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Ein Vampir für jede Jahreszeit

Ein Vampir für jede Jahreszeit

Titel: Ein Vampir für jede Jahreszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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langen Fahrt nicht so erschöpft gewirkt hätte, hätte sie der Pause auch nie zugestimmt. Doch während der letzten Stunde hatte er ständig gegähnt und sich die Augen gerieben. Darum hatte sie beschlossen, dass ein Zwischenstopp angebracht wäre. Sie hatte vor, ihm später anzubieten, ab hier das Steuer des Wagens zu übernehmen (den er am Morgen tatsächlich ohne Schlüssel gestartet hatte – mit nichts weiter als einem Schraubenzieher und einem Drahtkleiderbügel, den sie sich vom Hausmeister im Hotel geborgt hatten. Es war beeindruckend gewesen, ihn in Aktion zu erleben. Allerdings war auch schon sein Anblick allein ziemlich beeindruckend).
    »Fertig? Können wir los?«, fragte Tiny. Mirabeau schielte auf ihren leeren Teller. Soviel zum Verzicht auf Nahrung. Sie hatte das Essen, das er spendiert hatte, ja regelrecht inhaliert.
    »Ich muss noch mal«, verkündete Stephanie und schlürfte den Rest ihres rosafarbenen Shakes aus, der nach Erdbeeren roch.
    »Du gehst mit ihr zur Toilette, und ich starte schon mal das Auto«, schlug Tiny vor und stand auf.
    »Hey, ich bin kein kleines Kind mehr. Ich kann allein gehen«, maulte Stephanie schmollend.
    Anstatt klarzustellen, dass Mirabeau zu ihrem Schutz mitkommen sollte, grinste Tiny nur und neckte sie: »Ich dachte, ihr Mädchen geht immer zusammen?«
    »Sexist«, murmelte Stephanie vor sich hin. Doch um ihre Lippen spielte ein Lächeln.
    Zwar hielten sie sich nicht lange in den Waschräumen auf, aber Tiny war noch schneller. In der Zwischenzeit hatte er das Auto wieder gestartet und wartete bereits vor der Tür auf sie.
    Mirabeau half Stephanie in den Wagen und kletterte dann auf den Beifahrersitz. »Eigentlich wollte ich anbieten, dass ich weiterfahre.«
    »Nicht nötig, mir geht es gut. Das Frühstück hat mich erfrischt«, versicherte er.
    Mirabeau zuckte mit den Schultern, machte es sich im Sitz bequem und schnallte sich an. Tiny fuhr vom Parkplatz. Sie waren schon wieder auf dem Highway, als Stephanies Kopf zwischen den Sitzen auftauchte und fragte: »Tiny, wie heißt du eigentlich wirklich?«
    Das interessierte auch Mirabeau. Sie sah ihn neugierig an und bemerkte, wie seine Lippen amüsiert zuckten, als er zurückfragte: »Warum glaubst du, dass ich nicht Tiny heiße?«
    »Weil nur Vollidioten ihr Kind Tiny nennen würden«, erwiderte der Teenager ungerührt.
    »Aha, Vollidioten«, schmunzelte Tiny und erklärte dann: »Mein echter Name lautet Tinh.« Nachdem er ihn buchstabiert hatte, fuhr er fort: »Aber ich wurde schon immer Tiny gerufen. Das ist so, wie wenn aus einem Bill ein Billy wird.«
    »Tinh?«, fragte Stephanie erstaunt. »Was ist das denn für ein Name?«
    »Ein vietnamesischer.«
    »Du bist aber kein Vietnamese«, konstatierte sie, wurde dann jedoch unsicher. »Oder?«
    »Nein«, erwiderte er lächelnd.
    »Warum haben dich deine Eltern dann so genannt?«
    »Mein Vater hat als Soldat in Vietnam gedient«, erklärte er geduldig. »Er wurde bei einer Aufklärungsmission verwundet. Höchstwahrscheinlich wäre er gestorben, hätte ihn nicht ein gewisser Tinh aufgenommen und gesund gepflegt. Dad hat nie erfahren, ob das sein Vor- oder Nachname war. Als ich dann auf die Welt kam, gab er mir den Namen des Mannes, der ihn gerettet hatte.«
    »Oh«, murmelte Stephanie. »Das ist irgendwie cool.«
    »Der Ansicht war ich auch immer«, stimmte Tiny zu.
    »Da hast du aber Glück gehabt, dass du nicht klein bist«, erklärte sie, »denn mit so einem Namen wärest du sicher dein ganzes Leben lang gehänselt und fertiggemacht worden.«
    »Es war von Anfang an unwahrscheinlich, dass ich klein bleiben würde«, erklärte er. »Meine Mutter ist fast einen Meter achtzig groß und mein Vater hat meine Statur.«
    »Hmm«, machte Stephanie, verschwand wieder auf dem Rücksitz und verkündete dann: »Ich seh mir jetzt den Rest des Films an, den ich vor der Pause angefangen habe.«
    Mirabeau drehte sich nach hinten und beobachtete, wie Stephanie Kopfhörer in die Ohren steckte und den DVD-Player einschaltete, der in Tinys Sitz eingebaut war. Sie wandte sich wieder nach vorn. Unablässig musste sie Tiny ansehen. Schließlich fragte sie behutsam: »Sie leben also noch? Deine Eltern, meine ich.«
    »Oh ja. Sie sind inzwischen beide in Rente und damit beschäftigt, die Enkelkinder, die ihnen meine Schwester geschenkt hat, nach Strich und Faden zu verwöhnen – und auf mich zu schimpfen, weil von meiner Seite bisher noch keine gekommen sind«, sagte er mit einem ironischen

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