Ein verführerischer Pakt
brachte mich nach draußen, und das Letzte, dessen ich mich entsinnen kann, war, dass er mich in seine Kutsche stieß."
"Und später? Was geschah dann?"
Sie hob hilflos die Arme und ließ sie wieder sinken. "Ich hatte Albträume, einer löste den nächsten ab, und ich dachte, ich würde nie wieder aufwachen. Wissen Sie, ich wusste, dass ich schlief, dass nichts von alldem in Wirklichkeit passierte. Trotzdem hatte ich panische Angst. Am nächsten Tag kam ich zu dem Schluss, dass ich wohl etwas Verkehrtes zu mir genommen haben musste, denn mir war den ganzen Vormittag übel. Doch abgesehen von gelegentlichem Herzrasen und mangelndem Appetit fühlte ich mich am Abend wieder einigermaßen hergestellt."
"Ist etwas Ähnliches danach noch einmal vorgefallen?" erkundigte Guy sich.
"Nein. Er muss mich unter Drogen gesetzt haben." Beunruhigt sah sie ihn an. "Angenommen, ein paar der Gäste jener Soiree haben Zweifel an meinem Geisteszustand bekommen … könnte Clive es so einrichten, sie als Zeugen gegen mich aussagen zu lassen?"
Guys Meinung nach war das genau der Plan gewesen, aber er behielt seine Gedanken vorerst lieber für sich. Lily war schon entsetzt genug. Stattdessen erklärte er: "Sie dürfen für eine Weile nicht in seine Nähe gelangen, bis wir sicher sind, was zu tun ist."
"Clive ist der Einzige, der die rechtlichen Möglichkeiten dazu hat, mich einweisen zu lassen, nicht wahr?"
Guy nickte. "Da Ihr Mann tot und Ihr Sohn noch zu klein ist, um so etwas veranlassen zu können, hat allein Bradshaw diese Verfügungsgewalt."
"Gott steh mir bei", flüsterte sie. "Ich hätte die Trauerzeit nach einem halben Jahr beenden und Jeremy Longchamps' Heiratsantrag annehmen sollen."
Zu ihrer Überraschung lachte Guy schallend auf. "Das kann nicht Ihr Ernst sein! Eine zerbrochene Fliegenklatsche wäre besser für Ihre Verteidigung geeignet. Er kämpft wie ein Mädchen!"
Darüber musste Lily schmunzeln. "Offensichtlich kennen Sie Jeremy."
"Nur zu gut", gestand Guy und war froh, dass das Gespräch diese Wende genommen hatte. "Wir gingen zusammen zur Schule. Und auf welche Weise haben Sie seine Bekanntschaft gemacht?"
"Er war ein enger Freund von Jonathan, wir hatten ihn oft zu Gast bei uns. Ich mag ihn, trotz seiner diversen Marotten."
"Aber wohl doch nicht genug, um ihn zu heiraten." Bei sich dachte er, gesegnet sei ihr gesunder Menschenverstand.
"Das stimmt. Ich hätte mich an seiner Seite eher wie eine Schwester gefühlt, nicht wie eine Ehefrau. Obwohl er Beau geradezu vergöttert." Sie seufzte. "Wenn ich ihn jedoch geehelicht hätte, wäre ich vielleicht gar nicht erst in diese Situation geraten. Trotzdem, ich bereue meinen Entschluss nicht. Er verdient jemanden, der ihn wirklich liebt."
"Ich glaube, Jeremy würde davon gar nichts mitbekommen, er ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt", entgegnete Guy. Longchamps vermochte tatsächlich von Zeit zu Zeit recht amüsant zu sein, aber Guy hatte noch nie jemanden gekannt, der so oberflächlich war und von seiner Umgebung so wenig wahrnahm wie er.
"Sie scheinen ganz anders zu sein", bemerkte sie, und als Guy sie ansah, wurden ihre Augen ganz schmal. "Sie haben mich heute Abend sehr freundlich behandelt. Sind Sie immer so liebenswürdig Schwächeren gegenüber?"
Guy lächelte. "Besonders ehrenvoll habe ich mich nicht gerade aufgeführt."
"Da bin ich anderer Meinung. Sie sind wirklich sehr entgegenkommend, und ich weiß das zu schätzen. Sagen Sie, Lord Duquesne …"
"Nennen Sie mich doch bitte Guy."
"Also gut, Guy. Sagen Sie, was halten Sie davon, wenn ich eine Zweckehe einginge?" Ihre Miene wirkte nachdenklich, beinahe etwas lauernd.
"Das kommt ganz darauf an. Wer schwebt Ihnen denn vor?"
Sie zeigte mit dem Finger auf den Viscount. "Mit Ihnen, zum Beispiel!"
"Ich? Allein der Gedanke ist entsetzlich!" rief er mit ehrlicher Überzeugung aus. "Sie meinen doch nicht etwa …"
"Doch!" Prüfend sah sie sich in seinem Arbeitszimmer um. "Es hat den Anschein, als könnte Ihnen etwas mehr Geld nicht schaden. Ich wäre in der Lage, es Ihnen zu verschaffen."
"Das ist absurd!" War es das wirklich? Solche Arrangements waren üblich, aber das war nichts für ihn. Er hatte noch nie im Traum daran gedacht, des Geldes wegen zu heiraten.
Er staunte über ihre Unverfrorenheit. Seine finanzielle Situation hatte sich in den vergangenen Jahren herumgesprochen. Die Unterhaltskosten und die Steuern für seine ländlichen Anwesen Marksdon, Perrins Close und Edgefield, ganz zu
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