Ein verführerischer Pakt
waren ganz eindeutig nicht Sie."
"Sie kannten meinen Vater, Vikar Upchurch. Bestimmt erinnern Sie sich daran, dass seine Tochter, also ich, vor acht Jahren über ihren Stand geheiratet hat? Das war damals das Gesprächsthema in der Grafschaft. Ich wette, sogar hier in London wurde darüber getuschelt."
Unvermittelt beugte er sich zu ihr und betrachtete prüfend ihr Gesicht. Er stieß einen Fluch aus, schüttelte den Kopf und schob unsanft ihren Ärmel nach oben. "Das lässt sich ja leicht feststellen", meinte er hastig und hielt ihren Arm ins Licht. Die gezackte Narbe auf ihrem Unterarm schimmerte weiß im Schein der Lampe. Plötzlich verwirrt sah er ihr in die Augen. "Aber … aber das Kind von damals war …"
" Spindeldürr ist wahrscheinlich das Wort, das Sie suchen", fuhr Lily ihn an. "Viel zu mager und viel zu klein für ihr Alter. Ich bedauere es außerordentlich, dass ich mich kaum noch an unsere Begegnung erinnern kann, Mylord. Ich bin sicher, wir hätten uns blendend verstanden!"
Natürlich erinnerte sie sich an den großen, schlaksigen Jugendlichen mit den freundlichen Augen, der so viel Mitgefühl für ihre Schmerzen gezeigt hatte. Unbedingt hatte er helfen wollen und sogar ihrem Vater Befehle erteilt, der sich sonst von niemandem herumkommandieren ließ. Dann hatte er sie auf den Arm genommen, sie fortgetragen und ihr unaufhörlich beruhigende Worte ins Ohr geflüstert. Sie hoffte inständig, dass von dieser Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft noch etwas übrig geblieben war.
Duquesnes Blick wurde abwesend, so als versuchte er, sich an Einzelheiten des damaligen Vorfalls zu erinnern. "Der Vikar unterbrach mich bei meinem nachmittäglichen Golfspiel und bat mich um meinen Phaeton, um Sie so schnell wie möglich zu Dr. Ephriam zu bringen. Sie waren von einem Baum gefallen und hatten sich den Arm gebrochen. Der Knochen war … Lassen wir das." Wieder betrachtete er die Narbe. "Der Mann hat keine sehr gute Arbeit geleistet. Ist der Bruch ohne Komplikationen verheilt?"
Lily entzog ihm ihren Arm und streifte den Ärmel wieder herunter, um das Mal zu verdecken. "Also glauben Sie mir jetzt?"
Er berührte sie sanft und nickte. Fast schien es ihm Leid zu tun, dass er einen eindeutigen Beweis für ihre Identität gesucht hatte. "Ja, ich glaube Ihnen."
"Dann werden Sie mir helfen? Mein Sohn ist möglicherweise in Gefahr. Wenn Sie mir ein Pferd für den Heimritt besorgen könnten, wäre ich Ihnen über alle Maßen dankbar."
"In Gefahr? Warum?"
Sie verdrehte ungeduldig die Augen. "Weil mein Kind nun das Einzige ist, was noch zwischen Jonathans Bruder und dem Titel steht, natürlich!"
"Der Junge ist zurzeit auf Sylvana Hall?"
Lily presste kurz die Hand vor den Mund, ehe sie antworten konnte. "In der Obhut seines Kindermädchens, wie ich hoffe." Mit Mühe unterdrückte sie die Tränen. Großer Gott, welche Angst sie um Beau hatte.
Beruhigend legte Duquesne ihr die Hand auf die Schulter. "Ich werde sofort das Nötige veranlassen. Bedienen Sie sich von dem Brandy, während Sie warten."
"Ich komme mit Ihnen", verkündete sie.
Er schüttelte lächelnd den Kopf. "Bitte, vertrauen Sie mir … Verzeihung, ich kann mich nicht mehr an Ihren Vornamen erinnern."
Eine Weile betrachtete sie seine Augen. Sie waren von einem klaren Grau, und sie konnte keine Spur von Unaufrichtigkeit in ihnen entdecken. "Ich heiße Lillian", sagte sie.
Sein Lächeln vertiefte sich. " Lily, natürlich! Ihr Vater pflegte Sie Lily zu nennen." Damit verschwand er. Einfach so. Sie hatte keine Ahnung, wohin. Vielleicht alarmierte er ja die Polizeiwache, oder er sandte eine Nachricht an Clive, er solle sie hier abholen. Doch irgendwie glaubte sie das nicht. Nein – sie wusste, dass er das nicht tun würde. Duquesne hätte es ihr geradeheraus gesagt, wenn er vorgehabt hätte, sie auszuliefern. Lily fühlte in ihrem tiefsten Innern, dass sie sich auf ihn verlassen konnte. Wie seltsam, jemandem so blind zu vertrauen, nachdem sie so schändlich verraten worden war.
Aber Lily sah etwas in dem Viscount, das sie zutiefst berührte. Er war einsam, und dennoch nicht verbittert darüber. Auch spürte sie eine gewisse Behutsamkeit in seinem Verhalten ihr gegenüber, und ihr war bewusst, dass das auf unmittelbarer Anziehungskraft beruhte. Zwar hielt sie sich für keine strahlende Schönheit, aber sie war auch nicht auf den Kopf gefallen. Sie fand ihn ebenfalls ausnehmend attraktiv, und das auf eine sehr physische Art. Wenn sie dem nicht Einhalt gebot,
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