Ein Vampir für jede Jahreszeit
Geschmacksexplosion. Chili Dogs waren definitiv eine ganz tolle Sache, und sie wunderte sich, dass sie noch niemals zuvor einen probiert hatte.
»Versuch mal einen Zwiebelring«, forderte Tiny sie auf und hielt ihr ein rundes, paniertes Stück hin.
Sie nahm das seltsame Ding, betrachtete es neugierig von allen Seiten, schnupperte daran und biss dann vorsichtig hinein. Ein ganz neuer Geschmack überflutete ihre Sinne, und fasziniert riss sie die Augen auf. Mann, das ist auch lecker , dachte sie und lächelte erfreut, als Tiny ihr einen kleinen Teller mit einem Stapel der delikaten Ringe zuschob. Auch davon hatte er zwei Portionen besorgt.
»Wie wäre es mit einem Schokoladenmilchshake?«, schlug er als Nächstes vor und setzte ihr noch ein dickflüssiges, cremiges Getränk vor.
Dieses Mal ließ sie sich nicht lange bitten, und als die kühle, schokoladige Flüssigkeit in ihren Mund floss, begriff sie plötzlich, was er vorhatte.
»Du willst, dass ich vor Genuss sterbe«, beschuldigte sie ihn seufzend.
»Wenn dem so wäre, dann wärest du jetzt nackt, und ich würde diese Delikatessen von deinem köstlichen Körper essen«, knurrte Tiny, beugte sich über den Tisch und leckte einen Tropfen Chilisoße von ihrer Oberlippe.
Mirabeau schluckte schwer, sah Tiny an und verlor sich in seinen Augen, bis Stephanie neben ihr aufstöhnte: »Das ist ja widerlich. Nehmt euch gefälligst ein Zimmer.«
Ein verärgerter Ausdruck huschte über Tinys Miene. Mirabeau begriff, dass er, genau wie sie, tatsächlich für einen kurzen Augenblick vergessen hatte, dass das Mädchen bei ihnen saß. Die beiden lächelten sich verschmitzt zu, widmeten sich in stillem Einverständnis wieder dem Essen und bemühten sich, so zu tun, als wäre nichts geschehen.
Doch Stephanie gab keine Ruhe und bohrte nach: »Wenn ihr mich in Port Henry abgeliefert habt, werdet ihr dann ein Paar oder was?«
Mirabeau verpasste ihr einen vernichtenden Blick, doch die Kleine ließ sich nicht einschüchtern.
»Ach, komm schon, er ist doch dein Lebensgefährte, oder?«, beharrte sie und wedelte dabei mit einer Fritte in der Luft herum.
»Du weißt nicht, wovon du redest, Stephanie«, wies Mirabeau sie scharf zurecht. »Iss jetzt auf. Wir müssen los.«
»Ach bitte, selbst wenn ich eure Gedanken nicht lesen könnte, wäre es unübersehbar, dass ihr beide heiß aufeinander seid.«
»Das reicht jetzt, Stephanie«, sagte Tiny leise. »Iss dein Essen. Wir werden dich sowieso schon viel später als geplant in Port Henry abliefern. Wir hätten hier keine Pause einlegen sollen.«
Damit hatte er recht, dachte Mirabeau. Inzwischen waren die Leute in Port Henry bestimmt schon in heller Aufregung und hatten Lucian sicherlich davon unterrichtet, dass Stephanie noch immer nicht angekommen war. Leider gab es keine Möglichkeit, ihnen mitzuteilen, dass alles in Ordnung war. Mirabeau hatte in der Kirche kein Handy bei sich gehabt, und Tinys Telefon war verschwunden. Er vermutete, dass es ihm beim Einkaufen gestohlen worden war. Zumindest hatte er ihr das erzählt, als sie im ersten Tageslicht zum Wagen gegangen waren.
Mirabeau hatte erwogen, an einer Telefonzelle anzuhalten und sich von dort aus zu melden, doch Lucian hatte die strikte Anweisung gegeben, dass sie, außer im äußersten Notfall, nur von Tinys Handy aus Kontakt aufnehmen dürften, denn Tinys Telefon war so ausgestattet, dass sich die Anrufe nicht zurückverfolgen ließen. Er hatte entschieden, dass niemand erfahren durfte, wo sich Stephanie aufhielt – und er war nun mal der Boss. Also konnten sie nichts unternehmen, um die Leute in Port Henry zu beruhigen.
Oh ja, sie waren sicher sehr beunruhigt, dachte Mirabeau unglücklich. Sie schätzte, dass sie durch die Odyssee in den Kanälen und den Zwischenstopp im Hotel mindestens fünf oder sechs Stunden hinter dem Zeitplan lagen, was bedeutete: Sie hätten bereits vor drei oder vier Stunden in Port Henry sein sollen. Stattdessen befanden sie sich etwa eine halbe Stunde südwestlich von Toronto und aßen im hässlichsten, tristesten Diner, das sie jemals gesehen hatte, das beste Essen, das sie jemals gegessen hatte. Nachdem ihnen Stephanie stundenlang in den Ohren gelegen hatte, sie habe Hunger, war Tiny hier abgefahren. Er bezeichnete das Lokal als Truck Stop und meinte, dort gäbe es das beste Essen.
Mirabeau musste zwar zugeben, dass das Essen tatsächlich großartig war, und doch war es wirklich ein Fehler gewesen, hier anzuhalten – und wenn Tiny nach der
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