Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
er. Ums Verrecken nicht. Er fand sie damals amüsant in ihrer Unverfrorenheit, und ihre unverhüllte Sinnlichkeit faszinierte ihn. Zweifellos war sie eine talentierte Mätresse … Ob sie überhaupt zur Ehefrau taugte, das wagte er zu bezweifeln. Für ihn hatte das sowieso nie zur Diskussion gestanden.
»Vielleicht«, entgegnete er leise, »hast du einfach nie mehr von mir kennengelernt als meinen Schwanz. Aber das überrascht wohl keinen von uns, oder?«
Er sah ihr an, dass sie seine Bemerkung nicht zu entschlüsseln wusste. Sie entschied sich, darüber zu lachen, anstatt beleidigt zu reagieren. »Zumindest ist es ein ansehnliches Teil.«
»Das schmeichelt mir.«
»Pah. Als würde dir irgendetwas schmeicheln. Warum nur hatte ich den Eindruck, dein Bruder würde das Lacrosse-Mädchen heiraten?«
Erst war sie ein Geschöpf und jetzt ein Mädchen . Er sollte Catherine langsam in ihre Schranken weisen, doch brachte das nichts. Außer dass es ihren Besuch unnötig in die Länge zog.
»Warum genau bist du hier?«
»Mein Lieber … die Leute reden.«
Das zusammen mit ihrem Erscheinen zu einer unchristlichen Uhrzeit war bezeichnend. Sie wollte mehr wissen als die anderen. Mitreden können.
»Das tun die Leute immer.«
»Über dich? Eigentlich nicht. Bei dir sind die Privatangelegenheiten in der Regel wirklich privat. Selbst als wir zusammen waren, hast du auf Diskretion bestanden.«
Lucien lehnte sich zurück. »Das habe ich jedenfalls versucht. Wenn ich mich allerdings an all die Gerüchte erinnere, hast du nicht unbedingt wie eine Dame gehandelt, meine liebe Cat. Wer ist jetzt derjenige von uns, der nichts von Anstand hält?«
Sie winkte unwillig ab, während sie sich sinnlich in ihrem Sessel räkelte. »Daraus habe ich mir nie was gemacht.«
Wohl wahr, sie konnte es sich leisten als Tochter eines steinreichen Bankiers, dem halb London gehörte. Vermutlich verdankte sie dem väterlichen Vermögen sogar ihren Aufstieg in den Adelsstand, denn sie war die Witwe eines ältlichen Viscounts.
»Einigen macht es aber etwas aus«, informierte er sie. Er musste an seinen Vater denken, der manches Mal an Charles’ zügellosem Lebenswandel Anstoß genommen hatte, obwohl die Gerüchte über seinen Bruder vermutlich erheblich übertrieben. Und Lucien selbst verhielt sich nach Möglichkeit ohnehin so, dass nicht halb England über sein Privatleben redete.
Und zu denen gehörte Catherine. Ihm war klar, was in ihr vorging. Sie fühlte sich gekränkt, weil er sich mit einer anderen verlobt hatte, und er musste vermeiden, dass sie Unfrieden stiftete.
»Ich denke, du solltest deine Besuche künftig auf die nachmittägliche Teestunde beschränken, falls es in diesem Haus eine gibt. Was, da ich dieses Ritual eher verabscheue, nicht allzu oft der Fall sein dürfte.«
»Du bist nicht besonders subtil, Lucien.«
Er lächelte frostig. »Das habe ich auch gar nicht versucht.«
»Deine Botschaft ist angekommen.« Catherine war nicht dumm. Sie kniff die Augen leicht zusammen und ordnete beiläufig die Falten ihres Rockes. »Ich habe bisher nicht gewusst, dass in dir ein Beschützerinstinkt schlummert.«
Er hätte so tun können, als verstünde er nicht, was sie meinte. Doch dazu kannten sie einander zu gut. »Ich mache mir offen gestanden Sorgen um die Gefühle meiner Braut.«
»Warum heiratest du sie überhaupt?«
»Weil ich es wünsche.«
»Ach, komm.«
Ihr Spott ärgerte ihn, und er begann zu ahnen, unter welchem Ausmaß an Missachtung Vivian vier lange Jahre leiden musste.
»Ist das so unmöglich?«
»Für einen Mann wie dich schon.«
»Und wenn ich dir sage, dass du mich offenbar nie richtig eingeschätzt hast?«
»Darf ich im Gegenzug anmerken, dass du völlig untypisch gereizt reagierst?«
Er atmete tief ein, warf ihr einen missbilligenden Blick zu und stützte die Hände auf den Schreibtisch. »Darf ich noch einmal fragen, was genau der Grund für deinen Besuch ist?«
»Ich glaube, ich wollte es einfach von dir erklärt bekommen. Also, warum?«
Damit sie in ganz London darüber tratschen konnte? Lucien dachte sorgfältig über seine Antwort nach, denn was auch immer er jetzt sagte oder tat, würde in den kommenden Tagen kolportiert, interpretiert und verdreht, bis die Geschichte bis zur Unkenntlichkeit verändert sein würde. Und leider würde das sogar passieren, falls er schwieg und sie einfach wegschickte.
»Ich finde sie interessant«, sagte er schließlich. Was absolut der Wahrheit entsprach. »Sie ist
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