Ein verfuehrerischer Handel
dieses Gefühl zu unterdrücken. Ariels Blick folgte Phillip über die Straße bis zu der Stelle, wo seine Kutsche wartete. Sie runzelte die Stirn, als sie den kleinen schwarzen Jungen entdeckte, der vielleicht sechs Jahre alt sein mochte und der sich beeilte, den Wagenschlag zu öffnen.
»Ist dieses Kind ... ist der Junge ein Diener?«, fragte sie, und ihr Blick hin an dem Kleinen, der mit einer langen, purpurfarbenen Pumphose aus Satin bekleidet war und einer dazu passenden purpurfarbenen Weste. Er trug einen mit Rheinkieseln besetzten goldenen Turban auf dem dunklen Köpfchen und sah darunter aus wie eine Blume, die in der Sonne welk geworden war. Kleine goldene Schuhe, die an den Zehen nach oben gebogen waren, ergänzten das Kostüm.
»Das Kind ist ein Mohr«, erklärte Justin ihr. »Eine von Marlins neuesten Errungenschaften. Er hält den Jungen zur Unterhaltung ... eher so wie einen Schoßhund. Es belustigt ihn, die Reaktion der Leute auf die Hautfarbe des Jungen zu sehen und darauf, wie er gekleidet ist.«
Ariel konnte nicht aufhören, das Kind anzustarren. Sie sah, wie Marlin ihm die Schachteln in die kleinen Hände drückte, dann in die Kutsche stieg und die Tür hinter sich zuschlug. Das Kind kämpfte einen Augenblick mit der Last, reichte sie einem Lakai und beeilte sich dann, neben dem Kutscher auf den Bock zu klettern; dabei schwankte es dort oben so sehr, dass Justin hörte, wie Ariel erschrocken den Atem einsog. Doch schließlich schaffte der Kleine es, sich festzuhalten, und Phillip gab den Fahrbefehl.
»Ich kann kaum glauben, dass er ein Kind so behandelt«, meinte Ariel leise.
»Es gibt eine ganze Menge Dinge an Phillip Marlin, die Ihr kaum glauben würdet«, erklärte Justin spöttisch; natürlich würde sie es ihm nicht abnehmen, wenn er es ihr erzählte. Er fasste nach ihrem Arm, wünschte Marlin zur Hölle und führte sie die Straße entlang.
Ganz gleich, wie sehr Ariel es auch vermied, daran zu denken - der nächste Tag kam, und mit ihm ihre Abreise nach Birmingham. Sie hatte eine ruhelose Nacht hinter sich, in der sie an Phillip Marlin und den Grafen gedacht hatte, sich seine Fürsorge vergegenwärtigte und das unerwartete Mitgefühl, das sie in den Augen Grevilles las, als sie im Geschäft der Schneiderin waren. Er hatte ihre Verlegenheit gespürt, die entsetzliche Erniedrigung. Vorübergehend hatte sie geglaubt, er würde sie auf die Arme nehmen und aus dem Geschäft tragen - beim Anblick seines umwölkten Gesichtsausdrucks.
Und dann war da, wie gesagt, Phillip. Sicher irrte sich Greville, was die Verbindung von Phillip mit dem Jungen anging. Vielleicht half er dem Kind ja gewissermaßen - wenn es ein Waisenjunge war. Dennoch störte sie die Art, wie Phillip den Kleinen behandelt hatte, so wie eine Trophäe, die ausgestellt wurde. Sie versuchte, sich Lord Greville vor Augen zu halten im Umgang mit einem kleinen Kind - doch das Bild entzog sich ihrer Fantasie.
Die Kutsche wartete vor dem Haus, als Ariel die Treppe hinunterstieg. Sie hatte gepackt und war schon lange vor dem Zeitpunkt der Abreise fertig gewesen; ihre Zofe Silvie stand nervös neben ihr, das Mädchen hielt einen Reisekoffer in ihren rundlichen Händen.
Lord Greville erschien ein paar Minuten später an der Tür, wie ein Sturmwind fegte er herbei.
Ariel zwang sich zu einem Lächeln. »Wir sind fertig, Mylord.«
Er warf ihr einen flüchtigen Blick zu und runzelte die Stirn. »Ich dachte, Ihr hättet verstanden! Bei der Menge Arbeit, die ich zu erledigen habe, brauche ich meine Ruhe. Da wir nur in einer Kutsche reisen, wird Eure Zofe nicht mit von der Partie sein.«
Überrascht blinzelte Ariel. »Aber Ihr müsst sie mitkommen lassen. Es ziemt sich nicht für eine Lady ...« Sie sah, wie sich seine Brauen zusammenzogen, und fing noch einmal an. »Wie könnte ich ohne sie auskommen? Wer würde mir beim Auskleiden helfen?«
»Ihr habt es eine ganze Anzahl von Jahren ohne Dienerin geschafft - vermutlich werdet Ihr die Situation auch noch einige wenige Tage mehr meistern.«
Es war höchst unanständig! Doch Ariel stritt sich nicht mit ihm, denn es würde ohnehin nichts nützen. Stattdessen blieb sie steif stehen, als Silvie die Treppe wieder erklomm. Greville nahm ihren Arm und führte sie über den Kies der Auffahrt. Er half ihr in die Kutsche und setzte sich dann ihr gegenüber. Seine Schultern sahen in der räumlichen Enge noch breiter aus, und auch wenn seine Kleidung schlicht geschnitten war, trug er sie doch mit
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