Ein verfuehrerischer Handel
wenn sie gewusst hätte, was sie tun sollte, besaß sie nicht die Willenskraft, sich zu etwas aufzuraffen. Stattdessen hockte sie bewegungslos auf dem Bett, ihre Hände und Füße waren vor Kälte taub, und sie spürte den schwachen Schlag ihres Herzens, das in zwei Teile gebrochen war.
So schleppte sich die Zeit dahin. Die Gedanken an Justin wurden vager, die Qual ihrer zerschlagenen Hoffnungen und Träume ließ nach. Es war alles eine Lüge gewesen, das wusste sie. Sein seltenes, wundervolles Lachen, seine zärtliche Fürsorge, seine Betroffenheit, nichts davon hatte gestimmt. Langsam verbannte sie die Erinnerungen daran, schob sie in den hintersten Teil ihres Gedächtnisses, vergrub sie tief in ihrem Herzen.
Als sie am folgenden Morgen das Zimmer verließ, ganz schwach vor Hunger und mit vom Weinen geschwollenen und roten Augen, hatte Ariel sich damit abgefunden, dass Justin Ross immer schon der kalte, herzlose Mann war wie derjenige vor drei Tagen, der sie, ohne mit der Wimper zu zucken, weggeschickt hatte.
Und sie hasste ihn dafür.
Genauso wie sich selbst, weil sie so leicht auf ihn hereingefallen war. Sie schwor sich, nie wieder naiv zu sein und einem Menschen zu vertrauen. Ariel hatte eine böse Lektion erteilt bekommen - aber sie war noch jung, und das Leben ging weiter. Sie würde einen Weg finden, zu überleben - wie damals, als sie vierzehn Jahre alt gewesen war.
Nur diesmal würde sie es allein schaffen, sich bei niemandem verschulden. Sie würde ihren eigenen Weg einschlagen, ganz gleich, was es ihr abforderte. Ganz gleich, wie hart sie arbeiten und welche Opfer sie bringen musste.
Und immer, wenn sie sich davor fürchtete zu versagen, würde sie an jenen gefühllosen Eiszapfen denken, den sie seinerzeit meinte zu lieben. Dann würde sie ganz einfach dankbar sein dafür, dass sie von ihm befreit war.
16
Clayton Harcourt betrat Justins Arbeitszimmer. Er hatte seinen Freund seit über einer Woche nicht mehr gesehen. Justin war nicht zu ihrem geplanten Treffen im Club erschienen; er hatte ihm nur am nächsten Tag eine Nachricht geschickt, sich entschuldigt und sein Bedauern ausgedrückt. Seither hatte Clay kein Lebenszeichen mehr von ihm erhalten, und ehrlich gesagt, machte er sich Sorgen.
Es war so gar nicht Justins Art, seine geschäftlichen Interessen aus den Augen zu lassen.
Clay traf ihn hinter seinem Schreibtisch an. Er stand auf bei Clays Eintreten; und als Letzterer ihn ins Auge fasste, blieb er wie angewurzelt stehen. Dünn und ausgemergelt, die Wangen eingesunken, sah Justin aus wie jemand, der an einer unheilbaren Krankheit litt. Aber es war der Ausdruck seiner Augen, bei dem Clays Brust plötzlich ganz eng wurde. Sie sahen leer aus, ohne jegliches Gefühl, und Clay wusste sofort, dass das, was geschehen war, irgendwie mit Ariel Summers zusammenhing.
»Es ist schön, dich zu sehen«, murmelte Justin und hob den Arm zur Begrüßung. Clay schüttelte ihm die Hand. »Das mit dem Treffen tut mir Leid ... es ist etwas Unerwartetes dazwischengekommen.«
»Deshalb wollte ich einmal nach dir schauen. Es sieht dir so gar nicht ähnlich, dringende Geschäfte links liegen zu lassen.«
»Nun ja, verzeih mir! Ich habe die notwendigen Papiere alle unterschrieben. Wir können den Vertrag mit der Mine abschließen, wann immer du es möchtest.«
Clay nickte nur. Er blickte den Mann mit dem verhärmten Gesicht prüfend an. »Anscheinend ist etwas passiert«, begann er vorsichtig. »Was auch immer - hat es etwas mit dem Mädchen zu tun?«
Justin wandte sich ab. »Ich möchte lieber nicht darüber reden, wenn du nichts dagegen hast. Hiermit erkläre ich nur, dass die Hochzeit nicht stattfinden wird.«
»Einfach so?«
Justin zuckte die Schultern. »Es ist wahrscheinlich besser so. Ich bin wohl kaum geschaffen für die Rolle eines Ehemannes.«
»Wo ist sie?«
Justin griff nach dem Stapel Papiere am Rand seines Schreibtisches und fing an, ihn durchzublättern. »Vermutlich hat sie mittlerweile einen anderen Beschützer gefunden.«
Er sprach diese Worte unbeteiligt aus; doch als er aufsah,
lag ein so großer Schmerz in seinem Blick, dass es Clay wie mit einer Keule traf. Clay wollte noch einmal nachhaken, was geschehen war; doch Justin zu einer Mitteilung zu drängen, würde überhaupt nichts nutzen. Seine Haushälterin, Mrs. Daniels, hatte Freunde unter den Dienern dieses Hauses. Er würde sie fragen, ob sie herausfinden konnte, was geschehen war.
»Bist du sicher, dass alles mit dir in Ordnung
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