Ein verboterner Kuss
genug.
Sie sah sich im Zimmer um. Durch harte Arbeit war Vernachlässigung in Schönheit verwandelt worden. Grace schloss die Augen. Sie liebte diesen Ort. Sie liebte Dominic. Wie sollte sie es nur durchstehen, von hier fortzugehen?
Sie spürte seine Anwesenheit noch ehe sie ihn sah. Sie hob den Kopf. Dominic war lautlos eingetreten und beobachtete sie mit ernster Miene.
„Ich weiß nicht, ob deine Augen schöner sind, wenn sie schimmern wie die Sonne auf dem Meer, oder wenn sie aussehen wie Glockenblumen im Morgentau.“ Während er gesprochen hatte, war er auf sie zugegangen, und nun stand er unmittelbar vor ihr.
Sie konnte sich nicht bewegen, ihre Beine fühlten sich an, als wären sie aus Blei. „Wie lange bist du schon hier?“
Anstatt zu antworten, beugte er sich zu ihr und küsste sie auf den Mund. Sie schmeckte Leidenschaft, Zärtlichkeit und Verzweiflung.
Grace schloss die Augen und erwiderte seinen Kuss von ganzem Herzen. Der letzte Kuss. Als Dominic sie schließlich für einen Moment freigab, stemmte sie die Hände gegen seine Schultern. „Damit muss jetzt Schluss sein.“
„Warum?“
„Weil ich es im Moment nicht aushalten kann. Ich will jetzt nicht darüber reden - sag mir einfach nur, warum du hier bist.“
„Komm mit mir nach oben und leg dich zu mir. Wir können dort reden.“
„Das will ich nicht. Hier sind zu viele Leute. Man könnte uns erwischen, und dann wäre ich ruiniert.“
Seufzend richtete er sich auf und drehte sich um. Einen Augenblick lang dachte sie, er würde den Raum verlassen, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie wollte nicht, dass er so von ihr ging.
Aber er schloss nur die Tür ab. Als er zu ihr zurückkam, hob er sie aus dem Sessel, so mühelos, als wäre sie ein Kind. Sie nahm all ihre Kraft zusammen. „Ich sagte nein, Dominic.“ Es hörte sich eher kläglich an.
Mit unschuldsvoller Miene setzte er sich mit ihr aufs Sofa, nur dass Sitzen wohl nicht ganz die treffende Bezeichnung für diese Haltung war. Er lehnte sich zurück gegen die Armlehne des Sofas, und Grace lag halb über ihm. Sie machte einen halbherzigen Versuch sich aufzusetzen, aber er hielt sie fest, dort, wo sie war. Und um die Wahrheit zu sagen, sie fühlte sich wie im Himmel in seinen Armen. Im Himmel und gleichzeitig in der Hölle. Er heiratet Melly, rief sie sich in Erinnerung. Wie immer versetzte der Gedanke ihr einen Stich mitten ins Herz.
„Und ich kann es nicht ertragen, dich so traurig zu sehen“, sagte er.
„Und ich ertrage diese ganze Situation nicht.“
Er küsste sie. „Ich weiß. Aber die einzige einfache Lösung wäre, Sir John und Melly zu erschießen. Was ich natürlich sofort tun würde. Nur müsste ich dann auch Frey umbringen, was schon weitaus schwieriger wäre - du weißt ja, er ist mein ältester Freund und selbst ein teuflisch guter Schütze. Es könnte also riskant werden. Und dann sind da noch all die möglichen Zeugen, die ich natürlich auch erschießen müsste. Aber danach hätte ich mich dieser vielen Leichen zu entledigen, und ich hasse es, Gräber zu graben.“
Gegen ihren Willen musste sie lachen.
„Du lachst, aber ich hasse es wirklich“, bekräftigte er. „Du wirst jetzt sicher denken, dass ich schließlich der Schlossherr bin und jederzeit ein paar Kleinbauern damit beauftragen könnte. Was du jedoch nicht bedenkst, ist, dass ich die Kleinbauern hinterher ebenfalls töten müsste, um meine schrecklichen Verbrechen zu vertuschen. Und dann wäre niemand mehr da, um sie zu vergraben. Außer mir.“ Er verzog das Gesicht. „Und das wäre ganz schrecklich. Ich liebe dich, Miss Merridew, und ich würde sogar für dich töten - aber graben? Lieber nicht!“
Inzwischen lachte Grace herzlich. Und weinte zur gleichen Zeit. „Du bist albern. Wie kannst du in einer solchen Situation nur so “
Er küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss mit all der Liebe, der Sehnsucht und der seelischen Qual, die sie in ihrem Herzen empfand. Danach löste sie sich aus seinen Armen, stand auf und schloss die Tür auf.
Dort blieb sie noch einmal stehen. „Gute ... gute Nacht.“ Ehe er reagieren konnte, ging sie hinaus und lehnte sich einen Moment gegen die geschlossene Tür. „Lebwohl, mein Liebster“, flüsterte sie und hastete die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
Sie musste fort von ihm. Wenn er sie so ansah, mit all dieser Sehnsucht und Verzweiflung in seinem Blick, wurde sie nur schwach. Und wenn er sie nur ein weiteres Mal küsste, was allein eine Frage der Zeit
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