Ein verboterner Kuss
tatsächlich, dass er Tante Gussie zuzwinkerte.
Sie würden ihn in Stücke reißen.
Und wenn sie es nicht taten, würde Grace es tun. Ihre Rede hätte vortrefflich funktioniert, wenn Dominic ihr nicht immer wieder mit seinen „hilfreichen“ Erklärungen ins Wort gefallen wäre, in dem er beispielsweise versicherte, dass Sheba wirklich eine ausgezeichnete Anstandsdame und ein Harem nicht annähernd die Lasterhöhle sei, wie viele Leute glaubten.
„Tante Gussie“, meldete sich Grace’ Schwager Gideon diplomatisch zu Wort. „Warum geht ihr, du und die Mädchen, mit Grace nicht irgendwohin, wo es gemütlicher ist und plaudert ein wenig? Wir Herren bleiben derweil hier auf ein Wort mit Lord D’Acre.“
„Großartige Idee, mein Junge“, lobte Lady Augusta, und in Windeseile hatte sie die Damen aus dem Zimmer gelotst, sodass Dominic allein mit einer Schar wütender Adeliger zurückblieb.
Drei der Schwäger musterten ihn mit angespannten, kalten Gesichtern und geballten Fäusten. Dominic wusste, was ihn erwartete. Nicht zum ersten Mal stand er einer Gruppe von Englands vornehmsten Rüpeln gegenüber. Der einzige Unterschied war, dass er mittlerweile kein Schuljunge mehr war.
Gideon, Lord Carradice, sprach als Erster. „Nun, D’Acre. Ich denke, Sie müssen uns einiges erklären.“
Dominic inspizierte seine Fingernägel.
„Heraus damit, Mann! Reden Sie!“, brauste Blacklock auf, ein weiterer Schwager.
Aha, militärischer Hintergrund, dachte Dominic.
„Der Kerl braucht eine gehörige Abreibung“, grollte derjenige, der Reyne hieß.
Dominic zuckte mit den Achseln. Er legte seinen Mantel ab und krempelte sich die Ärmel auf.
„Was soll das denn, zum Teufel?“, fragte Carradice gereizt.
„Ich bereite mich darauf vor, mich zu verteidigen.“
„Wie bitte?“
„Meiner Erfahrung nach hören Söhne von Gentlemen im Allgemeinen nicht gern zu. Ich habe jedoch nichts gegen eine handgreifliche Auseinandersetzung, also bringen wir es ruhig hinter uns.“
„Nun, wir haben vor zu reden. Oder besser gesagt, zuzuhören. Wir sind uns nicht ganz im Klaren, was hier vor sich geht. Daher möchten wir ein paar Erklärungen, ehe wir Ihnen die Abreibung verpassen, die Sie wahrscheinlich verdient haben.“
Dominic runzelte die Stirn. Carradice hatte beinahe ironisch geklungen.
„Was sind Ihre Absichten in Bezug auf unsere Schwägerin?“, erkundigte der Duke sich ruhig und würdevoll.
Wieder zuckte Dominic die Achseln. „Ich dachte, das könnte sogar ein Blinder erkennen.“
Gideon verdrehte die Augen. „Verdammt, Mann, hören Sie endlich auf, ständig auszuweichen, sonst sehe ich mich doch noch gezwungen, Sie zu schlagen!“
„Nun ja, ich habe mein Bestes getan, um sie davon zu überzeugen, dass sie meine Geliebte werden soll.“
Vier Männer ballten die Fäuste.
Carradice sah ihn aus schmalen Augen an und hob die Hand, um die anderen von einer überstürzten Reaktion abzuhalten. „Also, entweder sind Sie lebensmüde oder ...“
„Ich werde sie natürlich heiraten“, sagte Dominic. Aus welchem Grund hätte er sie denn sonst wohl nach London gebracht?
Carradice zog die Augenbrauen hoch. „Einfach so? Und was ist, wenn sie Nein sagt? Oder ihre Familie etwas gegen Sie hat?“
Dominic betrachtete erneut seine Fingernägel.
„Wahrscheinlich haben Sie schon gehört, dass sie eine reiche Erbin ist“, bemerkte Reyne.
„Ihr Vermögen interessiert mich nicht“, gab Dominic gleichgültig zurück. „Ich bezweifele, dass es meins übersteigt.“
„Sicher haben Sie auch schon gehört, dass sie stur und streitlustig ist“, meinte Carradice. „Alle Merridew-Mädchen machen ihren Ehemännern das Leben zur Hölle.“
Dominic betrachtete sie einem nach dem anderen. Alle wirkten entspannt, gesund und geradezu selbstgefällig vor Zufriedenheit. „Ja, Sie sehen tatsächlich alle aus wie Pantoffelhelden. Ach ja, jeder hat so sein Kreuz zu tragen im Leben.“ „Lieben Sie sie?“
Dominic erwiderte seinen Blick ausdruckslos. Er hatte nicht die Absicht, darauf zu antworten, denn das ging nur ihn und Grace etwas an.
Carradice sah ihn prüfend an. „Als Sie Grace zum ersten Mal begegnet sind - was an ihr hat für Sie den Ausschlag gegeben, sich für sie zu interessieren?“
Dominic dachte einen Moment nach. „Ihr Fuß.“
„Ihr Fuß?“, riefen alle einstimmig.
„Ja.“ Er schmunzelte verschmitzt. „Sie hat mich getreten. Zweimal! “ Wenn das jetzt nicht zu einer Prügelei führte, dann wusste er
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