Ein Vampir fuer alle Sinne
oben.«
Schweigend folgte sie ihm und wunderte sich nicht, dass er ein paarmal über die Schulter blickte, um sich zu vergewissern, dass sie auch tatsächlich noch hinter ihm war.
»Während Livy schläft, können wir uns ja vielleicht einen Film ansehen«, bot er ihr an. »Was sehen Sie am liebsten?«
»Action, Komödien, Horror«, antwortete sie, was er mit einem erfreuten Lächeln zur Kenntnis nahm.
»Dann haben wir ja den gleichen Geschmack. Ich habe eine ziemlich umfangreiche Sammlung, da sollten wir etwas finden, das uns beiden gefällt.«
»Das würde ich meinen«, stimmte sie ihm zu, als sie den Treppenabsatz erreicht hatten und über den Flur gingen. An der zweiten Tür blieb er kurz stehen und sah nach Livy, die im Bett lag und schlief, dann steuerte er auf eine offene Tür am Ende des Korridors zu. Jeanne Louise folgte ihm in das Zimmer und hätte Paul fast umgerannt, da er abrupt stehen blieb.
»Oh«, machte er ein wenig verlegen.
Jeanne Louise sah sich um und stellte fest, dass es sich um ein besonders großes Schlafzimmer handelte. Die eine Hälfte wurde durch einen Lederzweisitzer, einen bequemen Sessel und zwei Beistelltische in Beschlag genommen, die alle auf einen 46 Zoll-Fernseher an der Wand ausgerichtet waren. In der anderen Hälfte stand ein riesiges Doppelbett mit zwei Nachttischen. Es war dieses Bett, das ihn so in Verlegenheit gebracht hatte.
»Sie müssen entschuldigen«, sagte er, als er sich zu ihr umdrehte. »Daran hatte ich gar nicht gedacht, dass … Na, ich schätze, dann werden wir uns den Film unten ansehen und …«
»Hier sind wir näher bei Livy«, wandte sie ein und ging wie selbstverständlich zum Zweisitzersofa, als hätte sie das Bett gar nicht zur Kenntnis genommen – auch wenn das nicht zu übersehen war, so unglaublich groß und ausladend, wie es war. Sie nahm Platz und sah Paul erwartungsvoll an.
»Ja, stimmt«, räumte er ein und sah kurz zum Bett, dann ging er zum Fernseher und öffnete den Schrank, auf dem das Gerät stand. Darin standen DVD s in mehreren Reihen hintereinander. Neugierig stand Jeanne Louise auf und stellte sich hinter Paul, um einen Blick auf die Titel zu werfen.
»Mal sehen, ich habe hier … so ziemlich von allem etwas«, sagte er und sah Jeanne Louise über die Schulter an. »Ich kaufe ziemlich regelmäßig alle Neuerscheinungen.«
»Bei Livys Zustand kann ich mir vorstellen, dass Sie nicht oft aus dem Haus gehen«, erwiderte Jeanne Louise mitfühlend.
»Stimmt. Aber bevor sie krank wurde, bin ich auch die meiste Zeit zu Hause geblieben. Seit meine Frau …«
»Sehe ich das richtig, dass Sie
Red
haben?«, wechselte Jeanne Louise schnell das Thema, als sie merkte, dass er nicht weiterreden würde.
»Richtig.« Er nahm die DVD heraus.
»Der soll gut sein, wie ich gehört habe.«
Paul nickte. »Ja, das ist er auch«, bekräftigte er und gab ihr die DVD , damit sie die Inhaltsangabe lesen konnte. »Malkovich spielt grandios.«
Sie hielt ihm die DVD wieder hin. »Würde es Ihnen was ausmachen, ihn sich noch mal anzusehen?«
»Nein, überhaupt nicht. Das wäre ja bei jedem anderen Film ganz genauso. Ich habe ja schließlich so gut wie alles schon einmal gesehen«, sagte er und schloss die Türen des Unterschranks.
Während er die DVD einlegte, kehrte Jeanne Louise zu dem Zweisitzer zurück und setzte sich hin, wobei ihr Blick auf den freien Platz neben ihr fiel. Dieses Sofa war nicht allzu groß, aber das war auch der Sinn der Sache, dass man dort eng zusammenrücken sollte. Auf ihrem Plan stand schließlich noch, Paul daraufhin zu testen, ob sie mit ihm die Leidenschaft unter Lebensgefährten erleben konnte. Die Voraussetzungen dafür hätten gar nicht besser sein können als im Augenblick. Vermutlich würde sie den ersten Schritt machen müssen, denn Paul hatte im Gegensatz zu ihr keine Ahnung, was sie beide füreinander bedeuten konnten, weshalb es für ihn keine Veranlassung gab, irgendetwas in die Richtung zu unternehmen.
Das war für sie ein Spiel mit ungewohnter Rollenverteilung, denn normalerweise war Jeanne Louise nicht diejenige, die die Initiative ergriff. Sie ließ die Männer den ersten und auch alle weiteren Schritte machen. Natürlich versetzte sie hin und wieder einem sterblichen Mann einen kleinen geistigen Schubser in ihre Richtung, wenn sie ihn für interessant hielt und sich zu ihm hingezogen fühlte. Auf diese Weise ließ sich Zeit sparen. Das war wohl einer der Vorteile, wenn man unsterblich war, vermutete Jeanne
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