Ein verboterner Kuss
Und Wolfestone braucht dich.“
Er fluchte. „Was ich brauche, Greys... Grace, bist du, verdammt! Ich brauche kein moderiges altes Schloss und einen heruntergekommenen Besitz - und die Leute in Wolfestone werden es überleben, wie sie schon seit sechshundert Jahren überlebt haben. Irgendjemand anderes wird das Land besitzen. Mit etwas Glück wird das ein guter Mensch sein - aber nicht ich.“ Seine Stimme wurde weicher. „Ich werde mit meiner Liebsten zusammen sein, mit ihr den Mond über den Pyramiden aufgehen sehen oder nach Venedig segeln. Komm.“ Er beugte sich zu ihr. „Du hast doch immer auf Reisen gehen wollen, nicht wahr? Und ich bin der Mann, der dich begleitet. Ich bin mein Leben lang in der Welt herumgereist.“
Grace war zutiefst unglücklich. Er bot ihr das an, was sie sich immer am meisten gewünscht hatte - aber das ging auf Kosten seiner eigenen Träume, seiner noch so zerbrechlichen, ganz neuen Träume. Konnte sie das zulassen? „Natürlich werde ich dich heiraten. Eigentlich sollte ich das nicht tun. Du brauchst ...“
„Ich brauche mein samthäutiges Mädchen, in dessen Augen ein Mann sich mit Freuden verlieren kann. Ich brauche die Frau, die mein Herz höher schlagen und meine Seele jubilieren lässt. Ich brauche mein geliebtes Mädchen, dem ich mein Herz ausschütten und das ich in der Stille der Nacht in meinen Armen halten kann. Das Mädchen, mit dem ich in der frischen Morgenluft im Galopp über die Felder reiten kann und das ich in der Nacht bei mir habe, wenn draußen der Sturm tobt.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Das war schöner als jedes Gedicht.
Er zog sie an sich und hielt sie ganz fest. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht zum Weinen bringen. Du bist sicher müde.“ Er küsste sie sanft.
Eine silberhelle Glocke ertönte. „Das Mittagessen ist fertig“, sagte Grace.
„Dann geh, Liebste. Geh und iss mit deiner Familie.“ Er lächelte reumütig und strich ihr zärtlich über die Wange. „Ich habe gar nicht das Recht, dich um irgendetwas zu bitten, solange noch so ein Durcheinander herrscht. Ich fahre jetzt nach Hau... nach Wolfestone und ..."
Er hatte sich rasch korrigiert, aber es war ihr dennoch nicht entgangen - und es schmerzte sie zutiefst. Wolfestone war nicht mehr sein Zuhause.
„Mach dir keine Sorgen, ich werde die Angelegenheit mit Melly und Sir John klären. Ich lege eine großzügige Abfindung für Melly fest, sodass sie sich über das Finanzielle nicht mehr den Kopf zerbrechen muss. Außerdem muss ich dafür sorgen, dass die Reparaturarbeiten, die ich begonnen habe, auch zu Ende ausgeführt werden. Die Pächter sollen den Winter warm und trocken überstehen. Anschließend suche ich Podmore auf, den Vermögensverwalter, und bitte ihn, den Besitz zum Verkauf anzubieten und den Ehevertrag aufzusetzen.“
Grace biss sich auf die Lippe. Dieser Mann kümmerte sich um jeden, nur nicht um sich selbst. Er sprach ganz sachlich und nüchtern, aber sie wusste, wie schwer ihm das alles zusetzte. Wenn sie ihn nicht dazu gedrängt hätte, Kontakt zu den Menschen in Wolfestone aufzunehmen, wenn sie ihm nicht gezeigt hätte, wie sehr er dort hingehörte ...
„Sieh mich nicht so an“, grollte er und küsste sie auf den Mund. „Ich werde nicht lange weg sein.“
„Nein, das war es nicht ...“
„Ehe du dich versiehst, bin ich wieder zurück. Und dann, Miss Grace Merridew ...“ Er schenkte ihr ein Lächeln, das schwach an das bei ihrer ersten Begegnung erinnerte, als Grace ihn noch für einen ungepflegten und durchtriebenen Zigeuner gehalten und sich dennoch in ihn verliebt hatte. Er legte ihr die Hand an die Wange, und seine goldbraunen Augen leuchteten. „Dann, Miss Grace Merridew, komme ich, um dich zu holen. Wir Wolves binden uns fürs Leben, musst du wissen, und ich habe meinen Traum, meine wahre große Liebe gefunden.“ Der Kuss, den er ihr jetzt gab, war fordernd und besitzergreifend, und Grace erwiderte ihn mit aller Leidenschaft. Sie wollte und konnte ihn nicht abweisen, sie hatte nicht die Kraft, ihm zu widerstehen. Sie wollte ihn mehr als alles andere in ihrem Leben.
Doch das Wissen, was er ihretwegen aufgab, zerriss ihr das Herz.
Kurz nachdem sie sich von Dominic verabschiedet hatte, betrat Grace das Speisezimmer. Der Tisch war festlich gedeckt, wie sie feststellte. „Bitte entschuldigt die Verspätung“, sagte sie und schlüpfte an ihren Platz.
Alle waren da: Prudence und Gideon, Charity und Edward, Faith und Nicholas, Hope und
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