Ein verführerischer Pakt
das geeignete Instrument für einen Haarschnitt nach der neuesten Mode."
Er hob die Hand, stand auf und ging zu seinem Schreibtisch hinüber. Als er mit einer Schere zurückkehrte, schüttelte Lily energisch den Kopf. "Dazu haben wir jetzt keine Zeit."
"Es geht ganz schnell", versicherte er. "Ich hole nur rasch die Bürste und den Kamm." Kurz darauf stellte er sich hinter sie und begann, ihr Haar zu frisieren. "Wie eine goldene Gloriole", meinte er leise. "Das war mein erster Gedanke, als ich deine Locken im Schein der Lampe gesehen habe."
Lily schwieg, während er sie weiter bürstete; die sanfte Massage ihrer Kopfhaut und das Gefühl seiner Finger in ihrem Nacken ließen sie genüsslich erschauern. Nach einer Weile nahm er den Kamm in die Hand und teilte eine Strähne ab. Sie vernahm ein Schnippen, dann noch eins. Himmel, er schnitt ihr den Schopf noch kürzer! Aber anstatt zu protestieren, ließ sie ihn gewähren. Schlimmer konnte es kaum werden.
"Fertig! Du wirst Aufsehen erregen. Deine Freundinnen werden vor Neid sterben, und die Männer werden dir reihenweise zu Füßen liegen. Sieh dich an", sagte er und reichte ihr einen Handspiegel.
Entzückt lachte Lily auf. "Wie hast du das gemacht?" Sie fuhr sich mit den Fingern durch das duftig fallende Haar. "Es gefällt mir!" Sie sah ihn schmunzelnd an. "Du hast den Beruf verfehlt. Wenn du jetzt auch noch Französisch könntest, wärst du wahrscheinlich in der Lage, ein Vermögen zu machen!"
"Mais oui, madame. Merci beaucoup." Er steckte ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Es ist zwar eine Schande, dieses Meisterwerk zu bedecken, aber es wird Zeit, den Hut aufzusetzen und aufzubrechen. Glaubst du, du kannst heute Morgen noch weitere fünf Meilen reiten?"
Lily sprang auf und eilte ins Ankleidezimmer, um Hut und Handschuhe zu holen. "Du hast Recht. Ich bin sicher, Beau macht sich schon große Sorgen um mich." Gestärkt von dem Frühstück, konnte Lily es kaum erwarten, nach Hause zu gelangen. Im Hinterkopf fürchtete sie sich ein wenig vor Beaus Reaktion auf ihre Heirat, dennoch zog es sie nun mit aller Macht nach Sylvana Hall. Überraschenderweise schien Guy es sogar noch eiliger zu haben als sie. "Meinst du, er ist bereits in Gefahr?" fragte sie.
"Ich finde, wir sollten nicht das Risiko eingehen, ihn allein zu lassen, wenn er Besuch bekommt. Sollte das vorhin tatsächlich die Kutsche deines Schwagers gewesen sein, müsste er in Kürze auf Sylvana Hall eintreffen, selbst wenn er langsam gefahren ist und öfter angehalten hat."
"Es könnte interessant sein, Clive zu beobachten, wenn er mich dort vorfindet, obwohl er mich eigentlich in einer Anstalt in London wähnt", bemerkte Lily mit einem etwas bitteren Lächeln.
" Interessant ist noch untertrieben."
Sie verließen das Haus durch die Küche. Draußen stand ein etwas schmuddeliger Stallbursche und hielt die Zügel ihrer beiden ausgeliehenen Pferde. Lily stellte fest, dass ihre Stute nun einen Damensattel aufliegen hatte. Guy half ihr hinauf und schwang sich dann selbst auf den Wallach.
Ohne ein weiteres Wort ritten sie in schnellem Galopp über die Wiesen und durch die Wälder, die zwischen Edgefield und Sylvana Hall lagen. Selbst der graue Sprühregen konnte Lilys Aufgeregtheit nicht dämpfen, die auf der letzten und wichtigsten Etappe ihrer Reise von ihr Besitz ergriffen hatte.
Sie erreichten die Kuppel eines Hügels, von dem aus man den ganzen Besitz überblicken konnte. Guy zeigte auf die Straße, die aus der entgegengesetzten Richtung auf Sylvana Hall zuführte. In der Ferne wurde eine Kutsche sichtbar, vielleicht noch eine halbe Meile entfernt. "Wir müssen vor Clive dort sein", teilte er Lily mit. "Du solltest sofort nach deinem Sohn suchen und in seiner Nähe bleiben, bis wir Gelegenheit hatten, mit ihm über unsere Hochzeit zu sprechen. Schaffst du es, dass er und sein Onkel vorher nicht zusammentreffen?"
"Das dürfte nicht schwierig sein", erwiderte sie. "Er mag Clive nicht besonders, und das beruht auf Gegenseitigkeit."
"Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um deinen Schwager. Soll ich ihn dazu bringen, wieder abzureisen?"
Sie runzelte unsicher die Stirn. "Ich habe immer gehört, man solle seinen Feind nicht aus den Augen lassen."
"Gutes Argument." Anerkennend lächelte er sie an. Seine Frau war wirklich nicht auf den Kopf gefallen.
"Du … du wirst ihn doch nicht umbringen, oder?"
Nachdenklich beobachtete er das sich langsam nähernde Gefährt. "Nein, jedenfalls nicht gleich."
Sie
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