und Andreas, diese beiden Brüder, die ihr eigenes Leben so vielfältig beeinflusst hatten. Jetzt saßen sie dort zusammen und sprachen sich über einen weiteren Aspekt ihrer komplizierten Beziehung aus.
    Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass Amelie nach Hause gekommen war und von ihrer Liebe zu Andreas erzählt hatte. Gunhild dachte an ihre erste Begegnung zurück und daran, wie überzeugt sie gewesen war, dass ihre Tochter eine gute Wahl getroffen hatte. Um ehrlich zu sein, war sie zudem erleichtert gewesen, dass ihr Geliebter aus einer wohlhabenden Familie stammte. Amelie verstand nicht das Geringste von finanziellen Angelegenheiten, Geld verprasste sie auf fahrlässigste Art.
    Endlich gab es jemanden, der sich dieser Seite Amelies annehmen und dafür sorgen würde, dass sie mehr Verantwortung übernahm.
    Aber dann war es genau umgekehrt gekommen.
    Andreas war es, der nicht mit Geld umgehen konnte. Er kaufte Geschenke, statt Miete und Kredite zu zahlen. Hätte sich sein Vater nicht eingeschaltet und um alles gekümmert, hätte die Sache für die beiden jungen Menschen in einem Konkurs geendet. Denn Gunhild konnte sie finanziell nicht unterstützen, dazu fehlten ihr die Mittel.
    Dennoch erinnerte sie sich noch sehr gut an ihre erste Begegnung mit Andreas. Er hatte so ein freundliches Gesicht. Und Gunhild war so froh gewesen, Amelie glücklich zu sehen. Wer hätte gedacht, dass ihre Ehe so furchtbar enden würde.
    Gunhild erinnerte sich auch noch gut an ihre erste Begegnung mit Poul. Kurz nachdem Andreas und Amelie erklärt hatten, dass sie es mit ihrer Liebe ernst meinten, und davon sprachen, sich zu verloben, hatte sie ihn kennengelernt. Unverzüglich sollte die ganze Familie einbezogen werden. Als Erstes kam Poul zusammen mit seinem Bruder zu Besuch. Gunhild fiel sofort das ernste Gesicht des älteren Bruders auf. Andreas’ Verspieltheit ging ihm völlig ab. Stattdessen musterte er die neue Familie seines Bruders, als hätte er den Auftrag erhalten, einen Bericht über sie zu verfassen.
    Es war ziemlich unangenehm gewesen. Gunhild hatte am nächsten Tag mit Amelie darüber gesprochen, aber Amelie hatte nur gelacht und erklärt, Poul sei als eine ernste und einigermaßen sonderbare Person bekannt. »Er ist wirklich nicht besonders humorvoll«, wie sie es ausdrückte.
    Nie, niemals hätte Gunhild sich damals vorstellen können, dass sie zärtlichere Gefühle für diesen älteren Bruder entwickeln würde, der so trocken wirkte. Wie sehr die Rollen sich vertauscht haben, dachte sie. So kompliziert und ernst. Und sie hatte nie etwas anderes gewollt, als ihre Tochter glücklich zu sehen.
    Die Sonne brannte, und sie blinzelte gen Himmel und ließ sich von ihr wärmen. Der Sonnenschirm war geschlossen und lehnte an der Bank.
    Der Herbst war für sie immer eine problematische Zeit, in der ihre Gliederschmerzen oft wieder auftauchten, nachdem sie den ganzen Sommer fort gewesen waren. Außerdem hatten Poul und sie keine Winterreise geplant, wie sie es sonst so häufig taten.
    Sie saß noch so da und genoss die Ruhe, obwohl sie auf einer Bank mitten an der belebten Vasagatan saß, als sie Poul mit seiner Tasche in der Hand aus dem Restaurant kommen sah.
    Ihr Blick folgte ihm, während er zu überlegen schien, ob er eine Kutsche nehmen oder zu Fuß nach Hause gehen sollte. Schließlich machte er sich entschlossenen Schrittes auf den Heimweg. Sie fragte sich unsicher, ob sie eine Droschke nehmen sollte, um vor ihm in der Wohnung zu sein. Am Ende beschloss sie, zu warten, bis Andreas herauskam.
    Sie blieb eine ganze Weile sitzen und wollte schon aufgeben und heimfahren, als Andreas schließlich aus dem Restaurant trat. Etwas an seiner Körpersprache erschreckte sie. Er schien ein anderer Mensch zu sein als der Mann, der fünfundvierzig Minuten zuvor die Gaststätte betreten hatte. Als er sich langsamen Schrittes entfernte, musste sie ihm einfach folgen. Er wirkte gehetzt –, ging langsam und mit gesenktem Kopf. Sorgsam achtete sie darauf, gebührenden Abstand zu halten.
    Nicht ein einziges Mal hob er den Kopf, schien jedoch genau zu wissen, wohin er wollte. Sie erkannte schnell, dass er nicht auf dem Weg nach Heleneborg, seinem Haus im Stadtteil Södermalm, war. Stattdessen setzte er seinen Weg durch das Klara-Viertel und anschließend Richtung Norrmalm fort.
    Mehrfach kamen ihr Zweifel, ob es wirklich richtig war, ihm so zu folgen, aber jedesmal redete sie sich ein, dass sie

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