Ein verfuehrerischer Handel
später als neun Uhr aufbrechen.«
Sie zwang sich zu nicken. »Wie Ihr wünscht, Mylord.«
»Inzwischen, denke ich, werden wir den heutigen Tag damit verbringen, einzukaufen.«
»Einzukaufen, Mylord?«
»Ich möchte Euch gerne neu einkleiden - mit Zubehör.«
Ariel schüttelte den Kopf. »Ihr habt bereits eine ganze Reihe hübscher Kleider für mich bezahlt. Ich habe sie noch kaum getragen. Mehr brauche ich nicht.« Ihre Schulden würden nur noch wachsen, sie würde ihm immer mehr zurückzahlen müssen. Innerlich stöhnte sie auf.
»Für die Gelegenheiten, an die ich gedacht habe, würde ich Euch gern in etwas weniger ... konservativer Aufmachung sehen. Eure Kleider sind angemessen für den Tag; aber für den Abend seht Ihr darin aus, als würdet Ihr soeben aus der Schule kommen.«
Ariel blickte auf die Tasse mit Kakao, die ein Lakai vor sie gestellt hatte. »Genau das tue ich doch auch«, sagte sie leise.
Die Muskeln in seinen Schultern spannten sich an. »Ihr seid kein Kind mehr, Ariel. Und ich habe auch nicht die Absicht, Euch als ein solches zu behandeln.«
Ariel schwieg. Sie wusste, dass er an den Kuss dachte, den er ihr gegeben hatte, und an die Schuld, die er von ihr einzutreiben gedachte. Er wandte sich zu dem Lakai, der an der Tür stand und winkte ihm, das leichte Frühstück zu servieren; dann lehnte er sich zurück und nippte an seinem Kaffee, dabei ruhten diese kühlen grauen Augen wieder auf ihrem Gesicht.
Unter dem Tisch knüllte Ariel die weiße Leinenserviette zu einem Stoffball zusammen, der dem dicken Kloß in ihrem Hals ähnelte. Der Lakai stellte einen köstlichen, gezuckerten Kuchen auf den Tisch, dazu eine Schüssel voll reifer, roter Beeren - doch Ariel war nicht mehr hungrig.
Stumm beendeten sie ihr Frühstück. Sobald die Teller abgeräumt waren, stand Justin auf und kam zu Ariel herüber, die die Krümel auf dem Tischtuch zusammenschob. Er sagte nichts, als er sie zu der wartenden Kutsche führte, winkte nur dem Kutscher zu, der auf seinen Bock kletterte. Ein sanfter Schlag mit den Zügeln auf die Hinterhand der vier prächtigen Grauen, und los ging es, die eisenbeschlagenen Räder rumpelten über das Kopfsteinpflaster der Straße.
Die Stadt zog an dem Fenster vorbei, Tavernen und Teestuben, Metzgereien und Teppichhändler. Ariel spähte durch das Fenster, und ihm entging nicht das faszinierte Strahlen, das ihr Gesicht erhellte. Es dauerte nicht lange, bis sie St. James erreicht hatten - eine Gegend mit eleganten Geschäften für die reichen Mitglieder der oberen Zehntausend. Justin befahl dem Kutscher, vor einem schmalen Geschäft anzuhalten, das zwischen einem Händler für Spirituosen und dem Laden eines Stuhlmachers lag. Es gab nur ein einziges Schaufenster und ein bescheidenes hölzernes Schild, auf dem stand: »Madame Dupree, Couture.«
»Sollen wir?« Er bot Ariel den Arm, und sie ließ sich von ihm ins Innere führen.
In dem kleinen, ordentlichen Raum arbeiteten mehrere Frauen an bunten Stoffbahnen, geschäftig stichelten ihre Nadeln, damit Kleider daraus entstanden. Eine der Näherinnen, eine untersetzte Frau mit breiten Hüften, stand auf, als Ariel und Justin den Raum betraten, und ging in den hinteren Teil des Geschäftes, wo sie hinter einem Samtvorhang verschwand, um die Eigentümerin zu rufen.
»Woher habt Ihr von diesem ... ?« Ariel blickte zu ihm auf und ihre Frage schluckte sie hinunter. Er wusste, dass sie glaubte, er sei schon zuvor hier gewesen und hätte Kleider für seine anderen Geliebten gekauft.
»... Geschäft gewusst?«, beendete er den Satz für sie.
»Wahrscheinlich bin ich nicht die erste Frau, die Ihr hierher bringt«, meinte sie ein wenig scharf und starrte ihn an.
Belustigt zogen sich seine Mundwinkel hoch. »Offen gestanden, seid Ihr wirklich die Erste. Ich kenne diese Adresse, weil mein Vater als Stammkunde herkam. Ich habe die Rechnungen bezahlt, nachdem er gestorben war. Da er einen sehr sicheren Geschmack hatte, dachte ich mir, dieses Geschäft diene auch unseren Zwecken.«
Sie lüftete eine blonde Braue. »Und was genau meint Ihr mit diesen Zwecken?«
»Ihr habt gesagt, dass Ihr die Stadt sehen, vielleicht sogar ein Schauspiel oder die Oper besuchen wollt. Dafür benötigt Ihr die Art von Kleidern, die Madame Dupree anfertigt.«
Sie antwortete nicht darauf. Wie sollte sie auch? Es war immerhin ihre Idee gewesen, dass er ihr die Sehenswürdigkeiten Londons zeigte. Er legte ihr eine Hand um die Taille und bemerkte, wie unglaublich
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