Ein verführerischer Akt
schließlich sind wir zwei gesunde Menschen, die zusammen im selben Bett schlafen. Es könnte die … Spannungen vielleicht lösen, wenn Sie es hinter sich bringen und mich einfach küssen.«
Er gab einen erstickten Laut von sich – und dann erkannte sie, dass er versuchte, ein Lachen zu unterdrücken. Sie schlug nach seinem Arm.
»Rebecca«, erklärte er mit besänftigender Stimme, während er gleichzeitig nach ihrer Hand griff.
Hatte er gemerkt, dass sie ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte, weil er sich über sie lustig machte?
»Wenn ich Sie küssen würde, wäre hinterher alles anders zwischen uns. Vielleicht nur schlimmer.«
Sie hörte auf, gegen ihn zu kämpfen, und spürte im Dunkeln seine warme Hand, die ihre umschloss. »Warum würde es alles schlimmer machen?«, flüsterte sie. »Ist die Vorstellung, mich zu küssen, so abstoßend? Heute Nachmittag schienen Sie nicht so zu denken.«
Sie erinnerte sich daran, wie er sich in Lady Thurlows Garten über sie gebeugt, wie ihr Atem sich beschleunigt hatte, wie ihre Welt immer kleiner geworden war, bis sie nur noch sein dunkles, attraktives Gesicht sah, das immer näher kam. Sie war voll gespannter Erwartung gewesen – so sehr, dass sie die Warnrufe in ihrem Innern ignorierte.
Ehe er etwas sagen konnte, meinte sie bitter: »Ach nein, ich habe mich geirrt. Es war nur, weil Sie sich dadurch Vorteile bei Ihrer Wette zu verschaffen hofften. Oder um mehr über den Diamanten zu erfahren.« Sie versuchte ihm ihre Hand zu entziehen, doch er ließ sie nicht los.
»Ja, so fing es an«, erklärte er leise mit heiserer Stimme im Dunkeln. »Ich wollte Sie verwirren, und stattdessen war ich derjenige, der verwirrt wurde.«
Ihre Stimmung hob sich ein bisschen.
»Und wenn ich Sie küsse«, sein Atem strich warm über ihre Wange, als sei er näher gerückt, »und Sie dann nicht wollen, dass ich wieder aufhöre?«
»Halten Sie mich für so schwach? Oder übertragen Sie Ihre eigenen Bedenken auf mich?«
Er stieß ein kurzes Lachen aus, während er sich wieder auf seine Seite und von ihr wegrollte. Doch statt sich über den Platzgewinn im Bett zu freuen, fühlte sie sich fast beleidigt oder verletzt. Wollte er sie tatsächlich nicht küssen und wusste nur nicht, wie er ihr das beibringen sollte? Seinen tiefen, gleichmäßigen Atemzügen lauschend schlief sie schließlich ein.
Julian erwachte, als die Morgendämmerung einsetzte, und stellte fest, dass Rebecca sich während der Nacht eng an ihn gekuschelt hatte. Ihre Schenkel drückten sich von hinten an seine Beine, ein Arm umschlang seine Taille, und ihre Wange lag an seinem Rücken. Er spürte jede Wölbung ihres Körpers und insbesondere ihren weichen Busen. Während der Nacht hatte sie sich bisweilen im Schlaf bewegt, sich dabei an ihm gerieben und ihn damit erregt. Aber er wäre nicht der Earl of Parkhurst, wenn er die Kontrolle über sich verloren hätte. Ihn dahin zu treiben, das schaffte keine Frau. Er schenkte Lust und empfing sie, wusste zugleich immer, wann er aufhören musste.
Nur: Unter all den vielen Frauen, mit denen er in seinem Leben geschlafen hatte, war keine einzige gewesen, die ein solch überwältigendes Verlangen in ihm auszulösen vermochte wie Rebecca. Ihm schien fast, als habe er zuvor nicht wirklich gelebt. Immer wieder musste er an das Gemälde denken.
Doch welche Sorte Frau war sie eigentlich? Ein Aktmodell zweifellos und vielleicht nicht einmal mehr Jungfrau. Jedenfalls hatte sie sich mit ihrem Verhalten diskreditiert und gehörte nicht mehr zu den anständigen jungen Ladys, sagte er sich, und gleichzeitig überfielen ihn Zweifel. Denn als sie ihn gebeten hatte, sie zu küssen, meinte er einen Anflug von Wehmut gespürt zu haben. War sie möglicherweise trotz allem noch unschuldig, vielleicht sogar ungeküsst?
Eine Vorstellung, welche auf die dunkle Seite seines Selbst ungeheuer verlockend wirkte, da er bisher nie mit einer Jungfrau geschlafen hatte. Was für ein Gefühl das sein musste, der Erste zu sein, ihr alles zu zeigen …
Er schloss die Augen und biss die Zähne aufeinander. Genug. Er würde nie eine Frau entjungfern, außer er beabsichtigte, sie zu heiraten. Ein derartiger Kontrollverlust konnte nur neuen Schaden für das Ansehen seiner Familie nach sich ziehen, und das galt es unter allen Umständen zu vermeiden.
»Fragen Sie sich gerade, wie Sie sich aus der Affäre ziehen können?«, hörte er in seine Überlegungen hinein Rebecca fragen. Sie war soeben aufgewacht,
Weitere Kostenlose Bücher