Ein Vampir ist nicht genug - Roman
ich.
Es ist ein seltsames und ziemlich unfaires Phänomen, dass die Kinder von miesen Eltern diese Eltern immer noch lieben. Trotz all meiner Bemühungen hatte ich es nie
geschafft, dieses Gefühl zu eliminieren. Es ist also vielleicht verständlich, dass ich plötzlich den Drang verspürte, das Auto abzustellen und den Rest des Weges zum Krankenhaus zu tanzen, mit ein paar klassischen Gene-Kelly-Einlagen. Zum Glück schaffte ich es, dieser Versuchung zu widerstehen.
»Hast du schon jemanden eingestellt?«, fragte Albert.
»Ja, sie sollte in ungefähr zwanzig Minuten bei dir sein.«
»Und wie heißt sie?«
»Shelby Turnett.«
Irritiertes Schnauben. »Was ist das nur für eine Geschichte, kannst du mir das sagen? Da draußen gibt es eine Million Namen extra für Mädchen, warum müssen sie dann Männernamen verwenden? Sobald du ein Mädchen Terri oder Shelby nennst, ist der Name für Männer für alle Zeiten ruiniert!« Ich hätte wissen sollen, dass der Miesepeter in ihm nicht umzubringen war.
»Ich muss jetzt los.«
»Arbeit oder Spaß?«
»Arbeit.«
»Ist dir schon mal aufgefallen, dass du nie etwas anderes tust? Du solltest mehr Spaß haben.« Er stieß es hervor wie einen Befehl, und sofort wollte ich nichts anderes tun, als die nächsten achtundvierzig Stunden durcharbeiten. Kindisch, ich weiß, aber er kitzelt immer diese Seite an mir hervor. Mühsam hielt ich mein Temperament unter Kontrolle.
»Ich glaube, ich habe vergessen, wie das geht.« Es sollte eigentlich ein Witz sein, aber keiner von uns lachte.
»In dieser Hinsicht hat Matt dir gutgetan. Er hat immer dafür gesorgt, dass du jede Menge Spaß hattest, und deine ernste Seite ausgeglichen. Du musst jemanden wie ihn finden. Es ist so lange her.« Ich wusste, dass für ihn damit
das Thema erledigt war. Er hatte mir befohlen, nach vorne zu blicken und weiterzumachen, also würde ich das tun. Was für eine Knalltüte.
»Ich muss los«, sagte ich erstaunlich ruhig, wenn man bedenkt, dass ich am liebsten durch den Hörer gegriffen und ihm eine verpasst hätte.
»Ich auch.«
Piep. Wir waren fertig.
Wie ein paar Ordensbrüder, die von ihrem Prozessions weg abgekommen waren, trafen Cole und ich gleichzeitig an unserem Treffpunkt ein und parkten direkt hintereinander. Sobald er mich sah, begann er zu lachen.
»Das ist eine ernste Sache, Cole«, sagte ich und versuchte, streng zu klingen.
»Ach, komm schon, Lucille, gib’s zu: Es macht Spaß.« Er produzierte eine große, blaue Kaugummiblase und ließ sie zerplatzen, so dass sie sich über seine Nase legte.
»Du bist so naiv«, erwiderte ich, konnte mir aber nicht ganz das Lächeln verkneifen, das jedes Mal aufblitzte, wenn ich ein neues Detail an seinem Outfit entdeckte. Er hatte sich für eine große, runde Brille entschieden. Ein grüner Anglerhut bedeckte sein zotteliges Haar. Falsche Zähne verliehen ihm einen leichten Überbiss, und sein grauer Trainingsanzug schaffte es irgendwie, ihn schwächlich und blass wirken zu lassen.
»Schau dir mal die Socken an«, sagte er und wackelte mit den Augenbrauen wie Groucho Marx. Er zog die Beine seiner Turnhose hoch, um mir die edlen schwarzen Socken zu zeigen, die er trug. Ich konnte nicht anders. Ich begann zu kichern.
»Die bringen das Türkis an deinen Sneakers wirklich gut zur Geltung.«
»Ist dir aufgefallen, wie gut die zu meinen Augen passen? Also, die Schuhe, nicht die Socken.« Er klimperte mit den Wimpern, während ich so tat, als würde ich seine Beine inspizieren.
Ich nickte. »Ich sehe es. Jetzt müssen wir dir nur noch eine Handtasche besorgen, um das Outfit zu vervollständigen.«
Er klatschte wie ein Dreijähriger mit gespreizten Fingern in die Hände. »Oh supi! Shopping!«
Ich schob ihn zu meinem Auto. »Halt die Klappe und steig ein.«
Er strahlte mich an. »Soll das heißen, ich fahre?«
»Jepp.«
Er diskutierte nicht lange, sondern sprang hinter das Lenkrad und streichelte den weichen Ledersitz, als wäre er seine Lieblingskatze. Ich setzte mich neben ihn.
»Also, wie ist der Plan?«
»Wir gehen rauf in Dereks Zimmer und tun so, als wären wir auf der Suche nach unserem Vater. Wenn er nicht da ist, werden wir beide hysterisch, weil wir denken, dass Dad tot ist. Du drehst durch, und ich falle in Ohnmacht, und zwar auf Derek drauf. Der Knackpunkt ist, dass ich ihn berühren muss.«
»Warum das?«
Ich zeigte ihm das Pflaster.
»Hey, das war doch nur eine Frage. Du musst mir nicht gleich den Stinkefinger
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