Ein Vampir für alle Fälle
mal diese Blutsbande.«
Eine Weile antwortete Eric nicht, doch dann sagte er: »Es gibt noch andere Gründe, weshalb du mich an dem Tag, als das Hotel in die Luft flog, geweckt hast. Aber darüber reden wir ein andermal. Du hast einen wichtigen Abend vor dir.«
Ja, Boss , erwiderte ich schnippisch - wenn auch nur für mich.
Wir fuhren in einen Stadtteil von Shreveport, den ich kaum kannte, abseits des Haupteinkaufszentrums, das mir einigermaßen vertraut war. Es war eher eine Gegend, wo die Häuser groß, die Rasen gepflegt und die Läden klein und teuer waren ... das, was Kaufleute gern als »Boutique« bezeichneten. Wir bogen in eine L-förmige Straße ein, in der sich viele solcher Geschäfte aneinanderreihten und an deren kürzerem Ende sich ein Restaurant namens Les Deux Poissons befand. Es parkten etwa acht Wagen davor, von denen jeder Einzelne so viel kostete, wie ich im ganzen Jahr verdiente. Beklommen sah ich an meiner Kleidung herab.
»Keine Sorge, du bist sehr hübsch«, sagte Eric leise, beugte sich zu mir herüber und löste (was mich doch sehr wunderte) meinen Gurt. Dann gab er mir noch einen Kuss, diesmal auf den Mund. Seine strahlend blauen Augen leuchteten in seinem weißen Gesicht. Er sah aus, als läge ihm eine ganze Geschichte auf der Zunge. Doch er schluckte sie herunter, stieg aus dem Auto und kam auf meine Seite herüber, um mir die Tür aufzuhalten. Vielleicht war ich nicht die Einzige, auf die diese Blutsbande eine seltsame Wirkung ausübten?
An seiner Anspannung erkannte ich, dass mich sehr bald schon ein wichtiges Ereignis erwartete, und ich bekam es mit der Angst zu tun. Eric ergriff meine Hand, als wir zum Restaurant hinübergingen, und strich mir abwesend mit dem Daumen über die Handinnenfläche. Hui, was war denn das!? Von meiner Handfläche schien es ja eine direkte Verbindung zu meiner, meiner ... äh, Muschi zu geben.
Wir traten ins Foyer, wo ein Springbrunnen sprudelte und ein Wandschirm die Sicht auf die Tische verdeckte. Die Frau am Empfang war schwarz und wunderschön, ihr Haar lag kurz rasiert am Kopf an. Sie trug ein raffiniert gerafftes Kleid in Orange und Braun und die höchsten High Heels, die ich je gesehen hatte. Da hätte sie auch gleich in die Spitzenschuhe einer Ballerina schlüpfen können. Ich sah sie mir genauer an und prüfte ihre Gedankenstruktur. Sie war ein Mensch. Mit einem strahlenden Lächeln begrüßte sie Eric, war aber klug genug, auch mich nicht zu vergessen.
»Ein Tisch für zwei?«, fragte sie.
»Wir sind mit jemandem verabredet«, sagte Eric.
»Oh, der Gentleman...«
»Ja.«
»Hier entlang, bitte.« Ihr Lächeln wich einem Blick, in dem beinahe so etwas wie Neid lag, und dann ging sie uns voraus in die Tiefen des Restaurants. Eric bedeutete mir mit einer Geste, ihr zu folgen. Der Innenraum war ziemlich dunkel, und Kerzen flackerten auf den Tischen, die mit schneeweißen Tüchern und kunstvoll gefalteten Servietten dekoriert waren.
Ich hatte meinen Blick auf den Rücken der Empfangsdame geheftet, und als sie stehen blieb, verstand ich nicht sofort, dass wir unseren Tisch erreicht hatten. Sie trat einen Schritt zur Seite. Und da sah ich mich dem schönen Mann gegenüber, der vor zwei Nächten auf der Hochzeit gewesen war.
Die Empfangsdame drehte sich auf ihren Absätzen herum und deutete mit der Hand auf den Stuhl zur Rechten des Mannes. Dort sollte ich Platz nehmen. Der Kellner würde sofort zu uns kommen, sagte sie. Der Mann erhob sich und zog den Stuhl für mich unter dem Tisch hervor. Ich drehte mich nach Eric um, der mir aufmunternd zunickte. Und so setzte ich mich, während der Mann mir mit perfektem Timing den Stuhl unter den Hintern schob.
Eric setzte sich nicht. Ich wollte, dass er mir all das hier erklärte, doch er sprach kein Wort. Er wirkte andächtig, beinahe traurig.
Der schöne Mann betrachtete mich aufmerksam. »Kind«, sagte er, damit ich ihn ansah. Dann strich er sein langes goldblondes Haar zurück. Keiner der anderen Gäste saß so, dass sie zu sehen bekamen, was er mir zeigte.
Seine Ohren liefen spitz zu. Er war ein Elf.
Ich kannte zwei andere Elfen. Aber sie gingen Vampiren um jeden Preis aus dem Weg, weil der Geruch der Elfen auf Vampire genauso berauschend wirkte wie der von Honig auf Bären. Ein Vampir mit einem besonders fein ausgeprägten Geruchssinn hatte mir sogar einmal gesagt, dass ich selbst einen Hauch Elfenblut in mir hätte.
»Okay«, sagte ich, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich die Ohren bemerkt
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