Ein Vampir für alle Fälle
und reichte Felipe helfend die Hand. Der Vampir ergriff sie, und als auch er aufrecht stand, stellte er sich Sam vor, der sich automatisch ebenfalls vorstellte.
»Miss Stackhouse«, sagte der König. »Ich stehe in Ihrer Schuld.«
Das war verdammt direkt.
»Schon okay«, erwiderte ich mit einer Stimme, die längst nicht so ruhig klang, wie sie sollte.
»Ich danke Ihnen sehr«, sagte Castro. »Und sollte der Schaden an Ihrem Auto nicht zu reparieren sein, wäre es mir eine Freude, Ihnen ein neues zu kaufen.«
»Oh, danke.« Für das Angebot war ich ihm wirklich dankbar. Ich stand ebenfalls auf. »Ich werde versuchen, damit heute Abend noch nach Hause zu kommen. Aber wie soll ich den Schaden erklären? Glauben Sie, die in der Werkstatt nehmen mir ab, dass ich einen Alligator überfahren habe?« So etwas passierte gelegentlich. War es verrückt, sich zuerst wegen der Autoversicherung Sorgen zu machen?
»Das erledigt Dawson für dich«, meinte Sam. Seine Stimme klang genauso seltsam wie meine. Auch er hatte gedacht, er würde sterben. »Ich weiß, dass er eigentlich Motorräder repariert, aber er kann sicher auch dein Auto wieder in Ordnung bringen.«
»Veranlassen Sie alles Notwendige«, sagte Castro großzügig. »Ich werde dafür aufkommen. Eric, wären Sie wohl so gut, mir zu erklären, was hier gerade geschehen ist?« Sein Ton war jetzt bedeutend schärfer.
»Sie sollten Ihre Leute um eine Erklärung bitten«, gab Eric mit einiger Berechtigung zurück. »Haben die nicht gesagt, Sigebert, der Bodyguard der Königin, wäre tot? Dabei ist er doch hier.«
»Da haben Sie völlig recht.« Castro sah auf den sich zersetzenden Körper. »Das also war der legendäre Sigebert. Nun ist er wenigstens wieder mit seinem Bruder Wybert vereint.« Was den König irgendwie zu freuen schien.
Ich hörte zum ersten Mal, dass die beiden Brüder berühmt waren unter den Vampiren. Einzigartig waren sie auf jeden Fall gewesen. Ihre Muskelberge, ihr gebrochenes, einfaches Englisch, ihre vollkommene Ergebenheit der Frau gegenüber, die sie vor Hunderten von Jahren zu Vampiren gemacht hatte - klar, jeder rechtschaffene Vampir würde diese Story lieben. Geschwächt sackte ich in mich zusammen, doch schneller, als ich gucken konnte, hatte Eric mich aufgefangen. Hach, ein richtiger Scarlett-und-Rhett-Moment, der nur ein wenig darunter litt, dass da noch zwei weitere Männer standen, wir uns auf einem trostlosen Parkplatz befanden und ich mich über den Schaden an meinem Auto ärgerte. Und außerdem mehr als nur ein wenig schockiert war.
»Wie konnte Sigebert eigentlich gleich drei starke Männer auf einmal überwältigen?«, fragte ich. Es machte mir nichts aus, dass Eric mich noch immer in den Armen hielt. Da konnte ich mich mal wie eine schwache Südstaatenschönheit fühlen, das kam ja nicht allzu häufig vor.
Ein Moment lang herrschte verlegenes Schweigen.
»Ich stand mit dem Rücken zu den Bäumen«, begann Castro. »Und er hielt die Ketten zum Wurf bereit wie ein... Sie benutzen fast dasselbe Wort. Lazo .«
»Lasso«, sagte Sam.
»Ah, Lasso. Das erste warf er um mich, und ich habe mich sehr erschrocken. Doch ehe Eric ihn angreifen konnte, hatte er auch ihn bezwungen. Der Schmerz vom Silber... Sigebert hatte uns sehr schnell gefesselt. Und als er -«, Castro nickte zu Sam hin, »- uns zu Hilfe eilte, hat Sigebert ihn k. o. geschlagen und mit einem Strick an den Pick-up gefesselt.«
»Wir waren zu sehr in unser Gespräch vertieft, um wachsam zu sein«, sagte Eric ziemlich erbittert, und ich verkniff mir jede Bemerkung. Ich beschloss, einfach den Mund zu halten.
»Die reine Ironie, hm, dass wir uns von einem Menschen retten lassen mussten«, sagte der König unbekümmert. Genau der Gedanke, den ich beschlossen hatte nicht auszusprechen.
»Ja, sehr amüsant«, erwiderte Eric in einem furchtbar unamüsierten Ton. »Warum bist du eigentlich zurückgekommen, Sookie?«
»Ich habe deine... äh, Wut über den Angriff gespürt.« Ich sagte »Wut«, um Eric »Verzweiflung« zu ersparen.
Der König war ganz Ohr. »Ah, Blutsbande. Wie interessant.«
»Nein, nicht wirklich«, sagte ich. »Sam, würdest du mich vielleicht doch besser nach Hause fahren? Ich frage mich ja nicht, wo die Herren Vampire ihre Autos haben oder ob sie geflogen sind. Aber ich frage mich schon, woher Sigebert wusste, wo er Sie finden konnte.«
Felipe de Castro und Eric hatten fast die gleiche Miene tiefer Nachdenklichkeit aufgesetzt.
»Das werden wir
Weitere Kostenlose Bücher