Ein verführerischer Pakt
erwarteten, ihn einluden, herausforderten … Aber er wusste, dass er sich noch gedulden musste.
Verdammt, bis sich ihm endlich die richtige Gelegenheit bot, sie zu verführen, würde er ein lüsternes Nervenbündel sein! Wie konnte eine Frau in einer derartigen Aufmachung nur so erotisch wirken? Ihr Haar stand in alle Richtungen ab, aber im Mondlicht wurde es umgeben von einem silbrigen Schein. Fast war Guy froh, als der Mond hinter einer Wolke verschwand, auch wenn das bedeutete, dass sie im Dunkeln weiterreiten mussten. Blieb ihm auf diese Weise wenigstens erspart, sich bei jedem Blick auf sie in wilden Fantasien zu verlieren.
Vor sich hin lächelnd, lenkte er sein Pferd in einen kleinen Seitenweg hinein, der zu einem Bach führte.
"Was ist?" fragte sie, und ihr Tonfall verriet, wie erschöpft sie war.
"Wir sind fast in Wrotham", erklärte er. Eigentlich gefiel es ihm nicht, dass sie ein weiteres Mal eine Rast einlegen mussten. Etwa zehn Meilen, vielleicht sogar weniger, und sie hatten ihr Ziel erreicht. Doch weder die Pferde noch Lily würden durchhalten, wenn sie jetzt einfach weiterritten.
Er war von der Hauptstraße abgebogen, ehe die ersten Wohnhäuser in Sicht kamen. Sie durften es nicht riskieren, von einem einheimischen Frühaufsteher erkannt zu werden. Nicht in dieser ziemlich skandalösen Aufmachung.
In der tiefen Dunkelheit, die dem Morgengrauen vorausging, konnte er die Umrisse von Lily und ihrer Stute kaum ausmachen, aber die Stille verriet ihm, dass sie nicht damit beschäftigt war, abzusatteln. Die Ärmste musste todmüde sein. Er würde sie mit auf seinem Wallach reiten lassen, damit sie sich ausruhen konnte. "Wir werden zuerst in Edgefield Halt machen, das ist näher. Dort kannst du dich umziehen. Auf dem Dachboden befinden sich noch ein paar Kleider von meiner Mutter. Sie sind vielleicht etwas altmodisch, wenigstens kannst du dich dann aber der Männerkleidung entledigen."
Sie seufzte vernehmbar. "Ja, das ist wahrscheinlich das Beste. Allerdings nur ganz kurz, bis ich mich umgezogen habe. Ich muss so schnell wie möglich bei Beau sein."
"Dann satteln wir jetzt gar nicht erst ab. Lass uns ein paar Minuten zu Fuß gehen, um unsere verspannten Glieder zu lockern, dann reiten wir weiter."
"Einverstanden", meinte sie, aber die Richtung, aus der ihre Stimme kam, verriet Guy, dass sie neben ihrer Stute zu Boden gesunken war.
Er führte die Pferde zum Bach. Während sie tranken, befühlte er die Flanke seines Wallachs. Das Tier war kaum verschwitzt. "Braver Junge", murmelte er. "Ich hoffe, du schaffst es, uns beide zu tragen."
In der Ferne konnte er eine sich nähernde Kutsche hören, das Klappern von Pferdehufen und das leise Klirren von Geschirr. Vielleicht die Postkutsche, dachte er, denn diese verkehrte stündlich. Doch als er weiterlauschte, merkte er, dass sie durch die kleine Ortschaft vor ihnen fuhr, ohne anzuhalten.
Ein beunruhigendes Gefühl machte sich in ihm breit. War das Bradshaw? War er auf der Suche nach Lily? Inzwischen hatte man mit Sicherheit bemerkt, dass sie aus der Anstalt geflohen war.
"Lily? Wir sollten aufbrechen", sagte er schroffer, als es seine Absicht war. "Wenn wir die Abkürzung querfeldein nehmen, sind wir in weniger als einer Stunde in Edgefield und noch vor Sonnenaufgang auf Sylvana Hall. Ich habe gerade eine Kutsche gehört, die auf dem Weg dorthin sein könnte."
"Clive?" Sie stand hastig auf.
"Wenn er es ist, kommt er mit dem Gefährt auf der gewundenen Straße nicht schnell genug voran und braucht mindestens eine Stunde länger als wir. Wahrscheinlich macht er auch am Goings Cross Halt, um die Pferde zu tränken und sie ein wenig ausruhen zu lassen."
"Dann lass uns weiterreiten."
Er hob sie auf den Rücken des Wallachs und schwang sich hinter ihr in den Sattel. Die Stute führte er mit einer Hand am Zügel neben sich her. Sie würden an den Hecken entlang bis nach Edgefield reiten und in der Dunkelheit unbemerkt die Grenze zu seinem Besitz passieren. Mit etwas Glück konnten sie sich dort ein wenig herrichten und trotzdem noch vor der Kutsche auf Sylvana Hall sein, wenn das denn wirklich ihr Ziel war.
Sein Gefühl ermahnte ihn, dass höchste Eile geboten war.
5. Kapitel
Lily schmiegte sich an Guy, auch wenn sie sich insgeheim über ihre Schwäche ärgerte. Obwohl sie in den vergangenen zwei Tagen mehr durchgemacht hatte als in ihrem ganzen vorherigen Leben, hätte sie sich doch gewünscht, diese Reise etwas würdevoller zu beenden. Stattdessen
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