Ein verführerischer Akt
Tanzen …«
»Und dann stellte sich Überdruss ein«, meinte er trocken.
Sie stieß ein leises Lachen aus. »Sie klingen sehr mitfühlend. Vielleicht empfinden wir in mancherlei Hinsicht ähnlich. Ich habe Ihnen von Susannas Zeichnungen erzählt. Mama hat die Hoffnung aufgegeben, dass sie sich jemals verloben wird, und eine Zeitlang dachte ich das auch, aber inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher.«
»Wegen Leo Wade?«
»Gütiger Himmel, nein. Der Wandel vollzog sich nach der wunderbaren Rückkehr unseres Bruders. Seit sie gesehen hat, wie glücklich Matthew und Emily sind, scheint sie bereit, Männern wieder eine Chance zu geben. Aber Mama setzt nach wie vor ihre ganze Hoffnung auf mich, und bislang brachte ich es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass ich meine Meinung geändert habe.«
»Sie weisen eine Ehe von sich, während sich andere junge Damen Ihres Alters leichtfertig hineinstürzen.«
»Nun, ich brauche kein Geld oder Sicherheit. Ich werde immer einen Platz bei meinem Cousin und seiner Frau haben und über ausreichende Mittel verfügen. Es gibt einfach so viel zu sehen auf dieser Welt. Ich habe bislang nur darüber gelesen und möchte endlich alles mit eigenen Augen sehen.«
»Indem Sie Verbrecher aus London weglocken, während Sie den wertvollsten Diamanten im ganzen Königreich am Hals tragen.«
Sie lachte. »Das ist eine Möglichkeit. Wenn ich mir selbst einen Ehemann aussuchen dürfte, müsste es ein Weltenbummler sein, der sich in Geschichte und Archäologie auskennt und über fremde Länder Bescheid weiß.«
»Der Inbegriff eines Abenteurers also«, meinte er trocken.
»Natürlich! Was ist eigentlich mit Ihnen? Warum sind Sie nicht verheiratet, denn das verlangt Ihr Rang – schließlich brauchen Sie einen Erben.«
»Solch eine wichtige Entscheidung sollte man nie dem Zufall überlassen.«
Rebecca kam sich komisch dabei vor, mit ihm in einem Bett liegend das Thema Fortpflanzung anzuschneiden, während er das ganz normal zu finden schien.
»Das klingt ja so, als hätten Sie einen genauen Plan«, fragte sie neugierig geworden.
»Ich plane für alle möglichen Eventualitäten.«
»Können Sie nicht einfach leben?«
»In den Tag hinein eher nicht«, erwiderte er trocken. »Ich will die perfekten Eigenschaften bei einer Frau herausfinden, um zu wissen, ob sie zu mir und zu meiner Stellung passt. Sie sollte fügsam und respektvoll sein.«
Sie wusste, dass er diese Eigenschaften hervorhob, um sie zurechtzuweisen, aber sie ignorierte den Vorwurf. »Wenn Sie wirklich eine Frau finden wollen, warum lassen Sie sich dann nicht häufiger bei gesellschaftlichen Anlässen sehen?«
»Diese Art der Brautschau ist nicht meine Sache.«
»Wie können Sie dann behaupten, nach einer Frau zu suchen? Offenbar tun Sie es ja gar nicht.«
»Ich suche sehr wohl, indem ich Erkundigungen einziehe.«
»Erkundigungen?« Sie hatte keinen blassen Schimmer, wovon er überhaupt redete.
»Ich würde nie ein Pferd kaufen, dessen Abstammung und Temperament ich nicht kenne.«
»Habe Sie etwa gerade eben Frauen mit Pferden gleichgesetzt?«, wollte sie wissen.
»Ja, vielleicht hinsichtlich der Frage, wie man die passende Frau auswählt. Der familiäre Hintergrund ist von entscheidender Bedeutung, während ich der Möglichkeit, sich zu verlieben, eher untergeordnete Bedeutung beimesse.«
»Ach ja«, meinte sie. »Warum haben Sie davon eine so geringe Meinung? Haben Ihre Eltern sich nicht geliebt?«
»Ich denke schon, doch es hat ihnen nicht geholfen, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Aber über ein so persönliches Thema brauchen wir uns nicht zu unterhalten.«
Er wirkte so lächerlich überzeugt, dass sie ihm nicht einmal böse sein konnte. Mehrere Minuten lang lag sie ruhig da, ihre Schulter unverändert an seiner. Nur dieser kleine Körperkontakt sorgte schon dafür, dass sie sich erhitzt und innerlich unruhig fühlte. Trotzdem bewegte sie sich nicht, lauschte nur in sich hinein und spürte, wie sich zunehmend eine nervöse Anspannung breitmachte, eine gefährlich gesteigerte Wahrnehmung, die sie an verbotene Dinge denken ließ. Sie fasste sich ein Herz und sprach das Problem an.
»Julian.«
»Ja?«
Sie glaubte, eine gewisse amüsierte Nuance in seinem Tonfall zu erkennen und ärgerte sich.
»Wir liegen hier nebeneinander im Bett und machen uns beide Sorgen, als würden wir … etwas erwarten.«
»Wir machen uns Sorgen?«, fragte er.
Sie beachtete seinen Einwurf nicht. »Es ist nur natürlich,
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