Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
Empörung über die Zerstörung der Pflanzen schien grenzenlos zu sein, denn erneut hob sie den Knüppel. Lucien, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte, sprang rasch dazwischen, bevor sie weiter auf den halb bewusstlosen Mann eindrosch.
»Das genügt, mein Schatz«, sagte er, als er ihr in den Arm fiel. »Ich glaube, du hast deinen Standpunkt mehr als deutlich dargelegt. Es ist nicht nötig, ihn zu verstümmeln oder umzubringen. Soll der Friedensrichter entscheiden, was mit ihm passiert, einverstanden?«
Smaragdgrüne Augen blitzten im Sonnenlicht. Tränen schimmerten darin, und er wusste nicht zu sagen ob aus Erleichterung über ihrer beider Rettung oder aus Trauer um die hingemordeten Pflanzen.
Jedenfalls flüsterte sie ihm mit erstickter Stimme zu: »Er hat alles getötet.«
»Das wissen wir noch gar nicht.« Er bemühte sich, sie zu beruhigen. »Wir müssen uns den Schaden in Ruhe ansehen. Außerdem pflanzt ihr doch ständig um, und da sind bestimmt einige heil geblieben.«
»Ich hoffe, dass du recht hast.«
Nur widerstrebend gab sie ihre Waffe her und warf dem Mann am Boden einen letzten vernichtenden Blick zu.
Northfield trat hinzu, die Pistole noch immer auf Artemis gerichtet. »Ich wünschte, ich hätte den Anschlag auf euch verhindern können. Lily hätte bestimmt kein Wort mehr mit mir gesprochen, wenn einer von euch beiden zu Schaden gekommen wäre.«
»Zum Glück hat es bloß ihn getroffen«, meinte Lucien erleichtert und zog Vivian in seine Arme. »Man darf eben niemals einer fanatischen Botanikerin drohen.«
»Auf den ersten Blick wirkt sie gar nicht so gefährlich … Trotzdem werde ich deine Warnung beherzigen.« Northfield kniete sich hin, um Artemis die Hände mit einem Seil zu fesseln, das er aus der Tasche zog. Offensichtlich waren selbst ehemalige Spione stets auf alle Eventualitäten vorbereitet. »Ich bleibe hier, Stockton, wenn du so gut bist, mindestens zwei kräftige Diener herzuschicken, die mir helfen, unseren Gast an einen sicheren Ort zu geleiten.«
Das Chaos war rasch beseitigt dank der vielen fleißigen Hände, die den ganzen Tag aufräumten. Auch das gesamte Hauspersonal packte mit an. Provisorisch wurden die zersplitterten Scheiben des Gewächshauses durch Stoffbahnen ersetzt, und bald waren die schlimmsten Spuren beseitigt.
Vivian stand am Fenster des Salons und blickte hinaus in den ruhigen Garten.
»Ich frage mich, ob unsere Kinder das später glauben werden«, sagte Louisa hinter ihr. »Stell dir vor, wir erzählen ihnen von den verrückten Ereignissen, die sich abspielten, während wir auf ihre Geburt warteten.«
»Du meinst, wenn wir ihnen von Verrätern, Rächern und Spionen erzählen, die uns umbringen wollten und nicht zuletzt unschuldige Pflanzen vernichteten?« Vivians Stimme klang ironisch, doch es waren durchaus denkwürdige Erlebnisse gewesen.
»Gibt es etwa Pflanzen, die nicht unschuldig sind?«, provozierte Louisa ihre Schwägerin, während ihre Augen mutwillig blitzten.
»Aber ja, es gibt in der Tat einige Giftpflanzen. Andere verströmen einen alles andere als angenehmen Geruch, und viele Pflanzen haben sehr spitze Dornen. Allerdings beschäftigen wir uns mit solchen Exemplaren so gut wie nicht, weshalb meine Behauptung, dass es sich um unschuldige Pflanzen handelte, ihre Berechtigung hat. Wo steckt Charles eigentlich? Von allen Männern in diesem Haus vertraue ich ihm am ehesten, wenn ich die Wahrheit wissen will.«
»Mehr als Lucien?«
Sie kniff die Augen zusammen. »Lucien ist schwerer zu durchschauen, und Charles kenne ich eben seit Ewigkeiten. Bei ihm merke ich sofort, wenn er schwindelt.«
»Sie behauptet, ich würde die Lippen dann irgendwie verziehen.« Die Männerstimme kam von der Tür. »Ich weiß nicht, ob das stimmt oder ob sie mich einzuschüchtern versucht, indem sie so tut, als verfüge sie über hellseherische Kräfte. So wie damals, als sie mir hoch und heilig versicherte, sie könne fliegen, und mich ebenfalls überredete, einen Versuch zu wagen. Ich habe mir damals beim Sprung von diesem Baum den Knöchel gebrochen.«
Es tat gut, ihn zu sehen. »Du warst als Kind eben ziemlich leichtgläubig, und das ist wohl kaum meine Schuld.«
»Wie geht es deinem Vater?« Besorgt schaute Louisa ihren Mann an. »Es war ein schrecklicher Tag.«
»Für alle. Geht es dir gut?« Sofort war Charles an ihrer Seite und kniete vor dem Sessel. »Vielleicht solltest du dich lieber hinlegen.«
»Sie bekommt ein Kind, Charles. Krank ist sie
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