Ein Vampir für alle Fälle
um die Ohren«, erwiderte Eric mit einem Anflug von Rechtfertigung. »Und außerdem ist der neue König zurzeit mein Gast.«
Sam murmelte etwas vor sich hin, das verdächtig klang wie: »Scheiß Vampire.«
Das war total unfair. Ich hatte erwartet, von Mitgefühl nur so überschüttet zu werden, wenn ich endlich den Grund für meine schlechte Laune nannte. Und jetzt waren Sam und Eric derart genervt voneinander, dass keiner von beiden auch nur einen Gedanken an mich verschwendete. »Na danke, Jungs«, sagte ich. »Was hatten wir für Spaß. Und Eric, so eine Hilfe - vielen Dank für die warmen Worte.« Und dann verließ ich in, wie meine Großmutter gesagt hätte, gerechter Empörung das Büro. Ich marschierte in die Bar hinein und bediente meine Gäste mit so grimmiger Miene, dass manche Leute fast Angst hatten, mich an ihren Tisch zu rufen und noch einen Drink zu bestellen.
Ich beschloss, die Flächen hinter dem Tresen selbst sauberzumachen, da Sam immer noch im Büro war mit Eric ... vielleicht war Eric aber auch schon durch den hinteren Ausgang gegangen. Ich wischte und polierte, zapfte ein paar Bier für Holly und räumte alles so penibel weg, dass Sam wohl Probleme haben würde, einige Dinge wiederzufinden. So etwa ein, zwei Wochen lang.
Schließlich kam Sam und nahm seinen Platz wieder ein, sah sich missmutig wortlos um und gab mir mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass ich zum Teufel noch mal hinterm Tresen verschwinden solle. Meine schlechte Laune steigerte sich weiter.
Manchmal gibt's eben nichts Schlimmeres, als wenn Leute einen unbedingt aufheitern wollen, oder? Möglichst noch, wenn man gerade beschlossen hat, dass einem überhaupt gar nichts auf der Welt helfen kann. Sam hatte mir Eric wie so eine dämliche Glückspille verabreichen wollen, und jetzt war er sauer, dass ich die Pille nicht geschluckt hatte. Tja, statt dankbar zu sein, dass Sam sich so viel aus mir machte, dass er sogar Eric anrief, nahm ich ihm seinen Versuch übel.
Meine Laune war wirklich auf dem Tiefststand.
Quinn war weg. Ich hatte ihn selbst vertrieben. Dummer Fehler oder weise Entscheidung? Das Urteil stand noch aus.
Eine Menge Werwölfe waren in Shreveport wegen Priscilla gestorben, und ich hatte sie sterben sehen. Das hängt einem ganz schön nach, kann ich nur sagen.
Eine Vielzahl Vampire war tot, darunter einige, die ich ziemlich gut gekannt hatte.
Mein Bruder war ein hinterhältiger, manipulierender Mistkerl.
Und mein Urgroßvater würde niemals mit mir zum Angeln gehen.
Okay, jetzt wurde ich albern. Und plötzlich musste ich lächeln, weil ich mir den Elfenprinzen in alten Jeanslatzhosen und mit Baseballkappe der Bon Temps Hawks auf dem Kopf vorstellte, in der einen Hand eine Blechdose mit Würmern und in der anderen ein paar Angelruten.
Ich fing Sams Blick auf, als ich einen Tisch abräumte, und zwinkerte ihm zu.
Er wandte sich ab, kopfschüttelnd, doch ich konnte den Anflug eines Lächelns in seinen Mundwinkeln erkennen.
Und einfach so war meine schlechte Laune, zumindest offiziell, vorbei. Mein Verstand setzte wieder ein. Es hatte keinen Sinn, mich selbst noch länger wegen dieser Sache in Hotshot herunterzumachen. Was ich getan hatte, hatte ich tun müssen. Calvin verstand das besser als ich. Mein Bruder war ein Arschloch und Crystal eine Hure. Das war nun mal so. Zugegeben, die beiden waren unglücklich und führten sich so unmöglich auf, weil sie mit dem falschen Partner verheiratet waren. Aber sie waren auch beide nachweislich Erwachsene, und ich konnte ihre Ehe genauso wenig retten, wie ich sie hatte verhindern können.
Die Werwölfe hatten ihre Probleme auf ihre eigene Weise gelöst, und ich hatte mein Bestes getan, um ihnen zu helfen. Die Vampire, dito... irgendwie.
Okay, ganz vorbei war meine schlechte Laune nicht. Aber sie war wieder gut genug.
Und so war ich nicht mehr ganz so genervt, als ich nach Arbeitsschluss Eric neben meinem Auto warten sah. Er schien die Nacht zu genießen, so ganz allein hier draußen in der Kälte. Ich selbst fror, weil ich nicht warm genug angezogen war. Die Fleecejacke war nicht besonders dick.
»Es tut gut, mal eine Weile allein zu sein«, sagte Eric unerwartet.
»Im Fangtasia bist du vermutlich immer von Leuten umgeben«, erwiderte ich.
»Von Leuten, die etwas von mir wollen«, ergänzte er.
»Aber das gefällt dir doch, oder? Den großen Meister zu geben«, spöttelte ich.
Eric sah aus, als würde er ernsthaft darüber nachdenken. »Ja, es gefällt mir. Ich
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