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Ein verführerischer Akt

Ein verführerischer Akt

Titel: Ein verführerischer Akt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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an zu husten.
    Das laute Klingen der Glocke zeigte die Ankunft der Feuerwehr an, aber hier gab es nichts mehr zu löschen und niemanden mehr zu retten. Die Männer würden sich darauf beschränken, ein Übergreifen der Flammen auf Nachbargebäude zu verhindern.
    »Sie braucht Hilfe«, drängte Rebecca. »Wir finden später heraus, was mit Roger passiert ist.«
    »Es wird kein Später geben«, murmelte er.
    Mrs Eastfield hob den Kopf. »Roger? Kannten Sie meinen Sohn?«
    Rebecca nahm Julians nasses Halstuch und wollte der alten Frau den Ruß aus dem Gesicht wischen, doch die schob ihre Hand beiseite.
    Rebecca seufzte schwer. »Ich habe ihn in London kennengelernt, Mrs Eastfield. Er war ein begnadeter Künstler.«
    »Dann müssen … Sie es wissen … und es … der Polizei sagen. Mein Sohn wurde … ermordet.«
    »Das können Sie später selbst zu Protokoll geben«, meinte Rebecca sanft.
    »Nein! Ich … ich sterbe, endgültig … Ich fühle es … Alle müssen erfahren … was passiert ist!«
    Die alte Frau gestikulierte erregt mit den Armen und fing wieder an zu husten. Traurig schaute Rebecca Julian an.
    »Wir werden zuhören«, sagte er und legte eine Hand auf Mrs Eastfields knochige Schulter. »Erzählen Sie uns alles, was Sie wissen.«
    Sie holten Wasser aus dem Brunnen, wickelten die Frau in Julians Jacke, und nach ein paar Schlucken begann sie stockend zu erzählen.
    »Drei Männer kamen hereingestürmt … und verlangten, dass er ihnen etwas über ein Schmuckstück erzählte … Über einen Diamanten. Roger … Roger sagte, dass er nicht wisse, wovon sie überhaupt redeten, aber … sie schlugen ihn.« Die Frau schluchzte leise, bevor sie weiterredete. »Dann sagte er, dass er einen roten Stein habe, aber bloß aus Strass. Doch sie glaubten ihm nicht … und behaupteten, dieser Schmuck sei unendlich kostbar. Am Ende hatten sie sogar mich beinahe überzeugt … Nur der arme Roger blieb dabei, dass es sich um nichts Wertvolles handelte. Als er dann noch sagte, dass er den Stein einem seiner Modelle geliehen hatte – o Gott, da schlugen sie ihn wieder. Der Wortführer erklärte, der Schmuck gehöre ihm … Roger hätte nur den Auftrag gehabt, seine Frau zu malen … und bei dieser Gelegenheit den Stein gestohlen.«
    Julian tauschte einen schnellen Blick mit Rebecca. Eine Träne hinterließ eine Spur auf ihrem schmutzigen Gesicht, während sie die Frau ansah, die immer schwächer wurde.
    »Roger … war kein Dieb! Mein Gott, sie haben immer weiter auf ihn eingeschlagen und … schließlich gab er zu, dass die Frau ihm den Schmuck gegeben hatte. Der Mann … wollte es nicht glauben … Und dann sagte Roger noch, sie hätten ein Verhältnis gehabt … und die Frau wollte den Schmuck nicht mehr. Weil er sie langweilte … wie ihr Mann. Ich habe noch nie solche Wut und solchen Hass … bei einem Menschen gesehen. Er glaubte Roger nicht, beschuldigte ihn zu lügen … Seine Frau behauptet angeblich, der Diamant sei von Roger gestohlen worden … Dann schlug er meinen Jungen … mit einer Vase. Immer wieder, bis er sich nicht mehr rührte … Mein armer Junge.«
    Als sie das nächste Mal hustete, klang es schon ganz schwach, und jeder Atemzug glich einem angestrengten Keuchen. Ermattet schloss sie die Augen.
    Rebecca liefen die Tränen übers Gesicht. »Mrs Eastfield, Sie müssen sich ausruhen.«
    »Zu spät«, stöhnte sie, und ihr Kopf schwankte von einer Seite zur anderen. »Zu spät. Ich war ihnen … egal. Ich habe meinen Sohn im Arm gehalten, als sie mein Haus in Brand steckten, um ihre Untat zu verbergen.«
    »Wissen Sie, wer es war?«, fragte Julian eindringlich.
    Ein Beben ging durch ihren Körper, und sie warf den Kopf nach hinten. »Windebank«, flüsterte sie. »Sie nannten ihn … Windebank. Er sagte, er würde … nach Hause gehen. O Roger, Roger …« Dann sackte sie auf der Bank zusammen und rührte sich nicht mehr.
    Stille hüllte Julian und Rebecca ein, während sie die Tote ansahen. Rebecca schluchzte und rieb sich die Augen. Julian dagegen war wie erstarrt. Mühsam zwang er sich zur Ruhe, zum logischen Denken, während unbändige Wut ihn zu ersticken drohte.
    »Julian?«, fragte Rebecca und schüttelte seinen Arm. »Was ist los? Kennst du den Namen?«
    »Mein Onkel«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Es ist mein Onkel.«

Kapitel 15
    Rebecca, die noch immer auf den Knien hockte, sah mit offenem Mund in sein strenges, abweisendes Gesicht. Mit den dunklen Gesichtszügen, den

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