Ein verführerischer Pakt
Recht gehabt. "Soll ich ihn zum Sofa tragen, damit du in seinem Bett schlafen kannst?"
"Nein, nicht nötig", flüsterte sie und sah grenzenlos erleichtert aus. Mit einer hastigen, beinahe schuldbewussten Geste des Danks drückte sie leicht seine Hand, ehe sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn auf die Wange küsste. "Gute Nacht." Sie war aus dem Zimmer geeilt, ehe er dazu kam, ihr zu antworten.
Guy fuhr sich durchs Haar und strich sich dann über seinen völlig verspannten Nacken. Großer Gott, jetzt einen Drink! Ihm war klar, dass es Besseres gab, als seine Probleme im Alkohol zu ertränken, dennoch schien diese Situation der perfekte Anlass für ein gründliches Besäufnis zu sein. Aber das durfte er sich in dieser Nacht nicht erlauben. Lily würde ihn womöglich brauchen. Oder noch schlimmer – Beau konnte aufwachen und ihn um Hilfe rufen, weil mit seiner Mutter etwas nicht stimmte.
Nachdem er zu Bett gegangen war, lag Guy noch viele Stunden wach. Beide Türen des Ankleidezimmers zum angrenzenden Schlafzimmer standen offen, damit ihm auch nicht der kleinste Laut entging.
Am Morgen hatte er sich noch Zeit zum Nachdenken gewünscht. Jetzt hatte er eindeutig zu viel davon.
9. Kapitel
Lily verbrachte den Großteil der Nacht mit dem Versuch, sich zu entsinnen, was genau während des Picknicks geschehen war. Sie wusste noch, dass Beau ihr an jenem Abend nicht von der Seite gewichen war, als sie sich von dem erholt hatte, was ihrer Meinung nach eine Ohnmacht nach zu langem Aufenthalt in der Sonne gewesen war.
Einzelne Erinnerungsfetzen kamen an die Oberfläche, aber nur verschwommen, wie in einem seltsamen Traum. Sie musste den ganzen Vorfall gründlich verdrängt und danach komplett vergessen haben. Jetzt machte sie sich Sorgen, nicht nur um sich selbst, sondern auch darum, wie sich dieser Tag auf Beau ausgewirkt haben mochte.
Als ihr Sohn an diesem Morgen aufwachte und sie mit einer Tasse Kaffee an seinem Bett sitzen sah, wirkte er über alle Maßen erleichtert.
"Guten Morgen", wünschte sie ihm und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
"Geht es dir gut?" fragte er mit unsicherer Stimme.
"Natürlich, Liebling, mir ging es noch nie besser. Aber ich sehe dir an, dass du immer noch bedrückt bist. Wollen wir uns über deinen Besuch in Edgefield unterhalten?" schlug sie zwanglos vor und trank von ihrem Kaffee. "Ich glaube nämlich, dass dich das so aus der Fassung gebracht hat, nicht wahr?"
Er kletterte aus dem Bett, stellte sich neben ihren Sessel und zupfte am Spitzenbesatz ihres Morgenrockärmels herum. "Guys Vater hat mir Angst gemacht", gestand er.
"Das kann ich gut nachvollziehen", erwiderte sie ruhig. "Immer, wenn jemand ein Verhalten zeigt, das wir nicht verstehen, flößt uns das Furcht ein." Sie schwieg und strich ihm die goldblonden Locken aus der Stirn. Wie gern hätte sie ihn auf den Schoß genommen und an sich gedrückt, wie früher, doch mittlerweile würde er sich gewiss dagegen sträuben. Er wuchs so schnell heran. "Hat dich das Verhalten des Earls erschreckt, Beau? Erzähl mir, was an dem Tag des Picknicks geschehen ist."
Ein Geräusch an der Tür brachte sie dazu, sich umzudrehen. Dort stand Guy, an den Türpfosten gelehnt. Beau sah zwischen den beiden Erwachsenen hin und her.
"Du kannst ruhig reden, Liebes", forderte Lily ihn auf. "Es ist alles in Ordnung."
"Wir waren gerade erst dort angekommen", begann Beau zögernd. "Du hast auf der Decke gesessen, dann hast du dich hingelegt. Ich dachte, die Sonne hätte dich schläfrig gemacht."
Guy trat ins Zimmer, setzte sich langsam auf die Bettkante und verschränkte die Arme vor der Brust. "Was haben dein Onkel und deine Großmutter gemacht?" Er sah Lilys Sohn erwartungsvoll an.
Beaus Vertrauen zu ihrem Mann war nicht zu übersehen. "Großmutter trug Sandy auf, das Geschirr und das Essen auf der Decke zu verteilen. Ich glaube, sie hat dich gar nicht weiter bemerkt. Onkel Clive war zum Teich spaziert, wohl um die Schwäne zu beobachten."
"Also hatte bis dahin noch niemand von euch etwas gegessen oder getrunken?" wollte Guy wissen.
Beau schüttelte den Kopf.
"Und wo warst du?" erkundigte Lily sich.
"Ich saß neben dir und befestigte das Segel an meinem Boot." Jetzt sperrte er die Augen weit auf. "Du hast plötzlich einen Schrei ausgestoßen und angefangen, um dich zu schlagen. Alle, die nicht schon in der Nähe waren, kamen herbeigelaufen. Dann bist du aufgesprungen und hast diesen komischen Laut aus deiner Kehle
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