Ein verführerischer Pakt
Bediensteten auf Sylvana Hall –, aber es war nie verkehrt, eine neue Bekanntschaft mit einer freundlichen Bemerkung zu erfreuen.
Sie sah augenblicklich, dass sie damit Recht gehabt hatte. Mrs. Sparks Miene hellte sich auf, sie brachte sogar ein zögerndes Lächeln zustande.
"Vielen Dank … Mylady. Wenn Sie und Mylord im Speisezimmer Platz nehmen wollen, dann …"
"Könnten Sie uns ein Tablett fertig machen, Mrs. Sparks?" fiel Guy ihr ins Wort. "Wir werden in meinen Gemächern frühstücken. Etwas kalter Braten, Brot, Käse und ein starker Kaffee wären genau das Richtige. Ich komme herunter und hole es, nachdem ich meiner Frau ihr Zimmer gezeigt habe."
Die Frau bekam noch größere Augen und nickte unsicher. "Natürlich. Ich könnte auch etwas kochen …"
"Wir haben keine Zeit für eine richtige Mahlzeit. Es gibt etwas Dringendes auf Sylvana Hall zu erledigen, und aus diesem Grund müssen wir so rasch wie möglich wieder aufbrechen."
Mrs. Sparks warf ihm einen Blick zu, der besagte, dass sie ihn unbedingt allein sprechen wollte. Lily zog sich diskret an den Kamin zurück, war allerdings fest entschlossen zu lauschen.
Das Flüstern der Frau war gut zu verstehen. "Sir, er ist noch nicht wach, aber vielleicht sollten Sie …"
"Ich komme entweder heute Nachmittag oder morgen früh zurück und sehe dann sofort nach ihm. Diese andere Angelegenheit ist von äußerster Wichtigkeit und geht allem vor. Ich muss Sie bitten, niemandem von unserer Ankunft zu erzählen. Sollte Sie jemand danach fragen, dann haben Sie schon vor Wochen von meiner Hochzeit erfahren, man hatte Ihnen jedoch befohlen, die Neuigkeit streng für sich zu behalten. Einverstanden?"
"Sie wissen, dass ich verschwiegen bin. Ich plaudere nie etwas aus. Nur auf dem Laufenden möchte ich gehalten werden, damit ich weiß, was ich zu tun habe."
"Sie sind die Beste, Mrs. Sparks." Lily hörte das Schmatzen eines Kusses und das unwillige Schnauben der älteren Frau.
"Dann ab mit Ihnen", grollte sie leise. "Kümmern Sie sich um Ihre Gemahlin. Seine Lordschaft wird außer sich sein, dass Sie sie ihm nicht vorgestellt haben, wenn er erfährt, dass Sie hier waren."
"Ich fürchte, er wird sie kaum von seinem Bettpfosten unterscheiden können, aber ich werde die beiden so bald wie möglich miteinander bekannt machen. Halten Sie einstweilen die Stellung hier!" Er hob die Stimme, um Lily zu rufen. "Kommst du mit, Liebling?"
Liebling? Trotz ihrer Müdigkeit musste Lily schmunzeln, als sie zu ihrem Mann ging. Wie seltsam das alles war, wie in einem Traum, der keinerlei Sinn ergab – da folgte sie einem Mann, den sie kaum kannte, durch ein verwahrlostes altes Haus in seine privaten Räume! Noch eigenartiger war hingegen, dass sie keinerlei Bedrohung empfand, ja nicht einmal den leisesten Anflug von Angst, sondern nur einen leichten Schwindel und Neugier.
Sie brauchte eindeutig Schlaf, aber daran war jetzt nicht zu denken. Als Guy ihr die Hand hinhielt, nahm sie sie und stieg mit ihm die Treppe empor, wie ein Kind, das sich mit einem anderen aufmacht, einen Irrgarten zu erkunden.
"Dein zweites Zuhause", meinte er, als sie ein riesiges Wohnzimmer betraten, dessen Möbel offenbar noch aus dem vergangenen Jahrhundert stammten. "Charmant, nicht wahr?" fuhr er spöttisch fort. "Mach es dir bequem, während ich etwas zum Anziehen hole. Ein Reitkostüm?"
"Ja, das wäre wohl das Passendste." Lily sah sich um. Sie bemerkte die helleren Rechtecke auf der Tapete, wo früher anscheinend einmal Bilder gehangen hatten. Dem Raum fehlte jegliche Eleganz, so als hätte man alles, was von größerem Wert war, längst verkauft.
Damit hatte sie fast gerechnet, denn sie wusste ja, wie schlecht es Guy finanziell ging. Alles in allem wirkte das Zimmer jedoch ansprechend, wenn auch bescheiden. Sie ließ sich in einen dick gepolsterten Sessel fallen und schloss die Augen, nicht einen Gedanken daran verschwendend, dass sie mit ihren immer noch feuchten Breeches und den schmutzigen Stiefeln das Polster ruinieren könnte. Sie spürte, wie Guy sie mit einer warmen, flauschigen Decke fürsorglich zudeckte.
"Ich bin gleich wieder da."
Sie hörte noch, wie er die Tür hinter sich schloss, dann schlief sie auch schon ein.
Ein Geräusch ließ sie hochschrecken, und sie sah Guy vor dem Sessel stehen.
"Es tut mir Leid, dass ich dich schon so bald wieder wecken musste, aber ich dachte, du würdest dich vielleicht ein wenig frisch machen und umziehen wollen, ehe wir etwas essen."
Lily nickte.
Weitere Kostenlose Bücher