Ein verführerischer Akt
lag noch dicht bei ihm, einen Arm nach wie vor locker um seine Taille gelegt. Stöhnend rückte sie von ihm ab. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie.
Er setzte sich auf und drehte sich zu ihr um. Sie hatte ihr Gesicht mit beiden Händen bedeckt, ihr zerzaustes Haar floss über das ganze Kissen. Trotzdem sah sie so verführerisch, so begehrenswert aus.
Und unglücklich.
Er beugte sich über sie, auf einen Ellbogen gestützt, und versuchte ihr die Hände vom Gesicht zu ziehen. »Es gibt nichts, wofür Sie sich entschuldigen müssten.«
Endlich nahm sie die Hände vom Gesicht und sah zu ihm auf. »Wirklich? Sie glauben also nicht, dass ich das absichtlich …«
»Natürlich nicht.« Doch als er in ihre braunen Augen mit den dunklen Wimpern schaute, verlor er den Faden. Sie lag fast unter ihm, und ihre Lippen waren so nah. Sie hatte gewollt, dass er sie küsste.
Julian geriet erneut in Versuchung, beherrschte sich aber. Erst einmal musste alles aufgeklärt werden. Er stand auf und fuhr sich mit den Händen durchs zerzauste Haar, ehe er sich zu ihr umdrehte.
Sie setzte sich soeben auf und reckte sich. Hatte sie nicht bequem gelegen? Dabei schien es ihm, dass sie sich durchaus wohlgefühlt hatte, so eng an ihn gekuschelt, wie er sich zufrieden in Erinnerung rief.
»Als Erstes brauchen wir andere Kleidung«, sagte sie und setzte ein tapferes Lächeln auf.
Ihre Courage gefiel ihm. »Wir werden welche kaufen.«
»Das Zimmermädchen wird uns nach dem gestrigen üppigen Trinkgeld bestimmt helfen.«
»Gut, ich schicke sie mit einem Tablett hoch, wenn ich nach unten gehe. Bleiben Sie im Zimmer, solange ich weg bin. Und dann müssen wir uns über unser Geld unterhalten und wie wir damit am weitesten kommen.«
»Haushaltsplanung«, erwiderte sie mit einem Lächeln. »Sie sind darin bestimmt sehr gut.«
»Das bin ich.«
»Und wie immer bescheiden.«
Er lachte, als er seine ramponierte Jacke anzog und den Raum verließ. Er war es nicht gewohnt, von Frauen aufgezogen zu werden. Die meisten traten ihm mit so viel Ehrfurcht und Respekt entgegen, dass es fast schon langweilig war.
Nicht so Rebecca. Sie forderte ihn ganz frei heraus auf, sie zu küssen, und schlief bereitwillig in seinem Bett. Er freute sich schon auf die nächste Nacht.
Kapitel 10
Nachdem Julian gegangen war, legte Rebecca den Kopf stöhnend auf die angezogenen Knie. Sie hatte sich normal zu verhalten versucht, aber sie konnte immer noch die Wärme seines großen, kräftigen Körpers an ihrem spüren. Gütiger Himmel, sein Rücken hatte sich an ihren Bauch gedrückt. Sie ließ sich aufs Bett zurückfallen und schlug wieder die Hände vors Gesicht. Warum hatte er sie nicht einfach geküsst und damit von ihrem Elend erlöst? Bestimmt würde sie nicht mehr von diesen seltsamen Gefühlen gequält werden, sobald sie wusste, wie es sich anfühlte – wie er schmeckte.
Ein Beben lief durch ihren Körper, und die Stelle zwischen ihren Schenkeln war warm und empfindlich, ein seltsam beunruhigendes Gefühl. Trotzdem genoss sie die Empfindungen, denn sie wollte schließlich alles kennenlernen, was sich ihr bot.
Er war in der Lage, sich zu beherrschen – meisterlich sogar, wie sie mürrisch feststellte. Ihr fiel es weniger leicht.
Das Zimmermädchen klopfte bereits an die Tür, als Rebecca sich noch das Gesicht wusch. Sie wartete, bis sie die Stimme der Frau hörte – Julian würde stolz auf so viel Umsicht sein –, bevor sie sie hereinbat. Sobald das mit einem Tuch bedeckte Frühstück auf dem Tisch stand, schilderte Rebecca ihr Dilemma wegen der Kleidung.
»… und dann fiel unser Gepäck in den Schlamm«, schloss sie und spreizte die Hände. »Mein Mann hat einfach alles weggeworfen, und jetzt haben wir gar nichts mehr. Könnten Sie uns Sachen besorgen, für die wir Ihnen natürlich Geld geben?«
»Natürlich, Madam. Sagen Sie mir nur, was Sie brauchen.«
Als Julian schließlich zurückkehrte, war sie sehr stolz auf sich. Sie setzten sich an den Tisch und aßen Spiegeleier und Brot.
Rebecca nahm einen Schluck von dem starken Kaffee. »Ich habe mit dem Zimmermädchen gesprochen. Sie geht los, um uns drei Garnituren …«
»Halt«, sagte er.
Sie starrte ihn an.
»Hatte ich nicht gesagt, dass unsere finanziellen Mittel begrenzt sind? Wir haben nur das, was in meinen Taschen und in Ihrem Retikül steckt. Wir müssen damit so sparsam wie möglich umgehen. Wir brauchen Sachen zum Anziehen, aber nicht gleich drei Garnituren. Und wie sollten wir das Ganze
Weitere Kostenlose Bücher