Ein verfuehrerischer Handel
ist?«, fragte Clay. »Du siehst nicht sehr gut aus.« Erst einmal in seinem Leben hatte er seinen Freund so abwesend erlebt, so schmerzlich in sich selbst zurückgezogen - nach der Entdeckung von Margaret Simmons mit Phillip Marlin im Bett.
Marlin? Sicher nicht. Der Himmel würde nicht so grausam sein ... Aber Ariel hatte sich mit Marlin eingelassen, als Justin sie zum ersten Mal erblickte - und Phillip hatte schon immer ein Händchen für Frauen gehabt.
»Es geht mir gut«, versicherte Justin ihm. »Ich bin nur ein wenig müde, mehr nicht.«
So, wie er aussah, war das die Untertreibung des Jahres. Clay zwang sich zu einem Lächeln. »Da du also wieder frei bist, statten wir doch einfach Madame Charbonnet einen Besuch ab?« Er hatte diese Frage nur gestellt, um Justins Reaktion zu testen.
Justins Mund verzog sich zu dem kältesten Lächeln, das Clay je an ihm gesehen hatte. »Das scheint mir eine sehr gute Idee zu sein. Ich muss eine kurze Reise machen; doch sobald ich wieder zurück bin, nehme ich dich beim Wort. Immerhin ist eine Frau so gut wie die andere, wenn sie erst einmal flach auf dem Rücken unter dir liegt.«
Die bitteren Worte, die sogar für Justin grob klangen, jagten Clay einen Schauder über den Rücken. Wenn Justin schon zuvor kalt und argwöhnisch gewesen war, so wirkte er jetzt wie ein Mann aus Eis.
Clay dachte an Ariel Summers und wünschte, er könnte seine Hände um ihren schlanken Hals legen und zudrücken.
Genauso, wie sie es mit dem Herzen seines Freundes getan hatte.
Der heftige Herbstwind blies durch die Spalten in den Wänden der kleinen Dachkammer über dem Golden-Partridge-Gasthaus. Ariel zitterte und versuchte, sich warm zu halten. Ihr Geld hatte sie inzwischen aufgebraucht; doch der Eigentümer war damit einverstanden gewesen, dass sie in der Küche arbeitete - als Ersatz für Daisy Gibbons, die in den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft krank geworden war. Aber der Lohn betrug nur Pfennige, und er hatte eigentlich genügend Aushilfen. Wenn das Baby erst geboren war, würde Daisy zurückkommen, und Ariel müsste endgültig gehen.
»Was soll ich nur tun?«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Agnes Bimms, der Köchin, als sie den angebrannten Boden eines riesigen eisernen Kessels in der Küche schrubbte. »Mr. Drummond hat mich freundlicherweise eingestellt; aber Daisys Baby kann jetzt jeden Tag kommen. Sie braucht das Geld, wird wieder arbeiten wollen, sobald sie das kann. Ich habe auf Anzeigen in der Zeitung geantwortet, habe an Türen geklopft und versucht, durch eine Arbeitsagentur eine Stelle zu finden. Ich habe alles getan, was mir eingefallen ist. Ohne Referenzen will mich niemand nehmen.«
»Was für eine verflixte Schande, mit all deiner Schulausbildung! Du würdest eine feine Gouvernante abgeben, für einen dieser Nabobs im West End. Eine Schande ist das!«
»Mir macht es nichts aus, was für eine Arbeit es ist - ich würde alles nehmen, was ich bekommen kann.«
Agnes zog eine ihrer buschigen Brauen hoch. Sie war eine kleine, untersetzte Frau mit Haaren am Kinn und freundlichen blauen Augen. »Da gibt es noch etwas, wo du es probieren könntest.«
Ariel hob den Kopf. »Was denn, Aggie?«
»An diesem Samstag ist Schrubbermarkt im Park an der Ecke. Vielleicht willst du es dort einmal versuchen?«
»Ein Schrubbermarkt? Leider habe ich nicht die leiseste Ahnung, was du damit meinst.«
»Das ist ein Markt, bei dem Arbeitskräfte eingestellt werden. Du gehst einfach hin; wer immer einen Diener oder Arbeiter braucht, sieht dich an, und wenn du ihnen gefällst, stellen sie dich für ein Jahr lang ein. Erweise dich als tüchtig und du hast eine Stelle auf Dauer!«
Ariel lächelte, ein Hoffnungsschimmer erwachte in ihr. »Oh, Aggie - das ist eine wundervolle Gelegenheit. Sicher wird jemand eine fleißige Hilfskraft brauchen können.«
»Na ja, man weiß nie, Liebes ...« Agnes reichte ihr noch einen schweren Topf, den sie reinigen sollte; aber selbst die harte Arbeit konnte nicht das Lächeln aus Ariels Gesicht vertreiben. Diesmal würde sie Arbeit finden, sie war überzeugt davon.
Am Freitag kehrte Daisy Gibbons an ihren Platz in der Küche zurück, und am Samstag packte Ariel ihre Sachen, verließ die zugige Dachkammer und machte sich auf den Weg zum Schrubbermarkt. Gekleidet in ihrem schlichten braunen Rock und eine weiße Bluse, mit den kräftigsten Schuhen, die sie besaß, war sie unter den Ersten, die dort anlangten. Sie hatte erwogen, ein hübscheres Kleid
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