Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
fand.
Unglücklicherweise war er dabei zwischen die Fronten geraten.
Und Vivian ebenfalls. Wenigstens sie musste aus der Gefahrenzone heraus. Sie und sein Kind.
»Ich sehe das ebenso«, sagte er möglichst ruhig. »Vivian hat mit der ganzen Sache nichts zu tun. Lassen Sie sie gehen. Schließlich bleibe immer noch ich als Faustpfand.«
Seine Worte wurden ignoriert.
Stattdessen wandte sich Artemis an Northfield. »Ihr seid clever wie immer«, sagte er mit schmalem Lächeln. »Ihr habt diesen Schachzug vorausgesehen.«
»Nachdem wir uns so viele Jahre als Gegner gegenüberstanden, weiß ich ziemlich gut, wie Sie denken.« Northfield rührte sich nicht und verschmolz fast mit den Bäumen im Hintergrund. »Haben Sie etwa geglaubt, ich würde nicht versuchen, meinen schlimmsten Feind zu verstehen, damit ich seine Schritte vorhersehen kann?«
»Euren schlimmsten Feind? Ich fühle mich geschmeichelt. Ihr habt ohne jeden Zweifel viele Feinde.«
»Als Schmeichelei war das absolut nicht gedacht.«
»Nun denn, dann sagt mir wenigstens, was als Nächstes passiert. Oder wisst Ihr das nicht?« Artemis neigte den Kopf leicht zur Seite, seine Miene blieb undurchdringlich.
»Ich soll für den Tod Ihres Bruders büßen.«
Aha, dachte Lucien, das erklärte endlich, was dahintersteckte.
»In der Tat, aber das beantwortet meine Frage nicht.«
Aus dem Augenwinkel sah Lucien, dass Vivian sich bewegte. Nicht viel, nur ein paar Zentimeter. Leider bewegte sie sich zur Mitte der Lichtung, statt sich von ihr zu entfernen. Ausgerechnet jetzt, wo Artemis sich zu sehr auf Northfield konzentrierte, um sie dauernd im Auge zu haben, kam sie näher.
Tu’s nicht.
» Mag sein, dass Sie Ihr Ziel erreichen, doch das hier hat nichts mit Lord Stockton oder Miss Lacrosse zu tun. Warum soll es Zeugen unserer Unterhaltung geben?«
Artemis hatte gar nicht vor, irgendwelche Zeugen am Leben zu lassen. Lucien erinnerte sich lebhaft daran, wie er in dem sonnendurchfluteten Raum über dem Strand von Menorca gestanden hatte, und begriff, was ihm blühte, und sich daraufhin halsbrecherisch aus dem Fenster stürzte. Und jetzt verspürte er noch weniger Verlangen danach, sich so einfach ermorden zu lassen. Und ganz besonders galt das für Vivian und sein Kind.
»Was werden wir schon groß Geheimnisvolles zu besprechen haben?« Artemis verzog geringschätzig den Mund. »Eure Vergangenheit? Wie Ihr durch Spanien gehuscht seid, immer zwischen den Linien hindurch, immer auf eigene Faust und nach eigenen Regeln. Wellington hat Euch sehr geschätzt.«
»Ich habe ihm Geheimdienstinformationen beschafft.«
»Ihr habt ihm meinen Bruder ausgeliefert.«
»Weil er ein Verräter war.«
Es knackte leise unter Vivians Schuhen. Lucien beobachtete, wie sie unaufhörlich näher kam. Wenn sie nur einen Funken Verstand besaß, würde sie fliehen.
Zum ersten Mal warf Northfield ihm einen Blick zu. Undurchdringlich. Reglos. Er konnte daraus nichts entnehmen, nicht den geringsten Hinweis, was er tun sollte.
Das alles gehörte nicht in sein Leben. Spione und Intrigen … Gott möge ihm beistehen, dachte Lucien und schaute wieder fragend Northfield an.
Und plötzlich begriff er oder meinte zu begreifen.
Lenk ihn ab .
Das war es, was Northfields Blick ihm signalisierte.
Wie um alles in der Welt sollte er das machen?
»Was ist passiert?« Seine Frage hallte über die Lichtung. »Ich wüsste zumindest gerne, worum es hier geht.« Er trat einen Schritt nach vorn. »Ich verlange eine Erklärung.«
Artemis’ Waffe schwenkte in seine Richtung. »Stehen bleiben!«
Er folgte dem Befehl, hob die Hände, die Handflächen nach vorn gedreht.
Von seiner Position aus konnte er Vivian kaum sehen, doch er wagte nicht, ihr etwas zuzurufen, verfluchte weiterhin stumm ihre Eigenmächtigkeit, mit der sie sich unnötig in Gefahr brachte. Sie sollte besser sofort verschwinden! Wo war sie bloß?
In diesem Moment sah er, wie ein kräftiger Schlag auf Artemis’ Kopf landete, der ihn ins Wanken brachte, und bevor er Gebrauch von seiner Waffe machen konnte, setzte ihn ein zweiter Schlag außer Gefecht.
Und dann erkannte Lucien, wer dieses Wunder vollbracht hatte. Plötzlich kam seine ungehorsame Verlobte ins Blickfeld und schwang in ihren Händen einen kräftigen Ast. Offenbar ein ziemlich hartes Holz.
Triumphierend baute sie sich über dem am Boden liegenden Schurken auf. »Haben Sie etwa das Gewächshaus zerstört? Wissen Sie eigentlich, was Sie damit angerichtet haben?«
Ihre
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