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Ein Vampir für jede Jahreszeit

Ein Vampir für jede Jahreszeit

Titel: Ein Vampir für jede Jahreszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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stimmte er ruhig zu.
    Abwesend nickte sie und ging auf den Abzweig links von Tiny zu, doch schon wieder kam ihr der klatschnasse Rock in die Quere, wickelte sich um ihre Beine und brachte sie beinahe nochmals zu Fall. Tiny eilte ihr zu Hilfe, doch sie winkte ab und fand auch allein die Balance wieder. Voller Ekel betrachtete sie das lästige Kleid.
    »Mach doch«, bemerkte Stephanie gleichmütig, »es ist sowieso hinüber.«
    Die Kleine las anscheinend schon wieder in Mirabeaus Gedanken. Tiny kam nicht gleich dahinter, was sie meinen mochte. Dann beugte sich Mirabeau abrupt vornüber, packte den Saum des Brautjungfernkleides, suchte eine Seitennaht und riss den Rock bis über die Knie auf. Daraufhin zerteilte sie den Stoff auch noch seitwärts, bis am Ende allein das obere Viertel des Rocks übrig blieb. Nun reichte ihr das Kleid gerade noch bis zur Hälfte des Oberschenkels.
    »Ein bisschen kurz geraten«, befand sie und ließ den überflüssig gewordenen Stoff zu Boden fallen. »Aber dafür kann ich mich jetzt besser bewegen und bin im Falle eines Kampfes nicht mehr so eingeengt«, fügte sie sarkastisch hinzu.
    »Ja«, stimmte Tiny zu, war jedoch nicht bei der Sache. Der Anblick ihrer bestrumpften Beine nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Der Rock endete jetzt genau am Ansatz der schwarzen Netzstrümpfe, und bei jeder Bewegung blitzte dort ein verführerischer Streifen Haut auf. Hypnotisiert bewunderte Tiny ihre schier endlosen Beine.
    Lieber Gott, die Frau besteht nur aus Beinen , dachte er – und aus was für Beinen! Sie waren muskulös und doch schlank und feminin, und auch ihre Knöchel waren ganz zart und zierlich.
    »Es war meine eigene Schuld«, meinte Mirabeau und blickte wieder angeekelt an sich hinab. »Bevor ich mich umgedreht habe, hätte ich überprüfen müssen, ob der Seitengang hinter mir auch tatsächlich leer ist.«
    »Hast du ihn nicht kommen gehört?«
    Stephanies Frage klang völlig unschuldig, doch Tiny vermutete, dass sie sich im Stillen über Mirabeau lustig machte. Tiny betrachtete das junge Mädchen nachdenklich. Sie schleppte wirklich eine Menge Probleme mit sich herum, aber das war ja nach all dem, was sie im vergangenen Jahr durchgemacht hatte, auch kein Wunder. Glücklicherweise registrierte Mirabeau die Spitze nicht, sondern blickte nur nachdenklich in den Tunnel und schüttelte dabei den Kopf.
    »Seltsamerweise nicht.« Sie ging zum gegenüberliegenden Tunneleingang und spähte in die Finsternis. »Er muss schon die ganze Zeit hier am Ausgang gestanden und auf uns gewartet haben. Wahrscheinlich hat er die Taschenlampe schon von Weitem gesehen.«
    »Warum sollte er uns denn erwarten?«, fragte Stephanie neugierig. »Was könnte er von uns gewollt haben? Außer deinen Haaren, meine ich«, fügte sie schmunzelnd hinzu.
    Mirabeau zuckte nur mit den Schultern und gesellte sich wieder zu ihnen. »Wer weiß? Er war nicht ganz richtig im Kopf. Deshalb konnte ich ihn auch nicht kontrollieren, als er mich gepackt hat. Aber ich habe zumindest einen Teil seiner wirren Gedanken aufgeschnappt. Er hat uns wohl für Ratten gehalten.«
    »Ratten?«, fragte Tiny erstaunt und schaffte es endlich, den Blick von ihren Beinen loszueisen.
    Im Licht der Taschenlampe nickte Mirabeau schweigend.
    »Ratten, so groß wie Menschen?«, hakte Stephanie skeptisch nach.
    »Er konnte uns im Dunkeln nicht sehen, sondern nur das Leuchten der Taschenlampe. In seinem Kopf spukte wohl schon länger die Idee herum, dass es hier unten mutierte Riesenratten gibt. Er glaubte auch, dass die normalgroßen Ratten mit ihm sprechen.«
    »Oh«, machte Stephanie nur, und Tiny stimmte ihr im Stillen zu. Dabei wanderte sein Blick wieder zu dem Tunnel, in dem der kleine Irre verschwunden war. Er bekam ein schlechtes Gewissen, weil er den Armen so erschreckt hatte. Der Mann brauchte ganz offensichtlich Hilfe.
    »Also, wir sollten lieber weitergehen«, sagte Mirabeau leise, doch sie bewegte sich nicht, sondern blickte in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren, und dann in die Finsternis des Tunnels, der sie erwartete. Tiny ahnte, dass sie sich nicht mehr sicher war, wo er am besten aufgehoben wäre, und nahm ihr die Entscheidung ab, indem er sich an ihr vorbeischob. Er leuchte erst in den Gang, trat dann selbst hinein und drang langsam vorwärts, wobei er sich versicherte, dass Stephanie und Mirabeau ihm folgten.
    Bisher hatten sich Mirabeaus Befürchtungen, dass ihnen jemand folgen könnte, nicht bewahrheitet. Und

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