Ein verboterner Kuss
umschlungen lagen sie da, ihr Atem vermischte sich. Ihr Herzschlag beruhigte sich langsam wieder.
Irgendein vage vertrautes Gefühl stellte sich bei ihm ein. Mit geschlossenen Augen atmete er tief ein, und plötzlich war die Verbindung da. Rosen mit einem Hauch von Zitronenduft. Er lächelte. „Weißt du, dass wir beide zusammen nach den Rosen von Wolfestone duften?“
„Sie sind wunderschön. Ich habe noch nie zuvor Rosen gesehen, die so sehr duften wie sie.“ Sie rieb ihre Wange an seiner. „Aber lass uns nicht über Wolfestone reden.“
Er seufzte und streichelte sie. „Einverstanden.“ Wolfestone spielte keine Rolle. Sie war sein.
Lange Zeit lagen sie schweigend da, schließlich schob er sie sanft von sich und setzte sich auf. Er griff nach seiner Hose, und Grace wickelte sich in das Tuch, weil sie ohne seine Nähe plötzlich fror.
Dominic schlüpfte in seine türkischen Pantoffeln und blieb eine Weile nachdenklich sitzen. Dann seufzte er plötzlich schwer, und als er sich zu ihr umdrehte, war ein solches Leuchten in seinen Augen, dass sie am liebsten gesungen und gelacht hätte. Er schmunzelte sie an, und zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, sah er jungenhaft, verschmitzt und aufgeregt aus. Er packte sie und küsste sie, bis ihr schwindelig wurde.
Danach zogen sie sich an, verließen den Hamam durch verschiedene Ausgänge und machten sich auf den Weg in getrennte Schlafzimmer. Grace würde im Frauenbereich übernachten.
Dieser Dämpfer erfolgte zum rechten Zeitpunkt. Eine Spielregel für die Männer, eine für die Frauen. So ging es nun einmal auf der Welt zu.
Und sie würde nicht seine Geliebte sein.
Am nächsten Morgen brachen sie früh auf. Grace aß kaum etwas zum Frühstück. Sie sehnte sich danach, nach Hause zu kommen, zu ihrer lieben, vertrauten Familie. Doch einmal dort eingetroffen, würde sie Dominic auffordern müssen zu gehen.
Fatima, Kadije und Mouna verabschiedeten sich warmherzig von Grace und bestanden darauf, dass sie die Kleidungsstücke behielt, die sie ihr gegeben hatten. Sie schenkten ihr sogar noch weitere prunkvolle Sachen, und um ihnen eine Freude zu machen, trug Grace an diesem Tag ein Paar wunderschöner goldener Seidenpantoffeln mit nach oben gebogenen Spitzen.
Immer wieder bedankte sie sich bei den Damen und umarmte sie, als würden sie sich schon seit einer Ewigkeit kennen. „Sei nicht traurig, Grace“, sagten sie, als sie ihr ihren Kummer ansahen. „Du wirst zurückkommen und uns wieder besuchen. Dominic wird dich zu uns bringen. Er ist ein guter Mann, dein Mann.“
Sie lächelte und nickte. „Ich weiß.“ Es gab keinen Grund, die Frauen aufzuklären. Ehefrauen aus einem Harem würden ihr Dilemma nie verstehen.
Tariq verabschiedete sich mit ernster Miene von Dominic und Grace. Als sie sein Haus verließen, fing es an zu regnen, und zu Grace’ Entzücken hob Dominic sie auf seine Arme und trug sie zur Kutsche, um ihre exotischen Seidenpantoffeln zu schonen.
Sheba hatte schon stolz neben dem Kutscher auf dem Bock gesessen, doch sobald der Regen einsetzte, legte sie die Ohren an. Schließlich sprang sie vom Bock, setzte sich neben die Kutschenstufen und sah Dominic flehend an.
Er lachte. „Hast du schon einmal einen Hund gesehen, der in jeden Tümpel springt, aber den Regen hasst? Hier, bitte -das ist Sheba!“ Er schnippte mit den Fingern. Die Hündin sprang in die Kutsche und rollte sich glücklich vor seinen Füßen zusammen.
Als die Kutsche anfuhr, winkten sie Tariq und seinen Frauen ein letztes Mal zu. Stille kehrte ein, während sie Cheltenham langsam hinter sich ließen.
„Ist alles in Ordnung, Grace?“
Sie sah ihn an. Plötzlich lag sie wieder in seinen Armen, und sie küssten sich. Ihr letzter gemeinsamer Tag. Ihr kleines bewegliches Refugium.
„Woher wusstest du von dem Harem?“, fragte sie ihn einige Zeit später.
„Tariq und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit, sie reicht weit zurück bis in unsere Kindheit. Man könnte fast sagen, wir sind verwandt.“
„Verwandt?“
Er zog sie an sich und begann mit seiner Geschichte. „Einer der Orte, an denen ich als Junge lebte, war Napoli - Neapel. Selbst jetzt noch hege ich gemischte Gefühle für ihn. Zu der Zeit waren wir bereits ziemlich mittellos - meine Mutter brachte uns mehr schlecht als recht über die Runden, in dem sie ihren Schmuck verkaufte. Er war das Einzige, was sie mitgenommen hatte, als sie vor meinem Vater geflüchtet war. Ich verbrachte viel Zeit am Hafen. Für einen
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