Ein Vampir in schlechter Gesellschaft - MacAlister, K: Vampir in schlechter Gesellschaft
Er sah aus, als wollte er nicht klein beigeben, obwohl er wusste, dass er geliefert war.
»Ich habe gesagt, ihr könnt Ulfur dazu bringen, das Vikingahärta herauszurücken, wenn er sich querstellt, aber er wird sich nicht querstellen. Oder?«, fragte ich freundlich und lächelte Ulfur aufmunternd an. Ich erinnerte mich noch sehr gut an die unbeschreiblichen Qualen, die er litt.
Seine Miene wurde hart, als wollte er sich tatsächlich weigern, aber nachdem er einen Moment mit sich gerungen hatte, ließ er die Schultern hängen und schüttelte den Kopf. »Nein, ich werde mich nicht weigern, dir den Valknut wiederzugeben, obwohl ich größte Schwierigkeiten mit meinem Herrn bekommen werde. Wartet hier. Ich hole es.«
»Ich denke, meinen Freunde mit ihren äußerst scharfen Klingen würde es besser gefallen, wenn wir dich begleiten könnten«, sagte ich und folgte ihm, als er den Raum verließ. Dann gingen wir mit den Wikingern im Schlepptau eine Treppe hoch.
Ulfur führte uns in ein Zimmer, das ganz in Oliv- und gedeckten Rottönen gehalten war. Er nahm eine kleine rote Schachtel von einem gewaltigen Schreibtisch, der beinahe den halben Raum ausfüllte, und sah mich durchdringend an. »Woher weiß ich, dass er dir gehört?«
»Ich weiß, wo und ungefähr wann du ihn gestohlen hast. Ich kann ihn dir auch beschreiben. Viel wichtiger ist aber, dass der Valknut mich kennt. Von anderen lässt er sich nicht so gern anfassen, was du wahrscheinlich gemerkt hast, als du ihn aus seinem Samtetui genommen hast.«
Er verzog das Gesicht und hob die Hand. Seine Finger waren von schlimmen Verbrennungen gezeichnet. »Leider ja. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gern sehen, wie du ihn in die Hand nimmst. Nur um auf Nummer sicher zu gehen.«
»Er wird ihn uns nicht geben«, knurrte Eirik und marschierte auf Ulfur zu. »Er will ihn behalten.«
»Ich wollte ihn doch überhaupt nicht haben!«, erwiderte Ulfur.
Eirik hielt plötzlich inne und machte ein unbeschreibliches Gesicht. Dann drehte er sich zu dem Pferd um, das in diesem Moment feste Gestalt angenommen hatte und auf einem Stück Leder herumkaute, das es offensichtlich von der Schwertscheide auf Eiriks Rücken abgerissen hatte. Und ich hätte schwören können, dass es dabei grinste.
»Dein Pferd kann selbstständig feste Gestalt annehmen?«, fragte ich Ulfur.
»Für kurze Zeit ja. Ragnar, lass das!« Ulfur entschuldigte sich bei Eirik: »Es tut mir leid. Er hat seine Launen, seit ich ihm gesagt habe, dass der Herr ihn nicht auch zum Leben wiedererwecken will, wie er es mit mir gemacht hat.«
»Moment mal … Du bist lebendig?«, fragte ich überrascht. »Ich dachte, du wärst tot.«
»War ich auch.« Er setzte sich seufzend auf die Schreibtischkante, ohne die Schachtel mit dem Vikingahärta aus der Hand zu legen. »Ich war ziemlich glücklich als Geist. Wir hatten viele Touristen in unserem Dorf. Im Winter war es zwar manchmal etwas langweilig, aber die Sommer haben wir alle sehr genossen.«
»Wir? Deine Angehörigen sind auch Geister?«
»Ja. Mein Dorf wurde vor hundertfünfzig Jahren durch einen Erdrutsch vernichtet. Wir waren dort alle gefangen, bis Pia uns gerettet hat.«
»Ist Pia dein Herr?«
Er sah mich entsetzt an. »Nein! Pia ist die Zorya, die uns nach Ostri führen sollte, in unseren Himmel. Aber dann hat sie Kristoff kennengelernt, und er mochte uns nicht besonders, vor allem Ragnar nicht. Gut, er hat ihn auch ein- oder zweimal gebissen, wie ich zugeben muss. Ich blieb jedenfalls in dieser Welt zurück, als die Schnitter Kristoff töten wollten, und dann haben mich die Ilargi geschnappt.«
»Mann, ohne Spezialwörterbuch blicke ich allmählich nicht mehr durch«, sagte ich zu niemand Bestimmtem, dann erinnerte ich mich wieder daran, wo ich war und weshalb ich gekommen war, und streckte meine Hand aus. »Könnte ich jetzt bitte mein Vikingahärta haben?«
Ulfur schaute auf meine Handschuhe. Mit einem genervten »ts« zog ich sie aus und streckte meine Hand wieder aus. Ulfur starrte sie entsetzt an.
»Das kommt nicht von dem Vikingahärta. Das habe ich mir zugezogen, als ich das Nachtschränkchen angefasst habe, das du berührt hast«, erklärte ich und stellte fest, dass die gelbliche Verfärbung inzwischen auch schon verblasste. »Da fällt mir noch etwas ein: Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du darauf achten könntest, meine Hände nicht zu berühren.«
Er nahm das kleine Samtetui aus der Schachtel, öffnete es vorsichtig und ließ das
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