Ein Vampir fuer alle Sinne
bringst, kümmere ich mich in der Zwischenzeit um Jeanie und Paul.«
»Ja, natürlich.« Julius erhob sich von seinem Stuhl und führte die beiden Männer aus dem Raum.
Nachdem sie gegangen waren, sah Marguerite Jeanne Louise an und lächelte sanft. »Sollen wir dann?«
Jeanne Louise zwang sich ihrerseits zu einem Lächeln und stand auf. Ihr Gesichtsausdruck nahm jedoch einen entspannteren Zug an, als Paul nach ihrer Hand griff. Er sah zu Livy und hielt ihr seine freie Hand hin. Das Mädchen kletterte vom Stuhl, nahm den schlafenden Boomer auf den Arm und kam zu Paul, dann folgten sie wie eine Familie Marguerite nach draußen in den Flur.
»Ach, Jeanie, Mirabeau bringt Kleidung aus deiner Wohnung mit, und Paul, Lucian hat alles arrangiert, damit deine und Livys Sachen auch hergebracht werden. Das sollte wohl alles im Lauf des Nachmittags eintreffen«, ließ Marguerite sie wissen, als sie nach oben gingen. »Wenn ihr sonst noch etwas benötigt, können wir morgen ja bei euch zu Hause vorbeifahren.«
»Dann sind wir keine Gefangenen?«, fragte Jeanne Louise ironisch.
»Was?« Sie drehte sich völlig überrascht um. »Aber nein, natürlich nicht. Ihr seid unsere Gäste. Wir werden euch mit Livy helfen, während ihr beide euch überlegt, was ihr machen wollt. Ihr müsst euch über viele Dinge Gedanken machen … ob ihr zusammenleben wollt … ob ihr heiraten wollt … wo ihr leben wollt, wenn ihr heiratet. Wo Livy am besten leben kann, ob ihr irgendwo hinzieht, wo sie eine Schule besuchen kann, oder ihr hier in Toronto bleibt und sie zu Hause unterrichten lasst.«
»Wo könnte Livy denn wie ein normales Kind eine Schule besuchen?«, wollte Paul wissen.
»In Port Henry«, antwortete Marguerite. »Dort sind Unsterbliche weitestgehend willkommen, und Lucian hat sich dafür eingesetzt, dass unsere Art da noch stärker akzeptiert wird, damit unsere Kinder eine normalere Kindheit verbringen können. Die meisten Unsterblichen wachsen sonst nämlich allein auf, weil sie keine annähernd gleichaltrigen Geschwister haben. Daher lernen sie nicht den Umgang mit Altersgenossen. Lucian versucht Unsterbliche dazu zu überreden, sich als Lehrer zu betätigen und nach Port Henry zu ziehen, damit unsere Kinder zur Schule gehen können, Freunde haben und so weiter.«
»Das klingt gut. Wo ist Port Henry?«, fragte Paul sichtlich interessiert.
»Am Eriesee, nicht ganz eine Autostunde von London entfernt, wenn man genau in die entgegengesetzte Richtung fährt«, antwortete Jeanne Louise und fragte sich, ob Paul Livy zuliebe dorthin umziehen wollte. Was bedeuten würde, dass sie ihren langjährigen Job bei Argeneau Enterprises kündigen musste. Dass sie die Suche nach einem Heilmittel für ihren Onkel und ihren Cousin, damit beide sich endlich auch von Blutkonserven ernähren konnten, aufgeben musste.
Aber vielleicht musste das auch gar nicht sein. Immerhin lebte Onkel Victor – der mit der genetischen Anomalie – doch in Port Henry. Möglicherweise war es sogar von Nutzen, wenn er für Tests in der Nähe war. Und wenn man ein entsprechendes Labor einrichtete, konnte Paul dort ebenfalls weiter seiner Arbeit nachgehen.
»So, da wären wir.« Auf halber Strecke blieb Marguerite stehen, machte eine Tür auf und gab ihnen ein Zeichen vorzugehen. Sie folgte ihnen in ein schönes, in Blau gehaltenes Schlafzimmer mit großem Doppelbett und Sitzecke. »Durch diese Tür geht es ins Badezimmer«, erklärte Marguerite, während sie selbiges durchquerte und die gegenüberliegende Tür zu einem weiteren Raum öffnete. »Und hier ist Livys Zimmer.«
Der ganz in Rosa gehaltene Raum enthielt zwei Einzelbetten. »Was hältst du davon?«, fragte sie mit einem Blick auf Livy.
»Ich hab zwei Betten«, flüsterte die Kleine ehrfürchtig, als sie eintrat. Sie setzte Boomer auf dem Boden ab und drehte sich zu ihrem Vater um. »Kann Shelly herkommen und hier schlafen?«, fragte sie und griff eifrig nach seiner Hand. »Da haben wir jeder ein eigenes Bett.«
»Herzchen, ich glaube, du drückst etwas zu fest zu«, sagte Jeanne Louise, als sie bemerkte, wie Paul vor Schmerzen das Gesicht verzog.
»Livy, was hältst du davon, wenn du mal mit Boomer nach draußen gehst?«, schlug Marguerite vor. »Er hätte bestimmt seinen Spaß, wenn du mit ihm im Garten spielst, meinst du nicht auch?«
Livy sah sie an, ließ Pauls Hand los und machte ein paar Schritte auf Marguerite zu, blieb dann aber stehen, um Boomer wieder auf den Arm zu nehmen.
»Danke«, sagte
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