Ein unwiderstehliches Angebot: Roman (German Edition)
Schultern. »Lou, nicht. Alles wird gut. Es wird alles gut, das verspreche ich dir.«
Er hatte ja keine Ahnung.
Charles war es gewöhnt, das Leben leichtzunehmen, weil er sich bislang immer auf der Sonnenseite befunden hatte. Louisa war anders und betrachtete die Dinge realistischer. Trotzdem hatte es keinen Sinn, jetzt in Panik zu verfallen, dafür war es zu spät. Ihr Problem bestand darin, dass sie sich nicht nur vor dem respekteinflößenden Duke, sondern mehr noch vor ihrem strengen Vater fürchtete, dem sie bald gegenübertreten musste. Es würde sie nicht überraschen, wenn er sie aus dem Kreis seiner Familie verbannte, weil sie sich an ein Mitglied des sittenlosen Adels weggeworfen hatte. In seinen Augen eine unverzeihliche Sünde. Natürlich bereitete es ihr zudem Unbehagen, dass Charles ihretwegen vielleicht auf sein sorgloses Leben verzichten musste. Als seine Ehefrau sollte sie ihm Freude bereiten und nicht daran schuld sein, dass seine Familie ihn verstieß und er zum Gespött der Gesellschaft wurde.
Das alles hatte sie im Überschwang romantischer Gefühle nicht bedacht.
Jetzt mussten sie irgendwie klarkommen. Sie schluckte die Tränen hinunter und löste sich aus seiner Umarmung. »Entschuldige bitte. Ich habe keine Ahnung, was mit mir passiert ist. Sonst weine ich eher selten.«
Ihr Ehemann, der mit den zerzausten dunklen Haaren so unglaublich gut aussah, wischte zärtlich die Tränen von ihren Wangen. Besorgt musterte er sie.
»Wir müssen nicht heute abreisen, falls du lieber noch ein wenig bleiben willst.«
»Nein. Du hast recht, wir sollten zurückfahren. Irgendwann müssen wir uns schließlich der Situation stellen. Vielleicht wird es ja wirklich nicht so schlimm, wie ich es mir ausmale.«
»Es gibt im Leben nur weniges von großem Wert, das leicht zu erringen ist.« Er lächelte ironisch. »Das sagt mein Vater gerne, und ich werde ihn daran erinnern, wenn ich ihm gegenübertrete.«
Er erhob sich und ging zu einem Stuhl, über den er nachlässig seinen Samtmantel geworfen hatte, zog ein Taschentuch hervor und brachte es ihr. »Ich habe länger geschlafen als beabsichtigt. Also bade ich rasch und ziehe mich an. Dann kümmere ich mich um den Gastwirt, und anschließend machen wir uns auf den Weg.«
Louisa nickte tapfer. Sie würde dieses gemütliche Zimmer und das idyllische kleine Dorf vermissen. Aber jedes Märchen ging einmal zu Ende. Jetzt war es an der Zeit, sich dem Leben zu stellen.
Tief in ihrem Herzen war sie letztlich eine pragmatische Frau.
Eine Stunde später saßen sie in der Kutsche, die Charles vor ihrer Flucht gemietet hatte. Der Kutscher legte eine unerschütterliche Fröhlichkeit an den Tag, die selbst das schlechte Wetter nicht zu trüben vermochte, und Louisa vermutete fast, dass er für diese Fahrt ein erkleckliches Sümmchen bekommen hatte. Bald würden sie sich solche Extravaganzen vielleicht nicht mehr leisten können. Mit bangem Herzen dachte sie daran, was sie zu Hause erwartete. Vielleicht war Charles ja bereits enterbt worden. Woher wollte er wissen, dass sein Vater das nicht tun würde? Er hatte ja nicht einmal versucht, mit ihm über seine Liebe zu ihr zu reden.
Das sagte doch eigentlich alles, fand sie.
Alle Männer, die sie von früher kannte, übten einen Beruf aus. Charles nicht, obwohl er in Eton und Cambridge studiert hatte. Es reichte, der Sohn eines Dukes zu sein. Sie wusste praktisch gar nichts von dem Leben, das er führte. Er erzählte kaum etwas, und so direkt ausfragen wollte sie ihn nicht. Sie musste behutsam vorgehen.
»Du hast mir mal von deinem Besitz in Sussex erzählt«, tastete sie sich heran.
Er saß mit ausgestreckten Beinen auf der gegenüberliegenden Bank. Fragend sah er sie an. »Ja, was ist damit?«
»Werden wir dort leben?« Sie fand, zumindest das sollte sie wissen.
»Dort habe ich nie gewohnt.«
Das war genau das Problem, mit dem sie sich herumschlug. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, in einem herzoglichen Haushalt zu leben, umgeben von Dienern, und eine Vielzahl von Gütern und Herrenhäusern zu besitzen, in denen man sich nie aufhielt …
»Ich bin gerne auf dem Land«, erklärte sie und faltete die Hände im Schoß. Die Kutsche holperte über die vom Regen aufgeweichte Straße.
»Du bist an das Leben auf dem Land gewöhnt«, korrigierte er sie mit einem liebevollen Lächeln. »In London wird es dir auch gefallen, Liebes. Das verspreche ich dir.«
»Sogar Miss Lacrosse verabscheut es, wie du mir erzählt
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